Thomas D. Trummers, der neue Chef des Kunsthauses Bregenz.

Foto: Hagen

Bregenz – Die Architektur des Gebäudes, Geschichte und Gegenwart des konkreten Ortes sind das Fundament für Thomas D. Trummers Arbeit in Bregenz. Trummer, seit Mai Direktor des Kunsthauses Bregenz (KUB), präsentierte am Dienstag seine erstes Jahresprogramm.

2015, das mit einer Ausstellung von Heimo Zobernig endet, trug noch die Handschrift von Yilmaz Dziewior, der an das Museum Ludwig in Köln wechselte. Zobernig wird im November ein Stück Venedig nach Bregenz bringen, er baut im Zumthor-Haus seine Biennale-Installation nach.

Hommage an das Haus

Trummer lässt Zumthors Bau, der wie kein anderer die Befindlichkeit beeinflusse, 2016 von vier internationalen Kunstschaffenden bespielen: Susan Philipsz, Theaster Gates, Wael Shawky und Lawrence Weiner.

Kunst anliefern, aufhängen und wieder abholen sei nicht der Sinn von Ausstellungen, sagt Trummer. Vielmehr gehe es um intellektuelle Befindlichkeitsstörung, das Hinterfragen von Urteilen und Werten mit sinnlichen Mitteln. So wird sich das KUB 2016 mit aktuellen gesellschaftspolitischen Aspekten und deren regionalen Bezügen befassen. Leitgedanke für Trummers Jahresprogramm ist das Übersetzen im übertragenen Sinn, von einem Medium ins andere.

Vier internationale Kunstschaffende

Die Schottin Susan Philipsz eröffnet im Jänner das Ausstellungsjahr. Sie arbeitet mit der menschlichen Stimme, Musik, Räumen, Unorten. Melancholie, Erinnerung, Trauma prägen ihre akustischen Arbeiten. In ihre Soundinstallation (30. Jänner bis 3. April) wird die kaltfeuchte Winterstimmung einfließen. Aus Hanns Eislers Filmmusik zu Alain Resnais' Film "Night and Fog" über die Deportationen nach Auschwitz und Majdanek löst sie Tonspuren, das Kunsthaus wird "zum Resonanzkörper für Verlust, Verbrechen und Geschichte", sagt Trummer.

Eine zweite Arbeit von Philipsz wird auf dem Jüdischen Friedhof von Hohenems zu hören sein. Trummer verbindet damit die Hoffnung, Sensitivität für diesen Ort zu schaffen, der aktuell wieder zur Angriffsfläche für "Aggressivität und Dummheit" wurde.

Theaster Gates will das Kunsthaus vom 23. April bis 26. Juni zum Black Artists Retreat machen. Urbane und soziale Fragen prägen seine Arbeit. In Bregenz will er hier lebende Flüchtlinge einbeziehen. Die große Sommerausstellung wird zur Bühne für den Ägypter Wael Shawky. Die Konflikte zwischen West und Ost, der Religionen sind Themen seiner Marionettenspiele.

Lawrence Weiner, Doyen der Conceptual Art, beschließt das Jahr. Er verspricht für Bregenz einen künstlerischen Geysir. Mehr will der letzte lebende Meister der Konzeptkunst noch nicht verraten.

Aus für KUB-Arena

Nicht mehr geben wird es 2016 die KUB-Arena, das Spielfeld für junge Kunst im Erdgeschoß des Hauses. Trummer will das Haus als Ganzes bespielen. Die Arena wird durch die KUB-Projekte ersetzt. Kuratiert von Eva Birkenstock und Trummer, wird sich das Kunsthaus auch künftig mit aktuellen Entwicklungen in der zeitgenössischen Kunst auseinandersetzen. Geplant sind experimentelle Formate im öffentlichen Raum und im benachbarten Postgebäude.

Jungen Kunstschaffenden werden die Billboards an der Seestraße überlassen, die bisher Werbeträger für die großen Ausstellungen waren. Angesprochen ist die Generation der nach 1989 Geborenen, die sogenannten Digital Natives. Jährlich werden vier Künstlerinnen und Künstler eingeladen, die Billboards in Interfaces zu verwandeln. Die ersten beiden Projekte werden von der Wienerin Anna-Sophie Berger und dem kanadischen Kollektiv "Feminist Land Art Retreat" gestaltet.

Keine Sparmaßnahmen

Das Ende der KUB-Arena sei keine Sparmaßnahme, sagt Werner Döring, Geschäftsführer der Vorarlberger Kulturhäuser. Das Budget bleibe gleich. 2015 habe man gut gewirtschaftet, 2,55 Millionen Euro Landessubventionen stünden rund einer Million Eigenerlösen gegenüber. Mit hochgerechneten 50.000 Besucherinnen und Besuchern bis Jahresende liege man etwas über der Zahl von 2014. (Jutta Berger, 20.10.2015)