Nexus-Geräte nehmen in der Android-Welt eine spezielle Stellung ein. Sie mögen sich zwar nicht immer so gut verkaufen wie so manch andere Smartphones oder Tablets, und doch ist ihr Einfluss nicht zu unterschätzen. Hier zeigt Google vor, wie es sich die weitere Entwicklung des Android-Ökosystems vorstellt. Nach einem vom wenig beliebten Nexus 6 und grundlegenden Spekulationen über das Ende des Nexus-Programms geprägten Jahr 2014 heißt es heuer wieder: Volle Kraft voraus. Also gibt es nun gleich zwei neue Smartphones von Google – das Nexus 5X und das Nexus 6P.

Nexus 6P

Dabei gibt es auch ein echte Premiere: Erstmals wurde für das Nexus 6P ein chinesischer Hardwarepartner auserkoren. Über die Motivation für diesen Schritt darf eifrig spekuliert werden, im Vorfeld war unter anderem zu hören, dass Huawei das Nexus-Programm nutzen will, um vor allem in den USA Fuß zu fassen, während Google sich Hoffnung für einen Play-Store-Einstieg in China erhofft. Sei es wie es sei – mittlerweile liegt das Ergebnis dieser Kooperation jedenfalls vor, und wir haben uns das Ganze natürlich gleich mal in aller Ausführlichkeit angesehen.

Das Nexus 6P ist in Kooperation zwischen Google und Huawei entstanden.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Eindrücke

Der Ersteindruck spielt bei jedem Smartphone eine wichtige Rolle, und hier kann dieser nicht anders als hervorragend bezeichnet werden. Vom Aluminium-Gehäuse über die leicht aufgerauten Knöpfe und den minimal abgeschrägten Kanten macht das Nexus 6P seinem Namen – das P steht für "Premium" – alle Ehre. Ein solch gut verarbeitetes Nexus-Smartphone gab es bisher schlicht noch nicht.

Noch immer ziemlich groß

All dies natürlich vorausgesetzt, dass man sich mit der Größe des Geräts anfreunden kann: Mit 159,3 x 77,8 Millimeter ähneln die Abmessungen jenen des iPhone 6 Plus, allerdings ist der Bildschirm mit 5,7-Zoll hier etwas größer als bei Apple (5,5 Zoll). Im Vergleich zum direkten Vorgänger, dem Nexus 6, fällt vor allem auf, dass das 6P ein ganzes Stück (mehr als 5 Millimeter) schmaler ausfällt, wodurch es sich merklich besser in der Hand hält. Trotzdem bleibt es natürlich unleugbar ein sehr großes Smartphone. Die 178 Gramm Gewicht entsprechen dann auch in etwa dem, was in dieser Kategorie zu erwarten ist. Auf die Haptik wirkt sich auch noch positiv aus, dass das 6P mit 7,3mm relativ dünn ausgefallen ist. Negativ fällt hingegen auf, dass die Ränder ober und unterhalb des Bildschirms etwas groß ausgefallen sind – und zwar deutlich größer als bei früheren Nexus-Geräten. Dadurch ist das 6P praktisch gleich lang wie das Nexus 6, das noch einen 6-Zoll-Bildschirm bot.

Visor

Viel wurde im Vorfeld über den schwarzen Balken auf der Rückseite des Geräts diskutiert. In der Realität fällt dieser aber praktisch nicht auf, der Höhenunterschied zum restlichen Smartphone ist minimal, stört also keineswegs. Grund für diesen Google-intern "Visor" genannten Bereich ist übrigens nicht die Kameraoptik, wie viele vermutet haben. Viel mehr wird hier eine Art Fenster für die diversen Funkkomponenten des Geräts geschaffen und zwar geschützt durch Gorilla Glass 4. Im Vergleich zum klassischen "Camera Bump", den viele aktuelle Smartphones aufweisen, hat diese Anordnung zumindest den Vorteil, dass das Nexus 6P stabil am Tisch aufliegt.

Der Metallrahmen wird durch den Visor an der Oberseite durchbrochen. Dieser dient als eine Art Fenster für Funkkomponenten wie NFC. Auch die Kamera ist hier untergebracht.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Bildschirm

Ist das Gerät einmal eingeschaltet, sticht vor allem ein anderes Merkmal hervor: Der 5,7 Zoll große Bildschirm mit einer Auflösung von 1.440 x 2.560 Pixel (518 PPI). Dabei handelt es sich um ein von Samsung zugekauftes AMOLED, und im Gegensatz zum Vorjahr ist es Google dabei gelungen die aktuellste Display-Generation zu erhalten. Die Konsequenz: Die Bildschirmdarstellung des Nexus 6P befindet sich auf dem Niveau von Samsungs Galaxy S6 und Note 5, die in dieser Hinsicht bisher die Referenz darstellen. Die Farbdarstellung ist hervorragend, an der maximalen Helligkeit lässt sich ebenso wenig aussetzen wie an der minimalen – im Dunkeln lässt sich also das Display sehr weiter herunterregeln. Im Gegensatz zum Nexus 6 funktioniert dies hier übrigens auch ohne eine sichtbare Verfärbung der Darstellung. Ganz allgemein ist kein Farbstich, wie er bei AMOLEDs gerne mal vorkommt, zu bemerken.

Auswahl

Apropos Farben: Google hat dem Smartphone nämlich ein sehr feines Bonus-Feature verpasst, das man aus unerfindlichen Gründen in den Entwicklereinstellungen versteckt hat. Dort lässt sich nämlich ein sRGB-Modus aktivieren, in dem die ansonsten AMOLED-typischen, sehr kräftigen Farben einer weniger bunten aber kalibrierten sRGB-Ansicht wie bei einem LCD weichen. Im direkten Vergleich ähnelt die Darstellung dann auch stark einem Nexus 5 – natürlich trotzdem mit dem Vorteil des deutlich besseren Schwarzwerts. Bleibt zu hoffen, dass Google diese Option mit einem künftigen Update prominenter platziert, und in die eigentlichen Display-Einstellungen wandern lässt.

Der Bildschirm des Nexus 6P bietet zwei verschiedene Darstellung: Links der Default mit für einen AMOLED gewohnt starken Farben, rechts der sRGB-Modus
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Und um dies der Vollständigkeit halber auch noch erwähnt zu haben: Auch das Display wird durch Gorilla Glass 4 geschützt. An der Realität, dass Smartphonebildschirme nun mal brechen, wenn sie eine unverhofft Begegnung mit einem harten Untergrund macht, wird aber auch dies wenig ändern.

Prozessorwahl, gewagt

Wer einen Blick auf die Spezifikationsliste des Nexus 6P wirft, dem darf der nächste Punkt durchaus Sorge bereiten. Nutzt dieses doch jenen Snapdragon 810 von Qualcomm, der in den letzten Monaten aufgrund seiner Neigung zur Überhitzung für einige Diskussionen gesorgt hat. Besonders verwegen erscheint es dabei, dass Google den 64-Bit-Prozessor mit den vollen 2 GHz taktet, andere Hersteller wie OnePlus haben angesichts der bekannten Probleme sicherheitshalber zu einer Reduktion der Taktfrequenz gegriffen – und auch damit nur begrenzten Erfolg gehabt.

Surprise

Um so verblüffender verläuft der Test des Nexus 6P: Egal mit welcher Belastung das Gerät konfrontiert wird, nie wird es auffällig wärmer als andere Smartphones. Dies bestätigt sich auch in eine Reihe von Benchmarks: So kommt das Nexus 6P bei Antutu auf etwas mehr als 56.000 Punkte – ein für diesen Prozessor zu erwartender Wert. Nach einem Belastungstest mit der selben App wurde der Benchmark noch einmal durchgeführt, und das Ergebnis blieb praktisch unverändert. Zum Vergleich: Das OnePlus Two war an dieser Stelle auf knapp 30.000 Punkte eingebrochen. Auch in anderen Benchmarks zeigt sich, dass die Temperatur des Prozessors beim Nexus 6P bei Belastung nur gering variiert. Was auch immer Google und Huawei hier für Tricks eingesetzt haben, um den Snapdragon 810 in den Griff zu bekommen – es hat offenbar gefruchtet.

Einige Benchmarks zum Nexus 6P. Interessant ist dabei vor allem, dass Google und Huawei offenbar die Hitzeprobleme des Snapdragon 810 in den Griff bekommen haben.
Screenshots: Andreas Proschofsky / STANDARD

Für Grafikaufgaben steht dem Prozessor eine Adreno 430 GPU zur Seite, die in dieser Hinsicht absolute Topwerte liefert. Der Arbeitsspeicher liegt bei 3 GB, wobei es sich hierbei um flinkes LPDDR4-RAM von Micron handelt. Manche Smartphones bieten mittlerweile sogar schon 4 GB, der Alltag zeigt aber, dass dies derzeit keinerlei reale Auswirkung hat.

Alles relativ

Ganz allgemein sei einmal mehr betont, dass all die Zahlen von Benchmark-Apps schön und gut sind, in der Realität zeigt sich aber, dass der Prozessor kaum mehr ein relevantes Unterscheidungsmerkmal bei Smartphones darstellt. Praktisch alle aktuellen Topgeräte sind so schnell, dass etwaige Performance-Probleme nicht bei der Hardware sondern bei der Software zu suchen sind. Im konkreten Fall bedeutet dies: Im Vergleich mit anderen Android-Smartphones liegt das Nexus 6P an der absoluten Spitze.

Kamera

Kommen wir zu einem Punkt der in der Vergangenheit immer wieder Quell der Kritik an der Nexus-Linie war: Die Kamera. Mit der neuen "Nexus Camera" will Google die Fehlschläge der Vergangenheit vergessen machen, und hat zu diesem Behufe eine durchaus interessante Entscheidungen getroffen. So wurde mit dem IMX377 ein 12,3-Megapixel-Sensor verbaut, der eigentlich gar nicht für Smartphones sondern für Kompaktkameras gedacht ist. Dessen zentrale Stärke ist die Pixelgröße von 1,55 μm, die deutlich über jener anderer Smartphone-Kameras liegt, und es ermöglicht, deutlich mehr Licht einzufangen. Umgekehrt hat man diesem Sensor aber die optische Bildstabilisierung (OIS) geopfert, diese sei hier schlicht nicht mehr nötig, stellt Google etwas verwegene Behauptungen auf. Weitere Eckpunkte der Nexus Camera sind die f/2.0 Blende, der Dual-LED-Flash und der Infrarot-Laser-Autofokus.

Kurzfassung

Im Endeffekt können den Nutzern all diese technischen Details aber herzlich egal sein, in Wirklichkeit kommt es darauf an, wie gut die mit dem Nexus 6P erzielbaren Fotos sind. Die kurze Antwort: Sehr gut. Die Kamera des neuen Google-Geräts gehört zu den besten, die derzeit auf einem Smartphone verfügbar ist. Einzig aktuelle Samsung-Topgeräte wie das S6 oder das Note 5 können sich hier noch eine Spur abheben.

Ein Kameratest mit dem Nexus 6P bei relativ guten Lichtverhältnissen.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD
Der HDR-Modus holt am Himmel noch das eine oder andere zusätzliche Detail heraus, ist aber natürlich langsamer.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Details

Aber im Detail: Bei guten Lichtverhältnissen liefern eigentlich alle mittlerweile verfügbaren Smartphone-Kameras ansehnliche Ergebnisse. Die mit dem Nexus 6P erstellten Fotos würden wir zwischen gut und sehr gut einorden, kleine Abzüge gibt es dafür, dass das 6P bei starker Sonneneinstrahlung zu leichter Überbelichtung neigt, und dass manchmal mit dem Finger der Fokuspunkt korrigiert werden muss, um eine optimale Dynamik zu erhalten.

Eine weitere HDR-Aufnahme, in diesem Fall wurde aber ohne HDR ein sehr ähnliches Ergebnis geliefert.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

HDR

Beides lässt sich übrigens dadurch umgehen, in dem in entsprechenden Szenarien, manuell der HDR-Modus aktiviert wird. Von Haus aus ist hier nun Auto-HDR eingestellt, bei dem das Smartphone selbst entscheidet, wann HDR Sinn ergibt – und wann nicht. Dieser Automatismus trifft – wie von anderen Geräten gewohnt – zwar meist aber eben nicht immer die korrekte Wahl.

Low-Light

Seine ganze Stärke spielt das 6P aber bei schlechten Lichtverhältnissen aus. Die damit erzielten Bilder verblüffen durch eine für eine Smartphone-Kamera sehr hohe Detailtreue, das sichtbare Rauschen fällt beim neuen Nexus an sich sehr gering aus, und das macht sich in solchen Szenarien besonders wohltuend bemerkbar. Einen kleinen Minuspunkt gibt es dafür, dass Googles-HDR-Modus zwar hervorragende Ergebnisse erzielt, aber im Vergleich zu den Lösungen manch anderer Hersteller noch immer langsamer arbeitet.

Ein Abendaufnahme mit vielen verschiedenen Lichtquellen und Helligkeitsstufen.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD
Bei einer Aufnahme mit sehr wenig Licht holt das Nexus 6P noch überraschend viel heraus. Beim Vorgänger Nexus 6 war hier im Vordergrund überhaupt nichts mehr zu erkennen.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Beschleunigung

An sich ist die neue Nexus-Kamera aber erheblich flotter als all seine direkten Vorgänger, und das beginnt schon beim App-Start: Im Vergleich zum Nexus 6 ist die Kamera des 6P mindestens doppelt so schnell einsatzbereit. Zudem ist es nun möglich die Kamera durch Doppelklick auf den Power-Button zu starten. In Summe sind die Chancen, einen Schnappschuss erfolgreich durchzuführen also erheblich gestiegen – und das ist ein nicht zu unterschätzender Fortschritt.

Nachteil des Schnellstarts

Die konkrete Implementation des schnellen Zugriffs auf die Kamera hat allerdings auch einen etwas nervigen Nachteil: Beim Druck auf den Power-Button wird natürlich das Gerät zunächst gesperrt. Heißt, selbst wenn man gerade das Smartphone aktiv benutzt hat, bekommt man danach nur die reduzierte Kamera-App, wie sie sonst vom Lockscreen aus erreichbar ist, präsentiert. Diese hat aus Sicherheitsgründen keinerlei Zugriff auf die am Gerät gespeicherten Bilder, die sonst so nützliche Möglichkeit der umgehenden Bearbeitbarkeit der Aufnahmen entfällt also. Wer das will, muss zuerst das Gerät entsperren und frisch in die Kamera- oder Fotos-App wechseln. Aus einer Sicherheitsperspektive ist all dies durchaus verständlich – und doch im Alltag etwas mühsam. Bliebe zu hoffen, dass sich künftig direkt in der Kamera-App schnell auf den vollen Modus wechseln lässt, etwa mittels Fingerabdruck.

Ein klassischer Schnappschuss bei relativ wenig Licht. Der Orangestich kommt von passiver Beleuchtung im Raum.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Kamera-App

Auch sonst hat Google seiner Kamera-App grundlegend überarbeitet – und das mit durchwegs positivem Ergebnis. So kann nun mit einem simplen Swipe zwischen Foto und Kameraansicht gewechselt werden – ebenfalls ein wichtiger Geschwindigkeitsgewinn.

Smart Burst

Zudem ist ein neuer Smart Burst-Modus hinzugekommen, der die Stärken des jetzt im Hintergrund arbeitenden Camera2-API ganz ausspielt. Über einen Langdruck auf den Auslöseknopf werden in schneller Abfolge Fotos (bis zu 30 pro Sekunde) in voller Auflösung geschossen. In Folge versucht die Software dann automatisch die beste der getätigten Aufnahmen herauszupicken, im Test funktioniert dies auch tatsächlich ziemlich zuverlässig.

Animierte GIFs

Aber der Smart Burst-Modus hat noch eine zweite Funktion: Die Kamera-App erstellt nämlich aus dem Burst automatisch ein animiertes GIF. Dieses dann aber gleich in einer niedrigen Auflösung von 640 x 480 Pixel, um es für das schnelle Sharen mit anderen zu optimieren. Dafür werden immer acht Shots kombiniert. Leider lässt sich aber nicht beeinflussen, wie groß der zeitliche Abstand zwischen den Bildern sein soll, für einige Szenen wäre hier eine länger Pause zwischen den einzelnen Aufnahmen wünschenswert.

Ein aus einem Burst-Shot automatisch erstelltes, animiertes GIF.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Keine manuellen Kontrollen

Die von früheren Google Camera-Versionen gewohnten Funktionen sind natürlich auch erhalten geblieben: Dazu gehören Lens Blur sowie die Möglichkeit Photo Spheres oder Panorama-Aufnahmen zu tätigen. Was man hingegen weiterhin schmerzlich vermisst, sind Einstellungen für fortgeschrittene Nutzer: Von manuellen Kontrollen wie beim LG G4 kann man hier nur träumen, auch die Ausgabe im RAW-Format unterstützt die Google-App nicht – auch wenn sie vom zugrundeliegenden API eigentlich angeboten würde. Wer all dies benötigt, muss also weiterhin zu einer Dritt-App greifen.

Ein Foto mit einigen Herausforderungen für die Kamera: Getätigt durch ein leicht schmutziges Fenster, die Leuchtstoffröhren sind Reflexionen aus dem Raum im Rücken.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD
Direkt in die Sonne fotografiert.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Stabilitätsprobleme

Während sich das Fehlen von OIS bei mit dem Nexus 6P aufgenommenen Fotos relativ wenig bemerkbar macht, kann dies bei Videos nicht behauptet werden: Die Stabilisierungsfunktionen können mit denen anderen aktueller Smartphones mit OIS – allen voran dem Galaxy S6 – nicht mithalten. Zwar versucht sich Google mit EIS an einem Softwareansatz, um dies auszugleichen, dieser liefert aber derzeit bestenfalls mittelmäßige Ergebnisse. Google hat hier zwar bereits ein entsprechendes Update angekündigt, dies kann in die aktuelle Bewertung aber natürlich nicht einfließen.

Videos

Ansonsten kann sich die Videoqualität aber durchaus sehen lassen, dies gilt sowohl für Aufnahmen mit 1080p als auch im optionalen 4K-Modus. Vor allem Helligkeits- und Farbabgleich funktionieren sehr gut, und auch hier ist das Rauschen vergleichsweise niedrig.

Die Qualität der mit dem Nexus 6P aufgenommen Videos kann sich an sich durchaus sehen lassen, leidet aber unter der schwachen elektronischen Bildstabilisierung.
Andreas Proschofsky

Slow Motion

Sehr nett ist aber vor allem der Slow-Motion-Modus, in dem 720p-Videos mit wahlweise 120 oder 240 Bildern pro Sekunde aufgenommen werden können. Gerade die zweite Option liefert wirklich beeindruckende Ergebnisse. Klar muss allerdings auch sein, dass natürlich mit steigende Bildrate unweigerlich auch das Rauschen zunimmt, was vor allem bei schwacher Beleuchtung schnell auffällt. Und künstliches Licht löst schnell mal ein Flackern bei den Slow-Motion-Aufnahmen aus.

Ein Testvideo für den Slow-Motion-Modus, hier mit 240 FPS. Die Bildqualität leidet etwas unter den suboptimalen Lichtbedingungen. Ein Hinweis: Hierbei wird auch der Ton verlangsamt wiedergegeben.
Andreas Proschofsky
Ein zweites Testvideo für den Slow-Motion-Modus, dieses Mal mit 120 FPS.
Andreas Proschofsky

An sich sehr fein ist, dass sich bei den erzielten Clips kann dann auch noch nachträglich festlegen lässt, an welcher Stelle die Zeitlupendarstellung beginnen und enden soll. Leider hat die auf das Teilen der Inhalte keinerlei Auswirkung, und auch im Web-Client von Google Photos wird derzeit nichts vergleichbares geboten. Insofern bleibt dies ein rein lokaler Spaß.

Selfie Time!

Und dann gibt es natürlich auch noch eine Frontkamera, der angesichts der nicht enden wollenden Selfie-Flut eine immer wichtigere Rolle zukommt. Mit 8 Megapixel (f/2.4) lässt sich Google hier ebenfalls nicht lumpen, und selbst bei diesem ist die Pixelgröße mit 1,4 μm noch immer ziemlich gut. Daraus ergeben sich Fotos bei denen es zumindest an der technischen Qualität wenig auszusetzen gibt.

Die Frontkamera liefert ebenfalls recht ordentliche Ergebnisse.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Fingerabdrucksensor

Unter dem Namen Nexus Imprint liefert Google erstmals einen eigenen Fingerabdrucksensor mit. Und dieser ist zweifellos eines der Highlights des neuen Smartphones: Die Erkennung ist nicht nur extrem flott, sie funktionierte im Test auch praktisch zu hundert Prozent zuverlässig. Um eine Fehlerkennung zu erreichen, bedarf es schon der diesbezüglichen Absicht. Selbst mit nassen Fingern hatte der Nexus Imprint keinerlei Probleme. Dazu kommt, dass das anfängliche Einrichten eines Fingerabdrucks ebenfalls sehr schnell vonstatten geht. Fünf bis sechsmal schnell hintereinander den Sensor antippen und schon war der Reader eingerichtet, alles in allem war dieser Vorgang innerhalb weniger Sekunden erledigt. Ebenfalls erfreulich: Der Nexus Imprint lernt mit der Zeit dazu, um die Erkennungsrate weiter zu verbessern.

Anordnung

Entgegen den meisten anderen Smartphones ist der Sensor hier auf der Rückseite angebracht. An diesen Ort gewöhnt man sich allerdings sehr flott, zumal beim Halten des Smartphones der Finger ohnehin meist an dieser Stelle ruht. Damit das Ziel nicht zu verfehlen ist, ist der Sensor leicht ins Gehäuse versenkt. An welcher Stelle man den Sensor bevorzugt, ist vor allem Geschmackssache. Angesichts dessen, dass Google-Geräte keinen physischen Home-Button haben, erscheint die Positionierung aber nachvollziehbar. Einziger wirklicher Nachteil des Google-Ansatzes: Liegt das Gerät auf dem Tisch, muss es vor dem Entsperren erst aufgehoben werden.

Der Fingerprintscanner des Nexus 6P ist leicht versenkt, damit er einfach zu ertasten ist.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Wie bei anderen Smartphones fungiert der Sensor genau genommen auch als alternativer Power-Button: Mit dem Erkennen des Fingerabdrucks wird gleichzeitig auch der Bildschirm aktiviert, und der Home Screen dargestellt. Zusätzlich kann der Fingerabdruck auch zur Autorisierung von Bezahlvorgängen genutzt werden, der Play Store hat vor kurzem die entsprechende Unterstützung nachgerüstet, die allerdings in den Einstellungen zuvor aktiviert werden muss.

Sicherheitsfragen

Google weist während der Einrichtung übrigens – zurecht – darauf hin, dass eine Fingerabdrucksperre weniger Sicherheit bietet als ein guter PIN oder ein Passwort. Immerhin hinterlassen wir überall unsere Fingerabdrücke, mit ausreichend Zeit und Interesse kann ein solcher auch ohne größere Probleme nachgebildet werden. Zudem ist auch die rechtliche Situation eine andere: Während in vielen Ländern die Herausgabe eines Passworts nicht erzwungen werden darf, gilt dies für Fingerabdrücke üblicherweise sehr wohl. Und natürlich ist ein Fingerabdruck auch nicht austauschbar. In Summe ist ein Fingerprint also eher der Ersatz für den Usernamen als das Passwort.

Fehlende Kombinationsmöglichkeiten

Gerade deswegen ist es schade, dass Google nicht die Möglichkeit anbietet, mehrere Sicherheitsfaktoren zu kombinieren. Also etwa für den Zugriff auf das Gerät sowohl den Fingerabdruck als auch noch einen zweiten Faktor zu benötigen – sei es ein Passwort oder die diversen von Smart Lock gelieferten Faktoren wie Ort oder ein verbundenes Bluetooth-Gerät.

Konzeptionelle Defizite

Auch das manuelle Sperren, so dass der Fingerabdruck bis zur nächsten Eingabe des Passworts nicht akzeptiert wird, geht leider nicht. Und ein weiteres konzeptionelles Defizit: Ist ein Fingerabdruck eingerichtet, lässt sich das Gerät immer damit entsperren. Ein Beschränkung auf die Nutzung des Fingerprints für die Autorisierung von Einkäufen, ist also nicht nicht möglich.

USB Type C

Schon mit dem aktuellen Chromebook Pixel setzt Google auf USB Type C, mit der neuen Nexus-Generation forciert man den noch recht jungen Anschlussstandard nun weiter. Dessen Vorteile sind mannigfaltig. Der wohl wichtigste: Bei USB C muss nicht darauf geachtet werden, welche Seite beim Stecker nun oben oder unten ist. Mag nach einer Kleinigkeit klingen, ist im Alltag aber tatsächlich ein echter Fortschritt.

Das Nexus 6P ist eines der ersten Smartphones mit USB-C-Anschluss.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Kein USB 3.1

Wie schon beim OnePlus Two muss auch hier betont werden, dass der Begriff USB Type C an sich nur den Steckertyp beschreibt und nichts über die Geschwindigkeit der Datenübertragung aussagt. Und so kommt auch hier im Hintergrund weiterhin USB 2.0 zum Einsatz, wer sich USB-3.1-Geschwindigkeiten erwartet wird also enttäuscht. Freilich muss darauf hingewiesen werden, dass die üblichen Schreib- und Lesegeschwindigkeiten von Smartphone-Speicher unter dem Limit von USB 2.0 liegen, insofern ist fraglich, ob ein echter USB-3.1-Anschluss hier sonderlich viel bringen würde.

Das Smartphone als Akku-Pack

Andere Vorteile von USB Type C nutzt das Nexus 6P hingegen sehr wohl. So kann das Laden hier in beide Richtungen funktionieren. Wer will kann sein Smartphone also als Akku nutzen, um jemandem anderen ein paar Prozent mehr Ladung zu verschaffen. Neben einem reine USB-C-Kabel wird beim Nexus 6P auch ein USB-C auf USB-A-Kabel mitgeliefert. Prinzipiell eine sehr gute Idee, leider ist das konkrete Exemplar aber etwas gar kurz ausgefallen.

Sensoren-Phalanx

Eine weitere Besonderheit der neuen Nexus-Gerät ist der Android Sensor Hub – quasi die nächste Ausbaustufe dessen, was Motorola seit dem ersten Moto X bei seinen eigenen Top-Smartphones verbaut. Dabei handelt es sich um einen Chip, der für einzelne Aufgaben statt der eigentlichen CPU zum Einsatz kommt – und so beim Stromsparen hilft. So kommt der Android Sensor Hub etwa für die – optionale – Always-On-Spracherkennung zum Einsatz, mit der sich ein ruhendes Nexus 6P per Sprachbefehl befragen lässt.

Ambient Display

Auch das Ambient Display liegt im Aufgabenbereich des Android Sensor Hub: Dieses liefert eine stromsparende Ansicht von Uhrzeit und Benachrichtigungen, wenn das Gerät hochgenommen wird oder neue Nachrichten eintreffen. Erst wenn der Power-Button oder der Fingerabdruckscanner betätigt werden, schaltet sich die eigentlich CPU ein. Überhaupt ist Ambient Display eine der nützlicheren Funktionen von Googles Software, die andere Hersteller ruhig kopieren könnten. Die dritte große Aufgabe des Android Sensor Hubs ist das stromsparenden Fitness-Tracking, also etwa um Aktivitäten und deren Intensivität festzuhalten.

Das Ambient Display informiert stromsparend über die wichtigsten Informationen.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Akku

Und wenn wir schon beim Thema Stromverbrauch sind, wenden wir uns dem Akku zu. Mit 3.450 mAh fällt dieser beim Nexus 6P relativ groß aus. Zum Vergleich: Das Nexus 6 musste noch mit 3.220 mAh auskommen, das in der selben Größenklasse spielende Note 5 von Samsung muss sich gar mit 3.000 mAh zufrieden geben. Dies macht sich in Akku-Benchmarks denn auch positiv bemerkbar: Beim entsprechenden Test von PCMark kommt das Nexus 6P bei einem Drittel der maximalen Helligkeit auf einen guten Wert von 7:13 Stunden.

Individuelle Faktoren

Gerade in diesem Zusammenhang sei aber noch einmal auf die endenwollende Aussagekraft von Benchmarks hingewiesen: Die Akkulaufzeit ist von einer Fülle unterschiedlicher Faktoren abhängig, neben dem eigenen Nutzungsverhalten gehört dazu etwa auch die Qualität der WLAN- oder Mobilfunkanbindung. Insofern ist es schwer hier verallgemeinernde Aussagen zu treffen.

Standby ist alles

Klar ist allerdings, dass alle von den diesbezüglichen Verbesserungen in Android 6.0 profitieren. Dank Doze und Co. ist die Standby-Zeit des Nexus 6P hervorragend, über die Nacht wird also kaum Strom verbraucht. Wer sein Gerät nur leicht nutzt, kommt so mit dem Nexus 6P auch schon mal locker über zwei bis drei Tage, bei intensiver Nutzung wird man hingegen auch beim neuen Google-Smartphone nicht um die nächtliche Aufladung herumkommen.

Schnelllader

Beinahe so wichtig wie der Stromverbrauch eines Smartphones ist allerdings auch, wie schnell es sich Laden lässt. Und hier kann das Nexus 6P mit Bestwerten aufwarten: Im Test war das Smartphone in 1:27 Stunden von 0 auf 100 aufgeladen, ein angesichts der Größe des Akkus beeindruckender Wert. Dies bedeutet nicht zuletzt, das ein paar Minuten am Charger in ganz ordentlich zusätzlicher Laufzeit resultieren. Konkret konnte im Test mit 10 Minuten Aufladen der Akkustand eines zuvor halbvollen Geräts um 13 Prozentpunkte erhöht werden.

Ladegeräte

Geladen wird übrigens über den zuvor erwähnten USB-C-Anschluss, Google liefert hierfür ein eigenes Ladegerät für USB C Fast Charging mit. Nur über ein solches werden auch die vollen Ladegeschwindigkeiten erreicht. Mit Quick Charging 2.0-Ladegeräten konnten im Test aber noch immer rund zwei Drittel der USB-C-Geschwindigkeit erzielt werden. Und noch ein interessantes Detail am Rande: Mit dem USB-C-Ladegerät des aktuellen Chromebook Pixel war das Nexus 6P sogar noch einen Tick schneller geladen als mit dem offiziellen Charger: In 1:18 Stunden war hier der Akku voll.

Mit USB C geht das Laden nun in beide Richtungen, das Nexus 6P kann also auch als Akku für andere Geräte verwendet werden.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Wireless Charging: Nope

Allerdings hat das Nexus 6P auch eine Überraschung der negativen Art zu bieten: Im Gegensatz zu seinen Vorgängern muss es nämlich ganz ohne die Möglichkeit des drahtlosen Aufladens auskommen. Google versucht dies mit dem Hinweis auf die einfache Nutzung von USB C und dessen schnelle Ladegeschwindigkeiten zu argumentieren. In Wirklichkeit spielen hier wohl auch andere Faktoren eine Rolle, allen voran das Metallgehäuse. Zwar hat Qualcomm mittlerweile eine Lösung für drahtloses Aufladen durch Metall präsentiert, diese dürfte aber für das 6P zu spät gekommen sein. Einfach austauschbar ist der Akku des neuen Smartphones ebenfalls nicht – aber so pflegt dies der Android-Hersteller ja schon seit Jahren.

Speicherplatz

Google verkauft das Nexus 6P in drei verschiedenen Varianten: Mit 32, 64 und – erstmals – 128 GB lokalem Speicherplatz. Realistisch bleiben den Nutzern bei einem 32 GB-Gerät 25,01 GB für eigene Daten übrig, den Rest belegt das Betriebssystem. Support für MicroSD-Karten gibt es wie von Google gewohnt nicht. Zumindest können mithilfe eines USB C OTG-Kabels externe Datenträger eingebunden werden, Android 6.0 unterstützt dies von Haus aus.

Verschlüsselung

Wie schon beim Vorgänger werden auch beim Nexus 6P von Haus sämtliche Daten verschlüsselt abgespeichert, um sie vor Dritten zu schützen. Nur durch Verschlüsselung kann etwa gewährleistet werden, dass nach einem Factory Reset keinerlei Datenreste mehr hergestellt werden können. Die beim Nexus 6 in dieser Hinsicht noch bemäkelten Performance-Defizite scheint man mittlerweile beseitigt zu haben. Mit einem Wert von 231,62 MBit/s für Lesevorgänge liegt das Nexus 6P zwar hinter dem (unverschlüsselten) Spitzenreiter in dieser Disziplin, dem Galaxy S6 (388 MBit/s), aber auf Augenhöhe mit anderen aktuellen Android-Spitzengeräten. Und im Alltag macht sich dieser Unterschied ohnehin nicht bemerkbar, während die Verschlüsselung einen echten Sicherheitsgewinn darstellt.

Sound

Eine der Stärken des Nexus 6 waren seine hervorragenden Stereo-Lautsprecher, mit deren Qualitäten sonst nur HTC-Smartphones mithalten konnten. Dieses Niveau kann das 6P nicht ganz halten. Zwar liefert es noch immer relativ guten, und vor allem lauten Stereoklang, der Sound ist aber weniger voll und klingt etwas blechern. Über die Musikausgabe per Kopfhörer lässt sich hingegen nichts negatives sagen. Für eine gute Gesprächsqualität sollen drei Mikrofone sorgen, und in den Tests gab es auch an diesem Bereich nichts auszusetzen.

Der obere und untere Rand des Nexus 6P sind relativ groß, hier sind unter anderem die Stereo-Lautsprecher untergebracht.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Notification LED!

Angesichts des zunehmenden Fokus auf das Ambient Display ist es schon beinahe etwas überraschend, aber: Das Nexus 6P bietet wieder eine Notification LED, und zwar eine, die sich dieses Mal ganz einfach über die Systemeinstellungen aktivieren lässt. Beim Nexus 6 war diese noch vollständig deaktiviert, und ließ sich nur mit Basteleien nutzen. Angebracht ist die Notification LED links oben neben der Frontkamera.

Netzwerk

Das beste Smartphone bringt wenig, wenn die Internetanbindung nicht passt. Das Nexus 6P bietet in dieser Hinsicht WLAN 802.11 a/b/g/n/ac 2x2 MIMO sowie LTE Cat. 6. In diesem Zusammenhang muss darauf hingewiesen werden, dass es wieder zwei Varianten des Smartphones gibt – eine für die USA, eine für den Rest der Welt – die sich jeweils in den unterstützten Bändern unterscheiden. So enthält die US-Version des Nexus 6P zwar Support für die in Österreich meistgenutzten Bänder 3 und 7, das von A1 genutzte Band 20 fehlt hingegen. An sich ist es unerfreulich, dass man hier weltweit wieder einmal kein einheitliches Modell anbieten kann. Vor allem für all jene, die sich überlegen ein Nexus 6P in den USA zu besorgen.

Vermischtes

Weitere Eckdaten der Hardwareausstattung sind Bluetooth 4.2, GPS/GLONASS sowie natürlich NFC. Immerhin soll ja das vor kurzem in den USA gestartete Android Pay unterstützt werden. Beim die Nano-SIM beherbergenden Einschub fällt auf, dass dieser ungewöhnlich groß ausgefallen ist, funktionelles Problem stellt dies natürlich nicht dar.

Android 6.0

Als Software läuft auf dem Nexus 6P Android 6.0 "Marshmallow", das zahlreiche zentrale Verbesserungen bietet, die aber schon an anderer Stelle ausführlich besprochen wurden. Highlights sind etwa das neue Berechtigungssystem oder auch die spürbar verbesserte Akku-Laufzeit. Mit Google Now on Tap gibt es zudem eine nützliche neue Funktion, mit der auf Wunsch der Inhalt des Bildschirms analysiert werden kann, um dazu passende Verweise zu liefern. Also etwa Links auf Trailer und Bewertungen zu einem in einer Diskussion erwähnten Film oder auch Wissenseinträge zu bekannten Personen.

Der Homescreen von Android 6.0 auf dem Nexus 6P (links). Die Zahl der fix installierten Apps wurde massiv reduziert (mitte). Gogle Now on Tap liefert weiterführende Informationen und Links zum Geschehen am Bildschirm (rechts)
Screenshots: Andreas Proschofsky / STANDARD

Die Vorzüge von Stock Android

Nexus heißt in Softwarefragen wie immer: Google pur. Nur hier gibt es ein vollständig unmodifiziertes Android, das vom Softwarehersteller selbst gepflegt wird. Für die Nutzer bedeutet dies vor allem: Konsistente Nutzererfahrung, schnelle Updates, monatliche Sicherheitsaktualisierungen und das derzeit beste Support-Versprechen in der Android-Welt: Zwei Jahre lang sind Updates auf neue Softwaregenerationen garantiert, für drei Jahre werden sicherheitsrelevante Fehler bereinigt. Zudem lassen sich Nexus-Geräte leicht entsperren, sind also auch für jene, die gerne mit alternativer Firmware experimentieren besonders gut geeignet.

Neue Bescheidenheit

Google pur heißt aber auch, dass sich die Softwareausstattung ganz auf die eigenen Apps des Androidherstellers konzentriert, Bloatware von Dritten gibt es hier also nicht. Und selbst bei den eigenen Apps tritt Google mit dem Nexus 6P deutlich auf die Bremse: Von Haus aus sind nur mehr 22 im Launcher sichtbare Apps fix installiert, das sind stolze neun weniger als noch beim Nexus 6. Gestrichen wurden Google Docs, Sheets und Slide, Google Fit, Google+, Google Earth, Keep, News & Weather, Play Books und Play Newsstand. Neu hinzugekommen ist hingegen die Android Pay-App. All die aus der Vorinstallation entfernten Apps stehen natürlich weiterhin über den Play Store kostenlos zur Verfügung.

Setup

Ein Extra-Lob gibt es an dieser Stelle noch für die Androidschen Fortschritte beim Setup-Prozess. Die Möglichkeit die Einstellungen von Geräten in der Nähe zu übernehmen, ist eine große Hilfe beim Einrichten eines neuen Smartphones. Dank Smart Lock und Auto Backup sollte sich zudem künftig die Zahl der notwendigen Konfigurationsschritte nach dem Wechsel auf ein neues Gerät deutlich reduzieren. So waren etwa im Test Apps wie Netflix oder Instagram automatisch vollständig konfiguriert, konnten also umgehend genutzt werden. Zudem werden nun fast alle Android-Einstellungen synchronisiert, darunter auch jene für die Tastatur, was in früheren Versionen schmerzlich vermisst wurde.

Die Möglichkeit die Einstellungen von einem bestehenden Gerät zu übernehmen, beschleunigt das Setup massiv (links). Das Trainieren des Fingerabdrucksensors ist in wenigen Sekunden vorgenommen (mitte). Und mit Android 6.0 ist das Gerät nicht nur von Haus aus verschlüsselt, es wird auch der jeweilige PIN oder das Passwort beim Start abgefragt – was sich allerdings deaktivieren lässt (rechts).
Screenshots: Andreas Proschofsky / STANDARD

Preisfrage

Bleibt zum Abschluss die Frage aller Fragen – und zwar jene zum Preis: Das Nexus 6P soll in Europa ab 649 Euro verkauft werden – und damit eigentlich zu einem relativ normalen Preis für neue Geräte der Premium-Kategorie. Dass dieser trotzdem für Diskussionen sorgt, liegt vor allem daran, dass sich der US-Preis des Geräts deutlich davon unterscheidet: Die 499 US-Dollar würden derzeit umgerechnet und plus Steuern rund 540 Euro ergeben. Angesichts dieser deutlichen Differenz darf zumindest darauf gehofft werden, dass der Europa-Preis nach dem Verkaufsstart bei Dritthändlern bald sinken wird.

Verfügbarkeit

Das Nexus 6P soll in den Startländern – darunter USA, Großbritannien, Japan und Irland – in den nächsten Tagen ausgeliefert werden. Zu einem Marktstart in Österreich gibt es derzeit noch keine fixen Informationen, zuletzt war hier aber vage von November zu hören. Zur Auswahl stehen dabei die Farben Aluminium, Graphite (schwarz) und Frost (weiß).

Das Nexus 6P im Kreise einiger seiner Vorgänger.
Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Fazit

Mit dem Nexus 6P liefern Google und Huawei ein hervorragendes Gerät ab, das erstmals für die Nexus-Linie dem Premium-Anspruch vollständig gerecht wird. Die Verarbeitung ist toll, Bildschirm, Performance und der Fingerprintreader sind absolute Spitze im Android-Umfeld. Die Low-Light-Performance der Kamera weiß zu begeistern, und die Softwareausstattung ist schlank und konsistent wie bei sonst keinem anderen Android-Anbieter.

Klagen auf hohem Niveau

Freilich gibt es aber auch beim Nexus 6P negative Punkte: Das Fehlen von Wireless Charging wird manche ordentlich zögern lassen, immerhin hatte Google diese Technologie jahrelang gepusht. Der fix verbaute Akku und der Verzicht auf einen MicroSD-Slot treiben andere schon länger von der Nexus-Linie weg. Das Fehlen von OIS hat negative Auswirkungen auf die Stabilität von Videoaufnahmen, die schiere Größe des Geräts ist sowieso sicher nicht für alle geeignet. Und dann wäre da natürlich noch der Preis, der zumindest außerhalb der USA in deutlich höheren Regionen angesiedelt ist, als sich viele erhofft hatten.

Realitätscheck

All dies ändert aber nichts daran, dass es gerade in der aktuellen Situation zunehmend schwieriger wird, ein Android-Gerät jenseits der Nexus-Welt zu empfehlen. Nur hier ist eine zeitnahe und – relativ – langfristige Versorgung mit Sicherheitsupdates gewährleistet. Wie wichtig dies ist, haben die zahlreichen kritischen Lücken im Android Media Framework Stagefright in den letzten Monaten mit Nachdruck gezeigt. Andere Hersteller mögen sich in dieser Hinsicht langsam bessern, vom Googleschen Update-Tempo sind sie aber allesamt noch weit entfernt. Insofern ist die erste Empfehlung für alle, die sich nicht selbst alternative Firmware installieren wollen, zu einem Nexus zu greifen. Dass Google hier mit dem Nexus 6P ein solch rundum gelungenes Smartphone im Angebot hat, trifft sich da natürlich bestens. (Andreas Proschofsky, 26.10.2015)