Das Ziel, im neuen Jahr einen Marathon zu laufen, ist für viele zu hoch gegriffen – das führt zu Frustration.

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Alle Jahre wieder werden pünktlich zum Jahreswechsel Neujahrsvorsätze gefasst. Besonders beliebt: Der Entschluss, im neuen Jahr endlich mehr Sport zu machen. Darüber freuen sich die Fitnessstudios. Dort verzeichnet man immer nach Silvester einen Anstieg von Neukunden – aber auch eine Rückkehr von Mitgliedern, denen die sportliche Motivation irgendwann abhanden gekommen ist. "Dieses Jahr ist die Nachfrage besonders groß", berichtet John-Harris-Pressesprecher Christian Zöbl.

"Wichtige Monate" sind Jänner und Februar auch für die Fitnessstudio-Kette Mrs. Sporty. Beim Fitnessstudio Femme Fitness rechnet man damit, dass der verstärkte Andrang bis kurz vor Ostern anhalten wird. Durch professionelle Trainingsbetreuung soll zudem das Motivationstief, das bei vielen schon kurz nach Neujahr einsetzt, bekämpft werden, so die einhellige Antwort der Fitnessstudio-Betreiber.

Falsche Selbsteinschätzung

Das funktioniert nicht immer. "Bei Neujahrsvorsätzen werden gravierende Fehler gemacht", sagt Peter Schober, Vizepräsident der Österreichischen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention. Denn in einen erfolgsversprechenden Vorsatz muss ein wenig Zeit investiert werden: Laut Aussendung des Berufsverband Österreichischer PsychologInnen sollte so ein Vorsatz beispielsweise schriftlich und so konkret wie möglich formuliert werden. Das ist laut Schober schon ein erstes Problem: Menschen sei nämlich oft gar nicht klar, was sie eigentlich erreichen wollen. Außerdem fehle es an der gesunden Selbsteinschätzung: "Ein Trainingsprogramm, das überfordert, frustriert."

Dabei seien fünf Minuten Sport pro Woche für Menschen, die jahrelang nichts gemacht haben, schon ein erster wichtiger Schritt, sagt der Sportpsychologe Andreas Kollar: "Menschen sind zu ungeduldig. Schnellen, dauerhaften Erfolg gibt es nicht."

Schober empfiehlt daher sich langsam steigernde Stufenpläne, die sich auch tatsächlich in den Alltag integrieren lassen. Sport-Neueinsteigern rät er überhaupt erst einmal dazu, drei Wochen lang täglich eine Runde zu gehen. Wird das durchgehalten, sollte ein sportmedizinisches Check-Up erfolgen, im Rahmen dessen auch ein passender Trainingsplan erstellt werden kann.

Aller Anfang ist hart

Eines ist jedoch klar: Jede Lebensstiländerung ist anfangs hart. Bis zu acht Wochen dauere es, eine neue Gewohnheit zu etablieren, sagt Kollar. Was dabei hilft, die sportliche Motivation über die ersten paar Wochen hinwegzuretten, sei individuell unterschiedlich: Den einen helfe es beispielsweise, sich für einen Wettbewerb anzumelden und dann gezielt darauf hinzutrainieren, für andere wiederum ist ein Trainingstagebuch der Schlüssel zum Erfolg.

Leichter falle das Training zudem mit Gleichgesinnten, betont Schober. Der Berufsverband Österreichischer PsychologInnen rät zudem dazu, Freunden und Familien vom Vorhaben zu erzählen, um es verbindlicher zu machen.

Flexibilität wichtig

Und: Flexibilität ist wichtig. "Man darf sich nicht abverlangen, alles zu erreichen", sagt Kollar. "Am schwierigsten ist, nicht zu streng mit sich zu sein, wenn die Motivation einmal nicht da ist." Fehlt die Motivation zum Sport an dem einen oder anderen Tag, dann könnten dahinter andere Bedürfnisse stecken, die auch berücksichtigt werden müssten, so der Sportpsychologe – etwa das Bedürfnis, einfach einmal nichts zu tun.

Freifahrschein dafür, fortan jeder sportlichen Aktivität zu entsagen, sollte dieses Gefühl nicht werden. Zweimal pro Woche sollte mindestens trainiert werden, sagt Schober, drei bis vier Stunden pro Woche seien insgesamt ideal.

Wer aber über Wochen keine Lust an einer Sportartet findet, sollte etwas anderes ausprobieren. Kollar rät dann beispielsweise zu Nordic Walking statt Laufen.

"Denn ein Training, das nicht Spaß macht, ist zum Scheitern verurteilt", stellt Schober klar. Bei erfolgreich umgesetzten Neujahrsvorsätzen geht es letztendlich um mehr als verbrannte Kalorien und gelaufenen Kilometer: "Man muss lernen, ein guter Coach für sich selbst zu sein", so Kollar. (Franziska Zoidl, 10.1.2016)