Die grüne Familiensprecherin Judith Schwentner kritisiert, das neue Kinderbetreuungskonto gehe "immer noch davon aus, dass Vater, Mutter, Kind unter einem Dach leben, und ist von einem extrem konservativen Familienbild geprägt".

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Wien – Die grüne Familiensprecherin Judith Schwentner kritisiert das geplante Gesetz für ein Kinderbetreuungsgeldkonto, das Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) in Kürze durch den Ministerrat bringen will. Der Rechtsanspruch auf einen Papamonat und der aktuell nicht vorgesehene Kündigungsschutz für diese Zeit – beides will Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) noch in dieser Woche nachverhandeln – sind für Schwentner "das Mindeste", was an diesem "komplett unausgegorenen Entwurf" zu ändern sei.

Im STANDARD-Gespräch sagt Schwentner: "Die Regelung geht immer noch davon aus, dass Vater, Mutter, Kind unter einem Dach leben, und ist von einem extrem konservativen Familienbild geprägt."

Die Eckpunkte des Entwurfs: Statt vier Bezugsvarianten plus dem einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld steht Eltern künftig die Pauschalsumme von 12.366,20 Euro zur Verfügung. Wie das Geld innerhalb eines Zeitraums von zwölf bis 35 Monaten aufgeteilt wird, bleibt Entscheidung des oder der Einzelnen, sofern es einen Partner gibt, der die maximal 28 Monate Bezugsdauer auf 35 Monate verlängert. Das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld bleibt bestehen.

Familienzeit

Ebenfalls neu: Das Gesetz sieht eine Art Papamonat vor, der jetzt Familienzeit heißt und mit 700 Euro abgegolten wird. Die Summe ist ein Vorgriff auf das Kinderbetreuungsgeld und reduziert letztlich dessen Gesamtsumme. Wer sich die Kinderbetreuung fifty-fifty (oder 60:40) teilt, erhält einmalig 500 Euro pro Person extra.

Die grüne Kritik setzt an mehreren Stellen an:

  • Falle für Partner: Auf die Familienzeit hat man(n) nicht nur keinen Rechtsanspruch (wer in Bildungskarenz oder arbeitslos ist, Zivil-, oder Präsenzdienst leistet, ist überhaupt ausgeschlossen), man ist auch nicht kündigungsgeschützt. Plus: Wer nicht zum gleichen Arbeitgeber zurückkehrt, muss die 700 Euro zurückzahlen. Auch dass getrennt lebende Väter keine Familienzeit nehmen können, weil ein gemeinsamer Haushalt Anspruchsvoraussetzung ist, stößt auf grünes Unverständnis: "Minderheitenprogramm."
  • Geringer Anreiz: Der Partnerschaftsbonus von insgesamt 1.000 Euro ist für die Grünen "kein wirklicher Anreiz". Karmasin verbindet damit ohnehin nur bescheidene Ziele: Drei Prozent der Paare will sie bis 2020 zur gleichberechtigten Aufteilung der Kinderbetreuung motivieren.
  • Alleinerziehende: Zwar haben alleinerziehende Elternteile, die als Härtefall gelten, drei statt bisher zwei zusätzliche Monate Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld. Von der Regelung haben 2014 aber nur 40 Personen Gebrauch gemacht. Alleinerziehende, die nicht als Härtefall gelten, haben mit der Neuregelung nur mehr 28 statt 30 Monate Anspruch.
  • Weniger Wochengeld: Frauen, die während des Kindergeldbezugs erneut schwanger werden, bekommen künftig deutlich weniger Wochengeld. Im Gesetzesentwurf ist ein Einsparungsziel von 5,3 Millionen Euro genannt.
  • Komplex: Viele andere Details seien für Betroffene nur schwer verständlich. Schwentner findet: "Von einer Vereinfachung kann keine Rede sein." (Karin Riss, 10.3.2016)