Das besondere Herstellungsverfahren verleiht Matcha seine leuchtendgrüne Farbe und sein süßliches Aroma.

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Matcha wird mit heißem Wasser aufgegossen und mit einem Bambusbesen, dem Chasen, aufgeschäumt.

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Hat man früher einfach ein Teesackerl in die Tasse gehängt und ohne viel Tamtam ein Häferl des wärmespendenden Heißgetränks genossen, so muss es heute schon ein bisschen mehr sein. Man soll das Teetrinken zelebrieren, ihm die Aufmerksamkeit schenken, die es angeblich verdient, und auch ein bisschen Ehrfurcht zeigen vor der vielzitierten Wunderwaffe, die am Ende aber dann doch nicht mehr ist als ein paar getrocknete Blätter in heißem Wasser.

Die Teesackerl-Fraktion verliert zunehmend an Mitgliedern, viel zu gewöhnlich ist es geworden, Tee aus Filterpapier zu trinken, außer man ist in einer Skihütte oder in einem Bahnhofslokal. Lieber gießt man die Blätter direkt mit heißem Wasser auf. Laut Experten ändert das nicht viel.

Wie Trüffel

Anders verhält es sich da aber bei sogenannten Tea-Powders. Der bekannteste Tee in dieser Form ist wohl der grüne Matcha aus Japan. Dabei wird der Tee aber nicht einfach zu Pulver vermahlen. Anbau und Ernte sind sehr komplex, weiß Tee-Experte Thomas Grömer. "Gerade einmal 500 Familien in ganz Japan beherrschen die Kunst der Matcha-Herstellung. Und das bei rund 30.000 Teebauern. Von fünf Millionen Tonnen Tee werden gerade einmal 2.000 Tonnen zu Matcha verarbeitet. Das ist wie die Trüffel unter den Pilzen", sagt Grömer und rechtfertigt damit wohl auch die stolzen Preise seiner Tea-Powder-Mischungen, die er seit kurzem unter dem Label Kissa in Österreich und Deutschland verkauft.

Anders als bei normalen Tees werden bei Tea-Powders die Blätter mitverzehrt, und genau das soll so viel gesünder sein. Vielleicht ist Matcha deshalb, neben vielen Kräutern, Samen und Beeren, das perfekte Superfood, das unter anderem gegen Krebs und Diabetes helfen soll. Matcha wird auch Schattentee genannt, weil die Pflanze einige Wochen vor der Ernte mit Netzen und Bambusmatten bedeckt wird. Durch weniger Sonneneinstrahlung sollen die Blätter mehr Chlorophyll produzieren. Das verleiht dem Tee seine kräftige grüne Farbe und das leicht süßliche Aroma. Nach der Ernte und der Trocknung werden nur die besten Blätter in einer Steinmühle zum typischen Matcha-Pulver verarbeitet.

Obwohl es sich hier offenbar um ein Luxusprodukt handelt, dürfte das Geschäft florieren, sieht man sich das Kissa-Headquarter in bester Wiener Innenstadtlage an. Start-up-Unternehmen sehen in dieser Phase meist anders aus. Kann man mit gutem Tee wirklich so viel Geld verdienen? Offenbar ja, wenn man eine Nische entdeckt. Und das hat Grömer wohl mit seinen Tea-Powders. Neben klassischem grünem Matcha verkauft er nämlich auch andere pulverisierte Tees wie Rooibos, Black Tea oder Earl Grey.

Lifestyle versus Genuss

Dass man andere Tees außer den klassischen Grüntee zu Pulver verarbeitet, mag manche irritieren. Der Wiener Teehändler Andrew Demmer ist ein Freund des klassischen Tees und kann die Mystifizierung des Heißgetränks schwer nachvollziehen. "Wir verkaufen Tee vor allem als Genussmittel. Es ist keine große Wissenschaft, ihn zuzubereiten. Tee soll Spaß machen. Gesundheitsbezogene Aussagen über Tee sind nicht dem Handel, sondern den Apotheken und Drogerien vorbehalten", sagt Demmer.

Der in London geborene Geschäftsmann hat 1981 das erste Teehaus in Wien eröffnet. Heute gibt es seinen Tee in vielen Ländern. Der Mann, der so gelassen wirkt, beobachtet den positiven Trend der Teebranche. Auch er hat Matcha im Sortiment. "Vor dem Matcha-Boom haben wir ein paar hundert kleine Dosen im Jahr verkauft. Jetzt sind es viele Tausende. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob alle wirklich aufgebraucht werden", meint Demmer. Das ist aber auch egal, scheinen doch im Moment alle auf das exklusive Teepulver abzufahren.

In der Küche namhafter Spitzenrestaurants wird Demmers Tee ebenfalls verkocht. "Matcha ist überall einsetzbar, wenn man ihn richtig dosiert. Ich verwende ihn zum Beispiel bei Gänseleber", sagt Haubenkoch Benjamin Parth vom Restaurant Stüva in Ischgl. Mit seiner Vorliebe für Matcha in der Küche steht er nicht allein da. Immer mehr Köche verarbeiten das Pulver zu Keksen, Cremes oder Eis. Bei all dem Hype und der positiven Wirkung verliert man aber schnell aus den Augen, worum es hier eigentlich geht. Um Tee. (Alex Stranig, RONDO, 17.1.2016)