Bild nicht mehr verfügbar.

Wladimir Klitschko kassiert gegenwärtig einige Tiefschläge.

Foto: EPA/Rolf Vennenbernd

Auch Tage später schmerzt Wladimir Klitschko noch die überraschende Niederlage gegen den Briten Tyson Fury. Verstärkt werden die Nachwehen durch verbale Tiefschläge, die der Ukrainer nicht nur von seinem Ringgegner, sondern auch aus völlig unerwarteter Richtung einstecken muss. In Moskau werden Gerüchte über einen gekauften Kampf gestreut.

Fury bereitet sich inzwischen psychologisch auf den Rückkampf vor – dieser kann nun definitiv steigen, da Klitschko am Mittwoch, nur vier Tage nach seiner Niederlage, offiziell die Rückkampfoption gezogen hat. Nach seinem Sieg sagte der Brite, Klitschkos Lager habe ihm falsche Handschuhe untergejubelt und hätte ihm auch noch Dopingvorwürfe anhängen wollen. Das zur Verfügung gestellte Wasser in der Düsseldorfer Esprit-Arena sei nämlich mit Drogen verseucht gewesen. An der Reinheit seines Sieges zweifelte Fury hingegen nicht.

Hohe Einsätze bei britischen Wettbüros

Dafür aber Moskauer Kommentatoren. Als erster erhob der einflussreiche Box-Promoter Wladimir Chrjunow Vorwürfe. Vor dem Kampf seien bei britischen Wettbüros Einsätze über vier Millionen Pfund auf Fury eingegangen, obwohl Klitschko haushoher Favorit gewesen war. "Selbst die Buchmacher haben eingeräumt, dass das sehr merkwürdig ist, bei allem Patriotismus britischer Boxfans."

Im Kampf habe der ukrainische Dauerweltmeister dann ausgesehen wie ein "auf Niederlage programmierter Roboter", sagte Chrjunow. Er sei passiv gewesen und habe absolut unvorbereitet gewirkt. Chrjunow: "Die Version, dass Klitschko gegen sich selbst gesetzt hat, klingt sehr plausibel."

Quoten für Sieg Furys bei 1:9

Das russische Staatsfernsehen nahm die Version dankbar auf. Dort durften der inzwischen in die Staats-Duma abgewanderte Ex-Boxer Nikolai Walujew und Konstantin Makarow, Chef der russischen Wettbüro-Gilde ihre Verschwörungstheorien ausbreiten. Walujew sah einen "unverständlichen Kampf" Klitschkos. Woran die schwache Vorstellung gelegen habe, könne er zwar nicht sagen, aber Zweifel wecke sie schon. "Der Boxer war immer ideal vorbereitet auf seine Kämpfe", sagte Walujew. Makarow verwies darauf, dass die Quoten für einen Sieg Furys bei 1:9 standen.

"So ein Geschäftsmodell – auf die Nase zu bekommen, um dafür anschließend zu kassieren – ist ganz im Stil der Klitschkos", sagte Moderator Anton Podkowenko. Als Beweis für die Behauptung fügte er an, das Witali und Wladimir Klitschko sich immer sehr sorgsam ihre Gegner ausgesucht hätten und auch im Ring selten volles Risiko gegangen seien. Eine gute Schmutzkampagne zeichnet sich durch die Verbindung boshafter Unterstellungen mit Fakten aus. Ein Hasardeur ist Klitschko im Ring sicher nicht und auch die Vorstellung in Düsseldorf entsprach tatsächlich nicht dem Können des 39-Jährigen.

Des Box-Promoters Interessen

Dass er in Moskau deshalb allerdings als Betrüger abgestempelt wird, dürfte andere Ursachen haben. Chrjunow beispielsweise hat Interessen, die er kaum verbirgt. Er managt den Schwergewichtler Alexander Powetkin, der 2013 gegen Klitschko einen WM-Kampf verloren hat. Daneben promotet er den Russen Alexander Ustinow, den er nun just in die Diskussion um einen Titelkampf einwirft.

Im Staatsfernsehen gelten die Klitschkos wegen deren politischer Einstellung als rotes Tuch. Dass Wladimirs älterer Bruder Witali (44) gerade wieder Bürgermeister von Kiew geworden ist, durfte in dem Beitrag über angeblichen Wettbetrug nicht fehlen. (André Ballin aus Moskau, 2.12.2015)