Hauptsache gesund: Das ist die wichtigste Nachricht für Eltern im Kreisssaal. Die Kaiserschnittrate ist mitunter deshalb gestiegen. Eine Operation scheint sicherer als eine natürliche Geburt.

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Es ist eine Pattstellung für Schwangere: Wenn das Baby nicht mit dem Kopf voran im Geburtskanal steckt, sondern mit dem Popo voraus zur Welt kommen will, machen sich Gynäkologen Sorgen. Eine Steißgeburt birgt Risiken. Einem allgemeinen Sicherheitsdenken zufolge wird der werdenden Mutter oft zu einem Kaiserschnitt geraten. Und welche Eltern würden sich in so einer Situation gegen den Rat eines Arztes stellen?

In Österreich kommt mittlerweile fas jedes dritte Baby per Kaiserschnitt zur Welt, obwohl es laut Weltgesundheitsorganisation nur bei zehn Prozent aller Geburten notwendig wäre. Steißgeburten bzw. die "Beckenendlage" sind eine klare Indikation.

Aber gerade für die Beckenendlage gibt es sehr wohl Techniken, die eine vaginale Geburt ermöglichen. Allerdings: Es sind Handgriffe, die Geburtshelfer regelmäßig trainieren müssen. Das Dilemma: Weil kaum mehr Kinder in Beckenendlagen auf natürlichem Weg auf die Welt gebracht werden, schwindet auch das geburtshelferische Wissen und die Erfahrung im Umgang mit dieser Situation.

Vorhandene Evidenz

Kaiserschnitte sind bei Steißgeburten oft die Entbindungsform der Wahl. Dazu hat auch die erste kontrollierte internationale Studie beigetragen (Term Breech Trial), die im Jahr 2000 in der Zeitschrift "Lancet" veröffentlicht worden ist und eine erhöhte Erkrankungs- und Sterberate in der unmittelbaren Phase nach der Geburt bei den Neugeborenen feststellte.

Allerdings wies sie mehrere methodische Mängel auf, etwa die Studiendauer und die unterschiedliche Qualifikation der beteiligten Geburtshelfer. Spätere Studien stellten dagegen, dass die Ergebnisse von vaginaler Geburt und Kaiserschnitt ähnlich sind. Langzeitdaten liegen bislang nicht ausreichend vor.

Eine Studie im Klinikum Nürnberg soll soll nun wissenschaftliche Grundlagen für diese Entscheidung liefern. Dort gibt es umfangreiche Erfahrungen mit Geburten von reifen Kindern in Beckenendlage, die bei etwa 150 der rund 3.000 Geburten gegeben ist.

Neue Fragestellung

Bei einer Steißgeburt werden zunächst das Gesäß und zuletzt der Kopf entbunden. Selten wird vorher versucht, das Kind vor der Geburt im Mutterleib zu drehen. Gelingt dieses Manöver nicht, muss während der Geburt der Sauerstoffversorgung des Ungeborenen über die Nabelschnur besonderes Augenmerk geschenkt werden. In einer erfahrenen Entbindungsklinik kann jedoch fast immer eine unkomplizierte vaginale Geburt realisiert werden.

"Unsere Nürnberger Daten zeigen derzeit, dass in Beckenendlage die Kaiserschnitt-Geburt verglichen mit der vaginalen Geburt für das Neugeborene keine Vorteile bringt. Auch die internationale wissenschaftliche Literatur hat dies belegt", erklärte Cosima Brucker, Chefärztin der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Universitätsklinik der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität. "Aber wir überblicken bislang nur den Zeitraum unmittelbar nach der Geburt."

Für die Studie werden 450 Eltern angeschrieben, deren Kind nach Beckenendlage in den Jahren 2014 bis 2016 im Klinikum Nürnberg geboren wurden. Ihnen wird eine zusätzliche Untersuchung ihres Kindes nach zwei Jahren angeboten, die den Entwicklungsstand testet.

Zusätzlich werden ihre persönliche Erfahrungen mit der Geburt und mögliche Konsequenzen erfragt. Als Vergleichsgruppen dienen Eltern und Kinder, die nach Beckenendlage mit Kaiserschnitt oder in Schädellage vaginal entbunden wurden."Die Studienergebnisse werden wir voraussichtlich 2018 vorstellen und veröffentlichen können. Wir wollen einen damit einen wissenschaftlichen Beitrag dazu leisten, dass die Eltern bei ihrer Entscheidung für eine Entbindungsform noch sicherer sein können", erklärte Brucker. (red/idw, 22.2.2016)