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"Mittelfristig werden die Einnahmen nach der Entscheidung sinken", sagt GIS-Chef Harald Kräuter.

Foto: apa/techt

STANDARD: Wie vielen Haushalten haben Sie Radiogebühren vorgeschrieben, weil sie einen PC und einen Breitbandanschluss, aber keine TV- oder Radiokarte haben?

Kräuter: An die 30 haben den Rechtsweg beschritten. Wie viele es insgesamt sind, können unsere Systeme nicht ausweisen. Ich gehe von einer sehr geringen Zahl aus. Die wenigsten Haushalte haben kein Radiogerät.

STANDARD: Bekommen die alle ihr Geld zurück?

Kräuter: Die den Rechtsweg beschritten haben, werden ihr Geld zurückbekommen. In allen anderen Fällen gilt die Entscheidung für die Zukunft. Wer nur einen PC mit Breitbandanschluss hat und Gebühren zahlt, kann sich nun abmelden.

STANDARD: Und Sie arbeiten wohl im Hintergrund mit dem ORF an einer Gesetzesänderung.

Kräuter: Die Entscheidung zeigt aus meiner Sicht: Der Stand des Rechts passt mit der technischen Realität nicht mehr zusammen. Es ist doch logisch, dass man ein und dasselbe Programm über unterschiedliche Verbreitungswege gleich behandelt. Für uns war bis jetzt klar, dass die Gebührenpflicht technologieneutral zu verstehen wäre, da es auf den öffentlich-rechtlichen Inhalt ankommt.

STANDARD: In Deutschland gibt es schon eine Haushaltsabgabe für alle, in der Schweiz kommt sie – und Sie hätten sie gern?

Kräuter: Die GIS hebt Rundfunkgebühren sehr effizient ein, wir sind im Plan. Eine Haushaltsabgabe ist eine medienpolitische Entscheidung.

STANDARD: Aber Sie wehrten sich nicht gegen eine Haushaltsabgabe?

Kräuter: Wenn wir sie als gesetzlichen Auftrag bekommen, natürlich nicht.

STANDARD: Sie betonen, die Entscheidung der Verwaltungsrichter würde nur Radio betreffen ...

Kräuter: Die Problematik betrifft grundsätzlich jegliche Verbreitung von Rundfunk über das Internet. Faktische Auswirkung gibt es nur für das Radio. Würde auch das ORF-Fernsehprogramm durchgängig gestreamt werden, hätte sich dafür dieselbe Frage gestellt.

STANDARD: Und muss man Rundfunkgebühren zahlen, wenn man ein Empfangsgerät hat, Sendesignale in der Gegend zu empfangen wären, man aber gar keine ORF-Programme konsumiert?

Kräuter: Ja, wenn man entweder ORF-Programme tatsächlich empfangen kann oder der jeweilige Standort mit den Programmen des ORF terrestrisch versorgt ist. Das hat auch der Verwaltungsgerichtshof erst im November 2014 bestätigt. Die Höchstrichter entschieden, es ist Rundfunkteilnehmern zumutbar, um etwa 30 Euro eine DVB-T-Box zu erwerben, die ORF-Fernsehempfang ermöglicht.

STANDARD: Vielleicht werfen nach dem aktuellen Entscheid Leute ihre Radiogeräte weg und melden sich nun ab. Werden Sie die 593,6 Millionen Euro Gebühreneinnahmen halten können, mit denen der ORF 2015 budgetiert hat? Spätestens 2016 muss der ORF auch die Höhe seiner Gebühren neu kalkulieren.

Kräuter: Wir sind für die Höhe der Gebühren nicht zuständig. Mittelfristig werden die Einnahmen nach dieser Entscheidung sinken, das werden also ORF, Bund und Länder, spüren. Kernfrage ist letztlich: Stellt man mit der Gebühr auf den öffentlich-rechtlichen Inhalt ab oder auf den technischen Verbreitungsweg. (Harald Fidler, 21.7.2015)

Update: Gebühr zurück

Die GIS will nun "jeden Einzelfall prüfen". Wer "glaubhaft machen kann", dass er oder sie in der Vergangenheit nur über Web Radio empfangen hat und dafür Rundfunkgebühren zahlte, dürfte die Gebühren für den Zeitraum zurückerstattet bekommen, hieß es Dienstag auf STANDARD-Anfrage bei der GIS.