Die Künstlerin Barbara Vörös macht Wandmalereien in Schwarz-Weiß. Da muss das Arbeitszimmer schon mal als Probebühne herhalten. Nur das Wohnzimmer wird man in ihrer Wiener Wohnung vergeblich suchen.

"Ich bin ganz entzückt davon, wie ich zu diesem Wohngespräch gekommen bin. Vor einiger Zeit habe ich ein schönes Wohngespräch im Standard gelesen, das mich sehr inspiriert hat. Ich dachte mir, wie gern ich meine Wohnung zur Verfügung stellen würde, um auch einmal vor der Kamera über das Wohnen zu sinnieren, und schon bekomme ich am nächsten Tag einen Anruf. Da sind wir also.

"Ich bin zwar kein materieller Typ, aber ich habe ziemlich viel Klimbim herumliegen und herumstehen." Barbara Vörös in ihrem Arbeitsuniversum in Wien-Meidling.
Foto: Lisi Specht

Ich wohne in einer Mietwohnung im zwölften Bezirk, nicht weit vom Wienfluss entfernt. Zweiter Stock, kein Lift, 90 Quadratmeter, Kategorie B ohne Zentralheizung, Fenster in zwei Himmelsrichtungen, und man kann im Kreis herumgehen, weil alle Zimmer miteinander verbunden sind. Eigentlich wollte ich nie in den Zwölften ziehen, aber mittlerweile bin ich Meidling-Fan. Ganz besonders mag ich den Meidlinger Markt, auf dem ich nicht nur meine Einkäufe erledige, sondern auch immer wieder spontan einen Kaffee trinken gehe, wenn ich das Bedürfnis habe, Leute zu sehen. Oder einfach ein wenig zu quatschen.

Was das Wohnen selbst betrifft: Mit der klassischen Aufteilung der Räume nach Möbeln und Funktionen hab ich's nicht so. Ich frage mich immer: Was brauche ich wirklich? Ich habe zum Beispiel kein Regal für meine Bücher, denn die stehen am Boden gestapelt, nach Farben sortiert. So sieht es schöner, kompakter und ordentlicher für mich aus. Ein Regal ist nur ein Staubfänger. Einen Fernseher habe ich auch nicht. Ja nicht einmal ein Wohnzimmer gibt es. Nachdem ich gemerkt hatte, dass meine Kinder und ich das Wohnzimmer wenig nutzen, habe ich es zum Arbeitszimmer umbenannt. Von da an musste ich meine Arbeitssachen nie wieder wegräumen, was mir eh schon längst auf die Nerven gegangen war, weil es mich regelmäßig im Arbeitsfluss gestört hatte.

Ich mag schöne Möbel. Sie sind wunderbar zum Anschauen. Aber bei mir daheim umgebe ich mich lieber mit Dingen, die ich gefunden oder billig am Flohmarkt erstanden habe. Das hat zum einen mit Geldsparen zu tun, zum anderen stark mit den eigenen Vorstellungen und der eigenen Kreativität. Ich liebe es, Neues auszuprobieren. Und zu verändern.

Der Arbeitstisch beispielsweise besteht aus zwei Heurigentischen. Die Couch habe ich bei einem Altwarenhändler in der Kettenbrückengasse gekauft. Das ist eine Holzbank mit Matratzensegmenten aus Rosshaar. Besonders gern habe ich den alten Kachelofen, mit dem ich fast die ganze Wohnung heizen kann. Ich würde inzwischen nicht anders heizen wollen.

Neben den großen Möbeln habe ich ziemlich viel Klimbim herumliegen und herumstehen: Souvenirs aus aller Welt und Kleinzeug, das ich da und dort gefunden habe. Ich bin zwar kein materieller Typ, aber in diesem Fall ermöglichen mir die kleinen Gegenstände den Weg zu Geschichten, zu ganz bestimmten Erinnerungen. Ich brauche das Klimbim, aber ich kann es im nächsten Moment auch wieder loslassen, weil ich all diese Universen, die im Klimbim drin sind, längst in mir trage.

Und dann ist hier drin natürlich vieles schwarz und weiß, so wie Licht und Schatten, wie Tag und Nacht. Für mich ist das der stärkste Kontrast, den es gibt. Zugleich empfinde ich Schwarz und Weiß als eine sehr klare Sprache. Die grafischen Elemente begleiten mich bereits seit Jahren. Ich habe schon etliche Kunstwerke im privaten und öffentlichen Raum hinterlassen.

In meinem Arbeitszimmer gibt es überall kleine Proben, die an der Wand hängen oder die ich direkt auf den Putz gemalt habe. In gewisser Weise ist das Arbeitszimmer ein Mischding aus Psychogramm und Biografie. Irgendwann einmal, in vielen Jahrzehnten, wird irgendein Nachmieter die Wandfarben abspachteln, das Schwarz-Weiß freilegen und sich wundern." (4.4.2016)