Bewegung ist ein günstiges Mittel gegen Rückenschmerzen.

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EbM-Experte Gerald Gartlehner nimmt für derStandard.at regelmäßig aktuelle Studien unter die Lupe.

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Kreuzschmerzen sind extrem häufig und mit hohem Leidensdruck verbunden, in Österreich gibt knapp ein Viertel der Bevölkerung an, an chronischen Rückenschmerzen zu leiden. Nichts wäre wichtiger, als ein wirksames Mittel gegen Kreuzschmerzen zu finden. Dabei gibt es ein Rezept, um das Risiko, an Rückenschmerzen zu erkranken, um bis zu 45 Prozent zu senken. Bewegung ist das Wundermittel.

Die Erkenntnis ist nur teilweise neu; man weiß schon länger, dass sich durch gezieltes Krafttraining chronische Rückenschmerzen lindern lassen. Besonders bestimmte Bewegungsformen wie Pilates und Yoga haben sich als sehr effizient erwiesen. Eine kürzlich in "JAMA" erschienene Metastudie belegt neuerlich auf eindrucksvolle Weise die Wirksamkeit von Bewegung, Kreuzschmerzen vorzubeugen.

Genau diese Studie entfachte in den USA eine Diskussion, ob über solche kostengünstigen und effektiven Hilfen zu wenig berichtet wird. Hinter der "Therapie Bewegung" steht im Gegensatz zu Medikamenten kein großer Konzern, der damit Geld verdient. Gäbe es genug Marketing für Bewegung als Therapie, würden Leidgeplagte sie öfter in Anspruch nehmen.

Der Staat ist gefragt

Denn Marketing hat Wirkung. Nicht umsonst investieren Pharmaunternehmen doppelt so viel in Marketing wie in Forschung. Der Pharmaindustrie kann man hier keine Vorwürfe machen, denn sie ist gewinnorientiert und nicht der objektiven Information der Bevölkerung verpflichtet.

Ausgewogene objektive Information müsste also von anderer Seite kommen, etwa von der öffentlichen Hand. Schließlich nützt eine erfolgreiche Therapie nicht nur den Betroffenen, sondern der gesamten Wirtschaft: Rückenschmerzen sind so häufig, dass die Krankenstände erhebliche Kosten verursachen. Es gibt also – wie bei allen weitverbreiteten Krankheiten – ein allgemeines Interesse an wirksamen Gegenmitteln.

Die fast noch wichtigere Frage ist aber: Wer informiert Ärzte unabhängig über neue Erkenntnisse, wenn keine Hersteller oder Therapieanbieter dahinterstehen, die ein finanzielles Interesse an der Verbreitung einer Information haben.

Den Lebenswandel ändern

Was bleibt, ist der Staat. Es wäre die Aufgabe von Gesundheitspolitik, dafür zu sorgen, dass eine gesundheitsfördernde Information so viele Menschen wie möglich zeitnah erreicht.

Die kostengünstigen Tricks für mehr Gesundheit haben aber zusätzlich noch ein ganz anderes Problem: Sie verlangen von jedem Einzelnen, seinen Lebensstil zu ändern – und das ist extrem schwierig. Gemeinsames Ziel sollte es daher sein, Menschen bei diesen Lebensstiländerungen zu unterstützen. (Gerald Gartlehner, 22.1.2016)