Tüpfelhyänen leben in weiblich dominierten Gruppen. Männliche Nesthocker können auf die Unterstützung ihrer Mütter zählen.

Foto: IZW/Eve Davidian

Berlin – Von wegen zweite Wahl: Auch Hyänenmännchen, die zu Hause bleiben, können in der Fortpflanzung erfolgreich sein. Sie zeugen mitunter genauso viele Nachkommen wie ihre abenteuerlustigen, abwandernden Artgenossen, wie Forscher des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in "Science Advances" berichten. Unterstützt werden sie dabei von ihren Müttern.

Bei vielen Säugetieren wandern vor allem junge Männchen nach der Geschlechtsreife ab, um sich anderswo fortzupflanzen. Doch bei den meisten Arten gibt es auch Nesthocker. Sie gelten gemeinhin als Verlierertypen, die weniger Nachkommen zeugen, weil sie die zusätzlichen Risiken scheuen, die mit Abwanderung üblicherweise verbunden sind. Doch zumindest bei der Tüpfelhyäne (Crocuta crocuta) stimmt das so nicht, wie Forscher um Eve Davidian nun zeigen konnten.

Für ihre Studie untersuchten die Biologen über einen Zeitraum von 20 Jahren die gesamte Tüpfelhyänenpopulation des Ngorongoro-Kraters in Tansania. Sie zeichneten demographische Daten der acht dort beheimateten Clans auf und verknüpften diese mit Daten zu Auswanderungsverhalten, Gruppenwahl, Überlebensdauer und Fortpflanzungserfolg von über 250 Hyänenmännchen.

Privilegierte Daheimgebliebene

Wie erwartet, wanderten die meisten Hyänenmännchen des Ngorongoro-Kraters aus ihrer Geburtsgruppe ab. Insgesamt blieben jedoch mehr Männchen zu Hause, als aufgrund der Verteilung der jungen Weibchen zu erwarten war. Warum das so ist, liegt offenbar in der Sozialstruktur begründet: Mütter verschaffen Nesthockern Vorteile. Denn im matriarchalischen System der Tüpfelhyänen beeinflussen Weibchen den Wettbewerb der Männchen.

"Mütter unterstützen ihre daheimgebliebenen Söhne und sorgen dafür, dass diese einen hohen sozialen Rang in der Rangfolge der Männchen erlangen. Dadurch haben die Nesthocker privilegierten Zugang zu Ressourcen und Weibchen und können viel Zeit in den Aufbau von Beziehungen zu Weibchen investieren", sagt Davidian. Das zahlt sich offenbar aus: Nesthocker zeugen ihre ersten Nachkommen früher als Abwanderer und paaren sich fast ausschließlich mit ranghohen Weibchen, die wiederum besonders erfolgreich bei der Aufzucht ihrer Jungen sind.

Individuelle Strategie

Damit konnte zum ersten Mal für ein gruppenlebendes Säugetier empirisch gezeigt werden, dass Nesthocker mindestens so erfolgreich sein können wie Abwanderer. Abwanderung ist zwar ein Schlüsselfaktor ökologischer und evolutionärer Prozesse. Bisher war jedoch unklar, weshalb sich Individuen desselben Geschlechtes einer Art in ihrer Abwanderungstendenz unterscheiden.

Die Ergebnisse der Langzeitstudie liefern dazu neue Erkenntnisse und tragen zum Verständnis der Prozesse bei, die zur Koexistenz von Ortstreue und Abwanderung im gleichen Geschlecht führen, so die Forscher. Doch egal, für welche Strategie sich ein heranwachsendes Männchen letztlich entscheidet, das Ziel bleibt unverändert: Fortpflanzung. (red, 21.3.2016)