Paul Tesarek lässt Juraczka trostvolle Versöhung angedeihen. Womöglich fasste dieser hier den Beschluss, zurückzutreten.

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Paul Tesarek, ORF-Wien-Wunderchef, ist nicht besessen; dem Wiener Bürgermeister gehört keinesfalls Tesareks ganzes Herz. Ein Teil gehört auch Tesareks Mama. Für einen Wahlabend ist das eine erstaunliche Erkenntnis, aber da wurde Tesarek unterschätzt. In seinem Interviewrausch schaffte er es virtuos, auch Privatestes einzubringen, für das sich nun wohl auch Hollywood interessiert.

Tesarek unbedingt zum Film, als Filmstoff. Er ist auch ein Meister der Ambivalenz; Gegensätze verschmelzen bei ihm raffiniert zur Einheit. Dem Glücklosen des Abends, Manfred Juraczka, ließ er trostvolle Verhöhnung angedeihen, wie dies nur ein subtiler Bond-Bösewicht zustande brächte: Zumindest seine Mutter, so Tesarek zum ÖVPler, habe Juraczka in der Elefantenrunde gut, da so bescheiden, gefunden. Ha, ha! Womöglich fasste Juraczka hier den Entschluss zurückzutreten. Tesarek wäre aber lieber gewesen, Grün-Chefin Maria Vassilakou hätte kapituliert. Vor und exklusiv bei Tesarek. Doch nichts kam, das ärgerte ihn.

Doch irgendwie verständlich: Womöglich sah ja die Mama den Sohn, und Tesarek musste seine knapp bemessene TV-Zeit sinnvoll nutzen. Hätte er nur alle ORF-Formate bestreiten können! Er hätte aus Renate Brauner (SPÖ) Genaueres über die Zukunft von Kanzler Faymann gepresst, was Armin Wolf misslang. Er hätte bei FPÖler Norbert Hofer nachgebohrt, wieso dieser hoffe, im Bund möge es keine baldigen Neuwahlen geben, zumal doch sein H.-C. Strache nichts so sehr herbeisehnt wie Neuwahlen. Ingrid Thurnher blieb da zahm.

Als Tesarek aus dieser Träumerei erwachte, war er aber dennoch guter Dinge, dass die Mama mit dem Söhnchen auch so zufrieden sein würde. (Ljubiša Tošić, 12.10.2015)