Frankreichs Regierung nimmt die "Road to Zero" wörtlich: Tausend Kilometer an mit Fotovoltaik-Paneelen "gepflasterten" Straßen will Umweltministerin Ségolène Royal (Bild) in den nächsten Jahren bauen lassen.

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Am 12. Dezember 2015 wurde in Paris ein neues globales Klimaschutzabkommen unterzeichnet. Es verpflichtet 195 Staaten der Erde, bis 2050 alles zu unternehmen, um die Erderwärmung bei maximal zwei Grad Celsius zu halten (und besser noch, auch das ist explizit angeführt, bei 1,5 Grad). Erreicht werden soll das mit einer globalen Reduktion der Kohlendioxidemissionen bis 2050 auf nahe null.

Neben dem Verkehr ist auch der Gebäudesektor stark gefordert, schließlich fließt mehr als ein Drittel der in den Industrienationen verbrauchten Energie in den Betrieb von Gebäuden, vor allem in die Beheizung. Was die einschlägige österreichische "Roadmap" betrifft, ließ Lukas Kranzl von der TU Wien (e-think energy reserach) am vergangenen Montag auf einer Veranstaltung namens "Road to Zero – 100 Tage nach Paris" keine allzu euphorische Stimmung aufkommen: "Wir sind derzeit nicht nur vom Ziel einer weitestgehenden Dekarbonisierung bis 2050 weit entfernt, sondern sogar vom Pfad hin zu diesem Ziel", sagte er mit Blick auf aktuelle Entwicklungen.

Falsche Signale

Von der Politik kamen zuletzt aber genau die falschen Signale, nämlich unter anderem die Halbierung des Geldes für die "Sanierungsscheck"-Aktion oder die Einführung des "Sonderausstattungskatalogs" im geförderten Wohnbau Oberösterreichs, "in dem das Wort Klimaschutz kein einziges Mal vorkommt", ärgerte sich Robert Lechner, Organisator der Veranstaltung und Chef des Österreichischen Ökologie-Instituts.

Falls nun rasch ziemlich radikale Maßnahmen umgesetzt werden, dann sei es aber grundsätzlich möglich, die Ziele zu erreichen, sagte Kranzl. So sollten etwa "eigentlich ab sofort", zumindest aber ab 2020 keine fossilen Heizsysteme mehr verkauft werden, denn Heizkessel hätten in der Regel eine Lebensdauer von 20 bis 30 Jahren. Was den Anteil an erneuerbaren Energieträgern für Heizen bzw. Kühlen von Wohngebäuden betrifft, sei Österreich zwar schon weiter als Deutschland, aber fossile Heizkessel seien hierzulande immer noch in 60 bis 70 Prozent aller Wohngebäude zu finden.

Und Ölheizungen werden auch immer noch gefördert, kritisierte Johannes Wahlmüller von der Umweltorganisation Global 2000 – obwohl der Ölpreis derzeit so niedrig ist wie schon lange nicht.

Passivhaus als Standard

Für Wahlmüller ist "genau jetzt" die Zeit, den richtigen Pfad zu betreten. Neben dem Bann fossiler Heizsysteme und einer Vervielfachung des Volumens für den Sanierungsscheck fordern die Experten im Neubau ab 2017 in den Bauordnungen den klima:aktiv-Gold-Standard bzw. das Passivhaus als einzigen erlaubten Baustandard. Für Lechner führt daran "jedenfalls im Neubau, wahrscheinlich auch in der Sanierung, kein Weg vorbei". Günter Lang von Passivhaus Austria verwies auf Brüssel und Dublin, wo das Passivhaus mittlerweile der Mindeststandard ist.

Lechner sieht außerdem erhebliches Einsparpotenzial beim Pro-Kopf-Verbrauch an Wohnfläche. 1991 lag diese noch bei 33 Quadratmetern, 2012 waren es schon 44,3 – ein Anstieg um ein Drittel. Könnte hier wieder eine Reduktion erreicht werden, würde sich diese gemeinsam mit Effizienzsteigerungen im Energieverbrauch "doppelt rechnen".

Alle Player an einem Tisch

Herbert Greisberger von der Energie- und Umweltagentur NÖ ortet aber generell "sehr wenige Aktivitäten und kaum Diskussionen" über die "Road to Zero"-Strategie, also den Pfad hin zur Erreichung der Klimaschutzziele in Österreich, und stellte fest, dass die Flüchtlingskrise und der Terror das Umweltthema aus den Nachrichten verdrängt haben.

"Auf politischer Basis geschieht genau gar nichts", klang auch Architektin Ursula Schneider, Vorsitzende des Ausschusses Nachhaltigkeit in der Bundeskammer der Architekten, eher resignierend. Und auch Günter Liebel, Sektionschef im Umweltministerium, der im Dezember in Paris dabei war, sieht nur dann eine Chance, wenn es gelingt, sämtliche – zahlreiche – Player schleunigst an einen Tisch zu bringen. (Martin Putschögl, 25.3.2016)