Grafik: der Standard
Foto: BMW
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Wien – Im Grunde eine feine Sache: Geht der Strom der Batterien zu Ende, lädt ein Stromaggregat an Bord die Batterien nach, angetrieben wird das Auto aber immer vom Elektromotor. Dieses Stromaggregat nennt man auch Range Extender, das Ganze miteinander Elektroauto mit Reichweitenverlängerung. Klingt einfach, ist aber technisch ganz schön kompliziert.

Flitzer oder hilfloser Kabinenroller

BMW i3 mit Range Extender ("REX") also. Da stellt sich zu allererst die bange Frage, was passiert, wenn kein Strom mehr aus der Batterie kommt und die ganze Last des Vortriebs auf dem kleinen Hilfsmotörchen im Heck liegt, das als Stromaggregat fungiert. Wird aus dem rasanten Hightech-Elektroflitzer schlagartig ein hilfloser Kabinenroller, wenn die Batterien keinen Saft mehr liefern und der E-Motor den Strom nur mehr aus dem "Notstromaggregat" bezieht?

Der i3 fährt sich tadellos, aber spaßbefreit im Schnee.
Foto: laggers.at / Rudolf Skarics

Ich fahre also los mit vollem Tank und voller Batterie. Aufgrund der Minusgrade wird mir im gewählten Eco-Modus bald zu kalt. So schalte ich zurück auf "Comfort". Die Heizung wird wohl die Reichweite etwas beeinträchtigen. Doch solange du keinen Reichweitenrekord aufstellen willst, kannst du den Wagen ruhig in der Grundeinstellung Comfort belassen. Eco Pro und Eco Pro Plus sind eher etwas für Ehrgeizige.

Testgebiet: Autobahn

Ich begebe mich auf die Autobahn und suche im Menü die Funktion "Reichweite halten", was flott gelingt. Damit tritt der Range Extender in Funktion. Erste Überraschung: Der Zweizylinder-Rollermotor setzt sich nahezu unhörbar in Bewegung. Man muss sich schon konzentrieren, um das Summen überhaupt wahrzunehmen. Tatsächlich bleibt jetzt die elektrische Reichweite erhalten, allerdings nur solange ich nicht schneller als knapp 100 km/h fahre. Dieser Gleichgewichtszustand stellt sich je nach Wind und Steigung oder Gefälle zwischen 90 und 110 km/h ein, wie ich sodann feststelle. Der Range Extender surrt in einer Tonlage, die auf eine moderate wirkungsgradoptimierte Drehzahl schließen lässt.

Mit Range Extender (dieser sitzt hinten neben dem Elektromotor) wird die elektrische Reichweite durch eine etwa gleich große Reichweite im Benzinbetrieb ergänzt.
Foto: BMW

Ich fahre nun mit phasenweisem Einsatz des Range Extenders den Tank leer. Nach exakt 190 Kilometern stellt er aus Spritmangel seinen Dienst ein. Er hat meine Fahrstrecke um rund 100 km verlängert. Die restliche elektrische Reichweite beträgt noch 24 km. Ich tanke 8,37 Liter in den 9-Liter-Tank und fahre rein elektrisch weiter. Nach weiteren 20 Kilometern bei einer Restreichweite der Batterie von 4 km setzt der Range Extender von selbst wieder ein. Das Display fordert zum Nachladen an der Stromtankstelle auf.

Jetzt wollte ich es wirklich wissen: Was passiert, wenn der Stromvorrat erschöpft ist und die nächste Steigung auf dich zukommt, und womöglich auch noch der Winter?

System stabil

Bei einer Fahrt auf den Kahlenberg und in den Wienerwald erwies sich das ganze System als extrem stabil. Die Bewegung in einem Spielraum von fast 300 Höhenmetern auf und ab brachte das System Batterie-Range-Extender nicht an die Grenze der Leistungsfähigkeit. Durch Nachladen auf ebenen Passagen und Rekuperieren in den Bergab-Phasen pendelte sich eine E-Restreichweite von einem bis sechs Kilometern ein.

Luftig und frisch wirkt der i3 innen.
Foto: BMW

Wurde es wirklich knapp mit dem Stromvorrat, erhöhte der Range Extender zwischendurch auch noch seine Drehzahl, wie akustisch zu vernehmen war. Das heißt, es war in jeder Phase genug Stromvorrat und damit genug Drehmoment für exzellentes Vorwärtskommen verfügbar. Sogar auf der Autobahn reichen die 38 PS des Rollermotors trotz der Umwandlungsverluste noch für VW-Käfer-Fahrleistungen.

Brenner und Glockner

Das heißt, die Grenzen des i3 mit REX ließen sich nur unter extremen Bedingungen erreichen. Dazu gehörten: eine leere Batterie als Ausgangsbasis und extreme Höhendifferenzen (Großglockner), womöglich gepaart mit sehr hoher Geschwindigkeit (Brennerautobahn). Was als Erkenntnis bleibt: Der Dauerbetrieb mit Range Extender ist trotzdem nicht zu empfehlen, denn durch die Umwandlungsverluste benötigt der i3 im Range-Extender-Betrieb an die neun Liter Benzin auf 100 km.

Etwas mehr als 200 km unter wirklich harten Testbedingungen also. Für Sparfüchse erlauben wir uns, dieses Ergebnis verbal zu optimieren: Unter Alltagsbedingungen sind ohne weiteres 250 km zu schaffen, bei moderatem Wetter und klugem Fahrstil sind auch ohne Verrenkungen 300 drinnen.

Foto: BMW

Auch das Fahren auf Schneefahrbahn erwies sich als unproblematisch. Dank sensibler Fahrdynamikregelung gibt's genügend Traktion und Spurtreue – Spaß hingegen eher keinen, aufgrund des algorithmisch voll durchgeregelten Antriebs. Unterm Strich bleibt das uneingeschränkte Vergnügen, ein E-Auto zu fahren – mit der Sicherheit, in der Not an jeder Tankstelle Energie in Sekundenschnelle nachfassen zu können.

Der Range Extender kostet 4700 Euro zusätzlich, auch das muss gesagt sein. Außerdem gilt wegen des Verbrennungsmotors an Bord weder Vorsteuerabzug für Unternehmen noch der Entfall des Sachbezuges bei Privatnutzung von Dienstwagen. Von der außerordentlichen steuerlichen Begünstigung für Elektroautos profitiert der i3 REX also nicht. (Rudolf Skarics, 8.2.2016)

Nachlese:

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BMW: Leuchttürme und Feigenblätter