"Just Cause 3" – eines jener Spiele, an denen sich Piraten bisher die Zähne ausbeißen.

Foto: Just Cause 3

Dass Aussendungen von Spielecracker-Gruppen es in die großen Medien schaffen, ist nicht gerade alltäglich. Was "Phoenix", eine Sprecherin des berüchtigten chinesischen Crackerforums 3DM, im Januar zu sagen hatte, war aber nicht nur dem STANDARD eine Meldung wert: Wegen anhaltender Probleme der Szene mit dem Kopierschutz der Spiele "Just Cause 3" und "FIFA 16" beklagte die Cracker-Ikone darin das möglicherweise bald drohende Ende kopierter Spiele auf dem PC. Schuld daran sei der Kopierschutz des Salzburger Unternehmens Denuvo Software Solutions, der es schwer bis unmöglich mache, aktuelle Spiele in gewohnter Geschwindigkeit zu cracken.

Reinhard Blaukovitsch, Gründer von Denuvo, freut sich auf jeden Fall über die Gratiswerbung für sein Produkt. "Seit dieser Meldung bekommen wir sehr viele Anfragen, von unabhängigen Spieleentwicklern, aber auch von Business-Software-Entwicklern, wie unsere Lösung funktioniert, was unsere Vorlaufzeiten und wie unsere Preise sind. Wir hoffen, dass wir daraus auch umsatzmäßig etwas mitnehmen können." Der Chef der Salzburger Firma, die durch einen Management-Buyout von Sony DADC Digitalworks 2014 gegründet wurde, beschäftigt 37 Mitarbeiter und kann auf einen Jahresumsatz von knapp vier Millionen Euro verweisen. Spielekopierschutz macht laut Blaukovitsch etwa die Hälfte des Jahresumsatzes aus; der Rest entfällt auf Schutzlösungen für Software, Bücher und Video. Mit Denuvo hat die Salzburger Firma allerdings unbestritten die bislang schlagkräftigste Waffe im Kampf gegen Piraterie bei Spielen in der Hand.

Anti-Tamper plus DRM

Als Marktführer will Blaukovitsch Denuvo aber nicht bezeichnen. "Ich kann nicht sagen, dass wir Marktführer sind. Es gibt auch Mitbewerber, nicht in Österreich, aber weltweit. Wir bemühen uns, Lösungen zu entwickeln, die einen hohen Grad an Sicherheit und Zuverlässigkeit für existierende DRM-Systeme bringen. So wie es derzeit aussieht, gelingt uns das ganz gut." Der Denuvo-Boss betont dabei das wichtigste Unterschiedungsmerkmal seiner Lösung gegenüber traditionellem Digital-Rights-Management (DRM): "Denuvo ist selbst kein DRM, sondern unterstützt als ‘Anti Tamper Software’ existierende DRM-Lösungen wie zum Beispiel Steam oder Origin. Denuvo festigt sozusagen das existierende DRM unserer Kunden, also von Publishern und Entwicklern von Spielen und Software."

Wie genau die Lösung technisch funktioniert, bleibt selbstverständlich gut gehütetes Firmengeheimnis. "Unsere Technologie beruht auf Obfuskation, Verschlüsselung und Prüfsummen in vielen Ebenen."

Katz und Maus

Dass Denuvo unknackbar ist, behauptet Blaukovitsch nicht. "Wir rechnen immer damit, dass Hacker unsere Anti-Tamper-Software auszuhebeln versuchen. Wir stellen auch keinen Anspruch, dass das niemals passieren wird. Unser Anspruch ist aber, das initiale Release Window der Spiele zu schützen und immer einen Schritt voraus zu sein."

Im ewigen Katz-und-Mausspiel zwischen Piraten und Rechteinhabern geht es immer um Zeit – je näher zum Release ein funktionierender Crack veröffentlicht wird, desto größer der Schaden. In dieser Hinsicht hat Denuvo schon jetzt beachtliche Erfolge zu verzeichnen: Am mit der Lösung geschützten "FIFA 16" beißen sich Cracker seit Ende September vergeblich die Zähne aus – in Zeiten, in denen im schlimmsten Fall schon vor dem offiziellen Release Raubkopien kursieren, ein kleines Wunder.

Ist Denuvo schädlich?

Natürlich kommen mit dem Erfolg von Denuvo und der wachsenden Frustration der zahlungsunwilligen Piraten auch immer wieder Gerüchte über angebliche Schädlichkeit des Schutzsystems in Umlauf. Die alarmierendste davon: Denuvo führe bei SSDs zu massiver Alterung, da laufend Dateien geschrieben und gelöscht würden. Ist da etwas Wahres dran?

Blaukovitsch verneint. "Leider tauchen häufig solche Gerüchte auf, die oft sehr emotionell dargestellt werden und absolut nicht der Wahrheit entsprechen. Wir achten sehr genau darauf, dass unsere Lösung keine Verschlechterung oder Performanceeinbußen im Spiel oder in der Software mit sich bringen. Der legitime Besitzer des Spieles darf keine Nachteile oder irgendwelche sonstigen Hürden durch DRM oder Anti Tamper erfahren."

Dass das auf der Spieleplattform PC grassierende Piraterieproblem – "manche unserer Kunden sprechen von Piraterieraten von 70 %" – Lösungen wie Denuvo für Entwickler und Publisher interessant werden lässt, zeigte sich in den Wochen nach der Veröffentlichung des frustrierten Szene-Protests von 3DM: Auch "Far Cry Primal", "The Division" und das aktuelle "Tomb Raider" werden mit der Salzburger Tarnkappe ausgestattet. Aber auch Indie-Entwickler, die in den letzten Jahren oft sogar den gegenteiligen Weg beschritten und ihre Spiele ganz ohne DRM veröffentlicht haben, richten ihre Aufmerksamkeit zunehmend auf die Kopierschutzhoffnung – jüngst erst meldete "The Witness"-Entwickler Jonathan Blow angesichts massiver Piraterie Interesse an.

Doch ein Crack?

Aktuell ist wieder Unruhe angesagt: Erst vor wenigen Tagen verkündete eine weitere Wortmeldung von 3DM den Triumph über den hartnäckigen Kopierschutz – und das unmittelbar nach einer zuvor erfolgten Ankündigung, ein Jahr lang gar keine Cracks mehr anzubieten, "um den legalen Verkauf anzukurbeln". Den Beweis für die Überwindung von Denuvo blieben die Cracker aber bislang schuldig – sowohl "FIFA 16" als auch "Just Cause 3" und die PC-Version des aktuellen "Tomb Raider" sind bis dato nur legal spielbar. Reinhard Blaukovitsch bleibt gelassen. "Also, wir sehen nichts von einem Crack. Und die Kommentare von 3DM in der letzten Zeit sind für uns ein wenig unverständlich."

Dass auch Denuvo nicht unbeschränkt vor einem Crack schützt, streitet Blaukovitsch nicht ab – doch er sieht sich gut für den weiteren Wettlauf mit der Warez-Szene gerüstet. Mit welchen technischen Tricks er in Zukunft Spiele und Software schützen will, bleibt geheim. "Was ich aber sagen kann, ist, dass wir wachsen wollen – und C++ Programmierer suchen." (Rainer Sigl, 21.2.2016)