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Der geplante Ausbau der US-Basis Camp Schwab auf Okinawa ruft viel Widerspruch hervor.

Foto: APA/EPA/Mashiro

Der Konflikt um den Bau einer neuen US-Basis auf der japanischen Insel Okinawa eskaliert weiter. Zwar hat der neue Gouverneur der Inselgruppe Takeshi Onaga vor rund zwei Wochen angekündigt, die Genehmigung für den Bau zurückzuziehen, die sein Vorgänger Hirokazu Nakaima ausgestellt hatte – doch die Entscheidung, die er mit Formalfehlern begründet hatte, wird die Baupläne nicht lange stoppen können. Denn die Regierung in Tokio, die erst kurz zuvor Bohrarbeiten im Meer genehmigt hatte, will weiter an den Bauplänen festhalten. Vorerst schien keine Seite bereit, einen Kompromiss einzugehen oder vollends zurückzustecken.

Im Gegenteil: Die Konfrontation nahm nach der Kontroverse um die Baugenehmigung weiter Fahrt auf. Vor rund einer Woche prangerte Gouverneur Onaga vor der UN-Menschenrechtskommission in Genf stattdessen die USA und Japan weiter an: Beide würden mit ihrem Festhalten am Basisbau Menschenrechte der Bewohner Okinawas ignorieren.

Dabei weiß er sich im Einklang mit dem Großteil seiner Wähler: Für viele Bewohner Okinawas ist der Bau der Militärbasis ein Symbol der seit dem Kriegsende 1945 dauernden Besetzung der Inselgruppe durch die USA. Die Rückgabe an Japan 1972 hat nichts daran geändert, dass nach wie vor 18 Prozent der Inselfläche vom US-Militär besetzt sind. Die ursprünglichen Besitzer dieses Landes wurden 1945 vom US-Militär ohne Entschädigung enteignet.

Bis heute ist die fortdauernde Enteignung einer der Hauptgründe für die Verbitterung der Bewohner Okinawas. Dazu kommt, dass die Japaner auf den großen Inseln nicht bereit sind, Okinawa einen Teil der großen Belastung durch das US-Militär abzunehmen, obwohl die Insel – die 0,6 Prozent der japanischen Landfläche ausmacht – 74 Prozent der US-Militärbasen beheimatet.

Pläne für Unabhängigkeit

Viele Inselbewohner haben daher den Eindruck, eine Art Japaner zweiter Klasse geworden zu sein. Und so überrascht es nicht, dass Gouverneur Onaga bei einer Pressekonferenz in Tokio Plänen für eine Unabhängigkeit der Insel Popularität attestierte. Im Frühjahr hatte Onaga, eigentlich ein Parteifreund von Premier Shinzo Abe, dies noch abgelehnt.

Immerhin: Auf die persönlichen Beziehungen zwischen den Bewohnern und den zahlreichen Amerikanern auf der Insel hat sich die Gegnerschaft bisher nicht übertragen. Herr Takazato, ein Friseur aus der Inselhauptstadt Naha, der in Tokio lebt, erzählt von den eingeheirateten Amerikanern in seiner Familie und davon, wie ihn der in Okinawa besonders präsente US-Lebensstil geprägt habe. Ihm, wie den meisten Bewohnern der Inseln, ist auch klar, dass das US-Militär auf den Inseln ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist.

Daher versucht auch Onaga, es mit seinen Plänen nicht zu übertreiben – was bleibt, ist aber der Wunsch nach weniger Abhängigkeit von Tokio. Deshalb plant er, eigenständig den Tourismus auszubauen – und die Insel wieder zur Handelsdrehscheibe in Ostasien zu machen, die sie einst war. (Siegfried Knittel aus Tokio, 1.10.2015)