Immer wenn die Akkulaufzeit in Testberichten von Smartphones zur Sprache kommt, schlägt die große Stunde der Nokia 3210-Fraktion und anderer dedizierter Verweigerer der mittlerweile omnipräsenten Touchscreen-Telefone. Mit einem Nokia 3210, so will es jedenfalls die Legende, lassen sich nicht nur bedenkenlos Nägel in Eichenbretter schlagen, sondern auch mehrere Wochen lang Telefonate annehmen und SMS schreiben, ehe das Ladegerät gezückt werden muss.

Wenngleich diesen Erzählungen wohl eine dezente Überhöhung der Faktenlage attestiert werden muss, ist die Betriebsdauer der Geräte bis heute eine der größten Herausforderungen für Smartphone-Hersteller. Dieser begegnen sie auf unterschiedlichste Weise. Die meisten setzen auf Softwaretricks und implementieren Energiesparmodi, die bei Bedarf die Funktionalität des Gerätes limitieren sollen, ohne dem Nutzer zu sehr in die Quere zu kommen. Andere Firmen greifen auch zu Hardwarelösungen – so setzt das russische Unternehmen Yotaphone beispielsweise auf ein E-Ink-Zweitdisplay.

Foto: derStandard.at/Pichler
Foto: derStandard.at/Pichler

Aus der Riege der hierzulande weithin unbekannten chinesischen Hersteller gesellt sich nun eine neue Alternative hinzu. D6000 heißt das Modell aus dem Hause Innos. Und es bringt neben Mittelklasse-Hardware gleich zwei Akkus mit. Der WebStandard hat sich die originelle Lösung näher angesehen. Bereit gestellt wurde das Testmuster vom Online-Händler Gearbest.

14,4 x 7,25 x 1,2 Zentimeter misst das Gerät, das auf der Vorderseite mit einem 5,2-Zoll-Display ausgestattet ist. Dieses arbeitet mit Full-HD-Auflösung (1.920 x 1.080), bringt schöne und kontrastreiche Farbdarstellung mit und erreicht auch eine gute maximale Helligkeit, dank der Inhalte auch im direkten Sonnenlicht noch einigermaßen gut ablesbar sind.

Das Gehäuse ist in robust wirkendem Kunststoff gehalten und kann auf der Rückseite geöffnet werden. Die Lautsprecherwippe ist linksseitig angebracht, die Einschalttaste sowie eine weitere Funktionstaste rechts. Beide sind gut erreichbar. Das Gerät liegt insgesamt angenehm in der Hand, die Oberfläche könnte allerdings etwas mehr Halt geben. Die zwei Mono-Lautsprecher und die USB-C-Buchse (USB 3.1) sind auf der Unterseite, die 3,5mm-Audioklinke auf der Oberseite platziert. Kapazitive Navigationstasten gibt es übrigens nicht, was bei chinesischen Handys leider ein immer noch seltener Anblick ist. Stattdessen setzt man auf Onscreen-Buttons.

Foto: derStandard.at/Pichler
Foto: derStandard.at/Pichler

Das Alleinstellungsmerkmal des Innos D6000 findet man unter der rückseitigen Abdeckung, wo auch Platz für zwei microSIMs und eine microSD-Karte ist. In Orange strahlt dem Nutzer hier ein 3.520 mAh-Akku (Li-Po) entgegen. Entnimmt man diesen im laufenden Betrieb gehen die Lichter allerdings nicht aus.

Dann greift das Handy auf den zweiten Akku zu. Dieser ist nicht entnehmbar und bringt es auf 2.480 mAh. Insgesamt – und das erklärt auch die stolze Dicke und das Gewicht von 189 Gramm – verfügt das Android-Smartphone also über eine Kapazität von 6.000 mAh, was selbst so manches Tablet in den Schatten stellt. Das Nexus 7 (2013) verfügt beispielsweise über einen Akku mit knapp 4.000 mAh. Ohne der entnehmbaren Batterie wiegt das Innos-Smartphone übrigens 123 Gramm.

Foto: derStandard.at/Pichler

Am fest verbauten Energiespeicher bedient sich das Handy nur, wenn wie erwähnt der andere Akku entnommen wird, oder dieser zur Neige gegangen ist. Die Vorteil dieser Lösung liegen auf der Hand: Der externe Akku kann gewechselt werden, sollte er irgendwann einmal Verfallserscheinungen zeigen. Dazu lässt er sich gegen ein aufgeladenes Exemplar tauschen, wenn unterwegs einmal die Energiezufuhr zur Neige zu gehen droht.

Dazu sollte es im Regelfall allerdings kaum kommen. Denn, soweit sich aus der einwöchigen Testnutzung schließen lässt, reicht eine volle Aufladung beider Akkus selbst einem Poweruser für zwei bis drei Tage Handy-Verwendung. Wer nur gelegentlich auf das Smartphone zurückgreift und es hauptsächlich zum Kommunizieren nutzt, könnte auch auf fünf bis sechs Tage kommen. Im Standby ist der Ladungsverlust minimal.

Foto: derStandard.at/Pichler

Möglich macht die Marathonleistung auch die zugrunde liegende Hardware. Zum Einsatz kommt ein Snapdragon 615-Chip von Qualcomm, der Mittelklasse-Performance mit Sparsamkeit kombiniert. Die RAM-Ausstattung mit drei GB kann sich in dieser Kategorie ebenso sehen lassen wie der interne Speicher von 32 GB. Ins Netz geht das Handy über WLAN (802.11n), 3G und LTE. Ebenso gibt es GPS/GLONASS-Navigation und Bluetooth 4.0-Support. NFC ist allerdings nicht vorhanden.

Vorinstalliert ist Android in der Version 5.0.2. Eine Firmware auf Basis von 5.1.1 existiert bereits, sie befindet sich aber noch in der Betaphase und gilt noch als fehlerhaft. Ob Innos auch ein Upgrade auf Android 6.0 "Marshmallow" liefern wird, ist nicht bekannt. Es besteht eine kleine Chance darauf, dass in Zukunft Custom-ROMs für das Gerät erscheinen könnten, zumindest eine Custom Recovery (auf TWRP-Basis) wurde bereits für das D6000 umgesetzt.

Sieht man vom leider fehlenden Appdrawer, der gewöhnungsbedürftigen Umbelegung der Zweitfunktionen der Onscreen-Navigation und ein paar anderen Kleinigkeiten ab, entspricht die Oberffläche weitestgehend einem "puren" Android-System. Die beiden Akkus sind jeweils mit eigenem Symbol und optionaler Beschriftung in der Benachrichtigungsleiste abgebildet und ebenso auch mit zwei Einträgen im entsprechenden Unterpunkt der Systemeinstellungen zu sehen.

Foto: derStandard.at/Pichler

An dieser Stelle sei auch das Geheimnis der zusätzlichen Taste auf der rechten Seite gelüftet: Sie agiert einerseits als Auslöser im Kameramodus, kann abseits davon allerdings frei belegt werden, um beispielsweise einen Screenshot zu erstellen oder eine bestimmte App zu starten.

Die softwareseitige Optimierung ist weitgehend geglückt. Nur selten fällt bei der Navigation durch die Menüs ein kurzer Ruckler auf. Apps starten schnell, die Performance liegt gefühlt dort, wo man sie bei einem Mittelklasse-Smartphone erwartet. Ein Bug verhindert manchmal , dass der Schriftzug "Entfernen" nach langen Markieren einer vom User installierten App verschwindet, was sich allerdings durch einen längeren Druck auf ein Systemprogramm beheben lässt. Einfluss auf die Leistung des Handys hat der Fehler nicht.

Auch die Benchmarks bestätigen die Einschätzung. Rund 35.000 Zähler erreicht das Innos-Smartphone bei Antutu (64-Bit-Test), ein ordentliches Ergebnis, das auf dem Niveau anderer Geräte mit ähnlicher Hardware-Ausstattung liegt. Im fordernden 3D-Test mit 3DMark Icestorm Extreme schwankte die Darstellung zwischen flüssigem und ruckelndem Ablauf. Mit den meisten Spielen abseits der ganz großen Grafikkracher sollte das Handy also gut umgehen können.

Foto: derStandard.at/Pichler

Die Hauptkamera des Innos D6000 liefert 16 Megapixel und schlägt sich bei guten Lichtverhältnissen wacker. Die Aufnahmen geraten scharf und in satten Farben, tendenziell allerdings eine Spur zu dunkel. Auch die Erfassung von Details gelingt zufriedenstellend. Merkbare Einbußen sind bei weichendem Sonnenlicht allerdings bald zu bemerken, ebenso wie eine langsamere Auslösezeit. Der Dual-LED-Blitz vermag etwas zu korrigieren, bewirkt aber keine Wunder. Videos können maximal in Full-HD aufgenommen werden.

Spätestens ab Dämmerungsbeginn wird deutlich, dass Highend-Smartphones wie das LG G4 oder Samsung Galaxy S6 hier deutlich mehr bieten können. Die Frontkamera bringt fünf Megapixel mit und erbringt ebenfalls gute Ergebnisse unter Optimalbedingungen und mäßige Resultate mit leichtem Gelbstich unter abendlichem Lampenschein. Beide Sensoren stammen übrigens von Omnivision.

Foto: derStandard.at/Pichler

Die vorinstallierte Kamera-App bietet nicht mehr als übliche Standardfunktionen und fällt mit einem hässlichen und mäßig intuitiven Optionsmenü auf. Als Alternative empfiehlt sich die im Play Store verfügbare Gratis-App Google Camera, die problemlos funktioniert.

Bei der Lautsprecherakustik bewegt sich das Handy im üblichen Durchschnitt. Auf moderater Lautstärke klingt Musikwiedergabe annehmbar, schaltet man lauter, ist deutliches Scheppern wahrnehmbar. Bei der Telefonie macht das Gerät hingegen eine gute Figur.

Fazit

Rund 220 bis 230 Euro kostet das Innos D6000 je nach Händler. Gearbest und auch manche andere Händler liefern auch direkt aus einem europäischen Lager, womit Zollgebühren entfallen. In diesem Bereich bekommt das Handy in Sachen Akkukapazität nur Konkurrenz von anderen Exoten wie dem THL T5000, das allerdings mit einem einzelnen, fix integrierten Speicher auskommt. Ansonsten endet die Skala bei den 4.000 mAh mancher Lenovo-Modelle, während das Yotaphone 2 mit 550 Euro bereits gut das Doppelte kostet.

Wer auf NFC sowie Highend-Performance verzichten kann und vor allem einen langatmigen Begleiter für älltäglichen Kommunikations- und Multimediabedarf sucht, darf hier auf jeden Fall einen Blick riskieren. Gleiches gilt auch für Markenhersteller, die die hier bediente Zielgruppe bislang sträflich vernachlässigen. (Georg Pichler, 03.11.2015)

Kamera-Testbilder

Tageslicht, Aufnahme ohne HDR (Link zum Original)
Foto: derStandard.at/Pichler
Tageslicht, Aufnahme mit HDR (Link zum Original)
Foto: derStandard.at/Pichler
Tageslicht (Link zum Original)
Foto: derStandard.at/Pichler
Nachtaufnahme mit Blitz (Link zum Original)
Foto: derStandard.at/Pichler
Tageslicht, Aufnahme aus nächster Nähe – Automatikmodus, keine dedizierte Makrofunktion (Link zum Original)
Foto: derStandard.at/Pichler
Frontkamera, gedämpftes Tageslicht (Link zum Original)
Foto: derStandard.at/Pichler
Katzenbild, Tageslicht (Extra-Herausforderung: Fokussiere auf die rabenschwarze Samtpfote) (Link zum Original)
Foto: derStandard.at/Pichler
Katzenbild 2, Pfotenmonster unter Kunstlicht mit Blitz (Link zum Original)
Foto: derStandard.at/Pichler