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Die Immunabwehr befindet sich nach der Stammzellenspende auf dem Status eines Neugeborenen und muss völlig neu aufgebaut werden.

Foto: AP/Michael Zamora

Wien – Eine Stammzellenspende ist für viele Leukämiepatienten die letzte Chance, geheilt zu werden. Doch einen passenden Spender zu finden, ist wie ein "Lottozwölfer", sagt Werner Kristufek, dem am 22. März 2013 auf diese Weise gegen den Krebs geholfen wurde. Sein "zweiter Geburtstag" sei dieser Tag gewesen, betont Kristufek.

Kristufek bekam im Juni 2012 die Diagnose Leukämie. Er wollte eigentlich nach Indien reisen, doch kurz davor trat bei ihm ein zunächst unerklärliches Fieber auf. Nach einer Reihe von Untersuchungen war die Diagnose klar. Kristufek hatte Blutkrebs. Sein behandelnder Arzt sagte ihm: "Bei Ihnen, Herr Kristufek, ist das Ziel Heilung." Nicht zuletzt aus diesem Satz schöpfte der Patient große Hoffnung, als er wenige Tage später seine erste Chemotherapie antrat. Im Zuge der Behandlung wurde aber auch rasch klar, dass "meine Heilung nur mit einem allogenen Spender möglich ist", erzählt Kristufek. Das bedeutete: Der Wiener benötigte unbedingt einen Stammzellen-Spender, der zu ihm passt.

Doch einen solchen zu finden, ist großes Glück. Weltweit sind laut Agathe Rosenmayr, Leiterin der Stammzellspenderdatei der MeduniWien an der Klinik für Blutgruppenserologie und Transfusionsmedizin, 27 Millionen freiwillige Stammzellenspender registriert. Bis Ende des Jahres wurde ein Anstieg auf 28 Millionen freiwillige Spender erwartet. Dennoch sind die Chancen, den genetischen Zwilling zu finden, je nach Patient höchst unterschiedlich und liegen laut Deutscher Stammzellspenderdatei zwischen 1:600 und 1:1 Billion. Aufgrund der Zahl der Freiwilligen weltweit hat jeder Patient eine Chance von 80 Prozent, einen passenden Spender zu finden. Rosenmayr: "Ein Fünftel der Patienten bleibt leider heute noch immer noch ohne Spender."

Schwere Zeit

Schwierig wird es aber unter anderem deshalb, weil in vielen Ländern, etwa in den USA, keine Meldepflicht existiert. Wenn ein registrierter Spender umzieht und nicht seine neue Adresse bei der Datenbank bekannt gibt, ist er kaum noch auffindbar. Letztlich sind noch nicht genug Spender in der Datei. "Immer noch haben 20 Prozent der Patienten keinen passenden Stammzellspender", sagt Rosenmayr.

Kristufek hatte Glück, es gab ein Pendant für ihn, noch dazu offenbar in der Nähe. Doch die Nachricht stand wohl am Anfang einer der schwierigsten Phasen für den Leukämiepatienten. "Man qualifiziert sich für die Stammzellentherapie je nachdem, wie der Körper auf die Chemo reagiert." Im Endeffekt müssen alle Krebszellen vernichtet sein, bevor man über die Gabe der Stammzellen das körpereigene Immunsystem komplett neu aufbaut.

Kristufek erkrankte an einer schweren Lungenentzündung, in deren Verlauf ihm ein Lungenlappen entfernt werden musste. "Eine schwere Krise", sagt der Patient. Dazu kam, dass auch der Spender offenbar gesundheitliche Probleme hatte und sich einer Knieoperation unterziehen musste. "Bis der Anruf kam: Am Montag geht's los", schildert Kristufek.

Neue, alte Ziele

Am 8. März wurde er im Spital aufgenommen, am 22. März gab es die Spende, am 17. April wurde Kristufek entlassen. Er befand sich nach der Transplantation wochenlang in Quarantäne, alleine im Zimmer. "Die Telefonrechnungen habe ich nicht so ernst genommen", schildert der Wiener. Seine Immunabwehr befand sich nach der Spende auf dem Status eines Neugeborenen und musste völlig neu aufgebaut werden. Das bedeutete unter anderem, dass Kristufek den kompletten Impfstatus wiederherstellen musste.

Rund zweieinhalb Jahre später geht Kristufek nach wie vor alle zwei Monate zur Kontrolle, führt aber ansonsten ein weitgehend normales Leben. Er selbst klopft bei solchen Feststellungen auf Holz, damit das auf Dauer so bleibt. Im Februar 2016 will er erstmals wieder skifahren. Auch Indien als Reiseziel haben er und seine Frau nicht aufgegeben.

Wichtig sei, Bewusstsein zu schaffen, sagt Kristufek. "Hilfe gegen Krebs, gegen Leukämie, gibt es nicht nur durch Geldscheine. Eine Stammzellenspende hilft mehr als Geld." (APA, 5.1.2016)