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Schwarmfinanzierungen wurden mit dem neuen Crowdfunding-Gesetz auf rechtlich solide Beine gestellt.

Foto: Michael Sohn

Wien – Begünstigt durch das Niedrigzinsumfeld und die Schaffung einer entsprechenden rechtlichen Grundlage ist im Jahr 2015 ein kleiner Crowdfunding-Boom ins Rollen gekommen. Alleine seit Anfang September, als das sogenannte Alternativfinanzierungsgesetz in Kraft trat, ist in Österreich laut Wirtschaftsministerium eine Finanzierungssumme von 4,86 Millionen Euro über diverse Plattformen eingesammelt worden. Das ist mehr als doppelt so viel wie im gesamten Jahresverlauf 2014. Branchenkenner schätzen, dass zusätzlich mindestens die gleiche Summe über direktes Crowdfunding ohne Plattform, zu dem keine exakten Daten vorliegen, dazukommt.

Die bisherige Höchstmarke in Sachen Schwarmfinanzierung hat Fußball-Rekordmeister SK Rapid erzielt. Bei der noch laufenden Kampagne haben bisher 1360 Investoren eine Finanzierungssumme von knapp 2,8 Millionen Euro zusammengetragen, wobei die erste Million binnen einer Woche eingenommen wurde. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird Rapid auch noch die Marke von drei Millionen Euro überspringen.

Liberale Gesetzgebung

"Seit September jagt ein Rekord den nächsten. Der Crowdfunding-Boom zeigt, dass wir mit dem neuen Gesetz absolut richtig liegen", zieht Staatssekretär Harald Mahrer eine erste Zwischenbilanz. Seiner Ansicht nach regelt es so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig. Insofern geben ihm OECD und EU-Kommission recht, die sich darüber einig sind, dass es sich dabei nach Großbritannien um die liberalste Gesetzgebung in Europa handelt. "Crowdfunding ist in Österreich als alternatives Finanzierungsinstrument angekommen, mit viel Potenzial nach oben", ergänzt Mahrer.

Auch in der Wirtschaftskammer sieht man Österreich in einer Vorreiterrolle. "Finanzierungen durch Crowdinvesting haben gegen Ende 2015 deutlich zugenommen, und wir erwarten künftig eine weitere Steigerung aufgrund des Alternativfinanzierungsgesetzes", sagt Philipp Bohrn, Geschäftsführer des Fachverbands Finanzdienstleister. Er erwartet weiterhin spannende Finanzierungsprojekte und hofft, dass heuer eine Gesamtsumme in zweistelliger Millionenhöhe zustande kommen wird.

Freilich gab es auch Rückschläge zu verzeichnen, wie die Pleite des Start-ups Woodero, Hersteller von Holzschutzhüllen für Smartphones und Tablets, im Vorjahr belegt. Dabei haben 175 Investoren 166.000 Euro in den Sand gesetzt. Laut Medienberichten soll auch Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz über ein Kreditmodell beteiligt gewesen sein. Größere Schadensfälle sind bisher ausgeblieben.

Totalverlust möglich

"Verbraucher müssen sich im Klaren darüber sein, dass ihr Kapital im schlimmsten Fall weg sein kann", sagt Gabi Kreindl vom Verein für Konsumenteninformation (VKI), wo die Unternehmen ihre Finanzierungen nach dem Crowdfunding-Gesetz einmelden müssen. Dort wird derzeit nach einem Weg gesucht, potenzielle Anleger intensiver über Chancen und Risiken aufzuklären. Denn bisher sind diese nicht von sich aus an den VKI herangetreten – weder um sich zu informieren, noch um sich über ein Finanzierungsprojekt zu beschweren. "Crowdfunding ist eine spannende Sache, die auf jeden Fall ihren Platz haben sollte", meint Kreindl.

Gemäß dem Feedback der Betreiber von Crowdinvesting-Plattformen hat durch die neue Gesetzgebung die Anzahl sowohl der Investoren als auch der Projekte zugenommen, auch die höheren Finanzierungssummen würden ausgenutzt. Nach dem Crowdfunding-Gesetz unterliegen Finanzierungen zwischen 1,5 und fünf Millionen Euro lediglich einer vereinfachten Prospektpflicht, um potenzielle Geldgeber zu informieren. Bei diesen handelt es sich laut Experten übrigens tendenziell eher um Männer, die entweder zwischen 18 und 35 Jahre alt sind oder ihren 50. Geburtstag bereits hinter sich haben. (Alexander Hahn, 22.1.2016)