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Der Virologe Grant Hansman schätzt, dass die Citratmenge im Saft einer Zitrone ausreichen könnte, um die Hände zu dekontaminieren.

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Heidelberg – Hinter heftigen, plötzlich einsetzenden Magen-Darm-Beschwerden stecken häufig Erreger aus der Familie der Noroviren. Sie sind die überwiegende Ursache von Gastroenteritis-Ausbrüchen in Krankenhäusern, Kindergärten, Schulen, aber auch auf Kreuzfahrtschiffen.

Das Virus ist extrem ansteckend und wird, wie Mediziner es nennen, "fäkal-oral" übertragen. – Das heißt, über kontaminierte Hände oder verunreinigte Lebensmittel. "Daher ist es wichtig, ein sicheres und gesundheitlich unbedenkliches Desinfektionsmittel zur Verfügung zu haben", erklärt der Virologe Grant Hansman von der Universität Heidelberg.

Von früheren Beobachtungen wissen Forscher, dass Fruchtextrakte, etwa Orangen- oder Granatapfelsaft, die Infektionsfähigkeit von Noroviren reduzieren können. Bereits als Grant Hansman noch in den USA an den National Institutes of Health forschte, hatte er durch Zufall entdeckt, dass Citrat aus dem Chemikalienhandel an die Kapselproteine von Noroviren binden kann. Diesen Zufallsbefund verfolgte der Virologe in Heidelberg weiter.

Möglicher Infektionsschutz

Weil sich Noroviren nicht in Zellen in der Kulturschale oder in Tieren vermehren lassen, verwendeten die Forscher für ihre Versuche keine intakten Erreger, sondern so genannte "virus-like particles". Diese leeren Virus-Proteinkapseln haben die gleichen Oberflächeneigenschaften wie echte Viren.

In ihrer Studie konnten Hansman und seine Mitarbeiter zeigen, dass die Viruspartikel nach Citrat-Bindung ihre Gestalt verändern. Eine Röntgenstrukturanalyse ergab, dass das Citrat – aus Zitronensaft oder aus citrathaltigen Desinfektionsmitteln – genau an die Stelle bindet, mit der das Virus beim Infektionsvorgang mit den Körperzellen in Kontakt tritt.

"Vielleicht sind ein paar Tropfen Zitronensaft, die man üblicherweise auf eine Auster träufelt, eine guter Infektionsschutz", spekuliert Grant Hansman. Der Virologe schätzt, dass die Citratmenge im Saft einer Zitrone ausreichen könnte, um beispielsweise die Hände zu dekontaminieren. Mit seinen Mitarbeitern will er nun untersuchen, ob Zitronensäure auch bei bereits erfolgter Norovirus-Infektion die Symptome lindern kann. (red, 28.8.2015)