Das Cockpit ist eher robust als luxuriös.

Foto: Guido Gluschitsch
Grafik: der Standard

Ewig weit fährt man auch mit vollen Akkus nicht. Selbst wenn man nicht einheizt.

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Platz hat man dafür mehr als genug.

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Da nutzt das ganze Hämmern auf die Armatur nichts. Die Reichweite nimmt rapide ab. Vor wenigen Minuten sind wir daheim mit blattlvollen Akkus losgefahren. Prognostizierte Reichweite jenseits der 170 Kilometer, sagte der Nissan e-NV200 Evalia. Und jetzt verliert er schneller an Reichweite als ein Privatsender in der Werbepause.

Eigenwillig sind Form und Farbe. Muss man nicht mögen. Beim Fahren merkt man davon nämlich nichts.
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Auch ein nochmaliger Systemcheck bringt nichts. Die Heizung ist abgedreht, der Eco-Schalter gedrückt, der Fuß schwebt schon fast nur mehr über dem Fahrpedal, wir fahren gerade noch einen 40er, das Licht ist abgedreht, und sogar das Radio dudelt nur leise. Trotzdem verliert der e-NV erstaunlich schnell an Reichweite. Dabei hat er das zuvor nie gemacht. Nur auf der Autobahn, jenseits der 100 km/h, da war er recht generös beim Akku-Zuzeln.

Heißer Hintern

Im Augenwinkel löst sich das Rätsel dann. Die Madame zieht die Handschuhe aus, hebt die Oberschenkel leicht, schiebt die Hände darunter und reibt sich genüsslich den Hintern am Sitz. Hat die Gute doch tatsächlich klammheimlich ihre Sitzheizung eingeschaltet – und als ob das nicht genug wäre, auch noch auf Maximum gestellt. "Himmel", schimpft sie, "da drinnen hat es keine zwei Grad Celsius, und draußen ist 2015. Das muss echt nicht sein."

Der Innenraum ist sicher nicht das Highlight des Nissan e-NV200.
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Wir waren auf dem Weg zum Einkaufen. Neben den Lebensmittelgeschäften stehen noch Fetzentandler und Schuhläden. Der Kofferraum des Nissan fasst mehr Gewand und Böcke, als eine gewöhnliche Kreditkarte bezahlen kann. Es ist also kein guter Zeitpunkt, die Holde jetzt leiden zu lassen, wenn man nicht den restlichen Tag vor irgendwelchen Umkleiden kauern mag. Sekunden später strömt warme Luft aus den Schlitzen im Armaturenbrett.

Große Klappe, kleine Räder.
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Bis zu dem unsäglichen Einkaufstempel, wo man uns Katzenfutter, Kastanien, Kipferln und Klopapier gegen Kohle tauschen wird, sind es zum Glück vielleicht gerade einmal 30 Kilometer. Wir können also genauso gut Vollgas fahren mit dem e-NV, die Heizung auf Biosauna aufdrehen, die Lenkrad- und Sitzheizung einschalten, und trotzdem würden wir locker wieder heimkommen.

Ökologisches Gewissen

Aber in so E-Autos, wo man die verwüstete Energie sofort als weniger Reichweite präsentiert bekommt, haben eben manche eine Hemmung, herumzurasen.

Und um zu zeigen, wie ernst zu nehmen die Reichweitenraunzereien in Wirklichkeit sind: Die Akkus waren in einem zweiwöchigen Test nie weniger als halbvoll, obwohl der Elktrovan durch die Hölle gegangen ist. Jeden Tag Autobahn, in der Früh meistens voll Stift, am Abend mit einem entspannten 100er, also ehrlichen 110 km/h wieder retour. Trotzdem bleibt immer das Gefühl, man könnte vielleicht irgendwann doch nicht bis ans Ziel kommen.

Das Ladekabel fühlt sich im riesigen Heckabteil regelrecht verloren.
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Das dürfte auch der eine Wirt kennen, der erst fragte: "Elektroauto?" und auf ein ziemlich stolzes "Ja" nachfragte, ob er gach ein Kabel aus der Kuchl legen soll. Mit noch klammen Fingern verneinte ich dankend.

Und weil der unendliche Wille zum Stromsparen bei allen Autos gleich ist, ist der e-NV200 auch das beste E-Auto derzeit. Hören S' mir auf mit Tesla. Da kauf ich zwei Nissans um das Geld. Den für die Madame brauchen wir dann halt in einer anderen Farbe.

Praktisch ist die Schiebetür hinten.
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Aber abgesehen davon ist der NV200 das ideale E-Auto. Das Hartplastik-Cockpit stört gar nicht, weil man eh die Ruhe beim Fahren genießt. Und wenn Nissan noch einen Koffer voll Akkus für mehr Reichweite reingepackt hätte, wäre der E-Valia überhaupt perfekt – und an Laderaum würde trotzdem nichts abgehen. (Guido Gluschitsch,09.12,2015)