Sorgt für Aufregung unter Ökonomen: Christian Felber.

Foto: Christian Felber

Wien – Mit einem Protestbrief will eine Gruppe namhafter Ökonomen dafür sorgen, dass der Ex-Attac-Aktivist Christian Felber aus einem Lehrbuch für Gymnasien gestrichen wird. In dem Buch "Geospots", das für die siebte und achte Klasse vorgesehen ist, wird Felber mit seinem Entwurf einer Gemeinwohl-Ökonomie neben Ökonomiegrößen wie John Maynard Keynes oder Milton Friedman als Wirtschaftstheoretiker präsentiert.

Screenshot aus dem offenen Brief

Die Ökonomen rund um den Chef des Makroökonomie-Instituts der Wirtschaftsuni Wien, Jesus Crespo Cuaresma, sammeln derzeit Unterschriften für einen Brief an Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ). Felber verfüge über keine ökonomische Ausbildung und könne keine wissenschaftlichen Publikationen vorweisen, heißt es in einem Mail an Kollegen. Dass er so prominent Platz in einem Lehrbuch findet, sei ein "Affront für alle österreichischen Wirtschaftsforscher".

Am Freitagvormittag haben den Brief bereits über 100 Ökonomen unterschrieben, darunter finden sich viele Forscher der Wirtschaftsuni und der Institute IHS und Wifo. Auch der ehemalige IHS-Chef Christian Keuschnigg ist dabei.

Der Brief der Ökonomen.
Screenshot

Felber bezeichnet die Reaktion der Wissenschafter als "sehr heftig". Dass man nur deshalb gleich das Lehrbuch aus dem Verkehr ziehen wolle, zeige, dass der "größtmögliche Schmerzpunkt der Mainstream-Ökonomie" getroffen worden sei, sagt er zum STANDARD. Er sei aber selbst "leicht überrascht" gewesen, auf einer Ebene mit Keynes, Marx oder Friedman genannt zu werden.

Die Kritik der Forscher, er sei kein akademisch ausgebildeter Ökonom, sieht er fehl am Platz. "Mein Verdienst ist es gerade, dass ich kein verdienter Professor im wirtschaftswissenschaftlichen Mainstream bin." Der Begründer der Ökonomie, Adam Smith, sei selbst kein Ökonom, sondern ein Moralphilosoph gewesen. Im Vorjahr habe er 131 Vorträge in 25 Ländern gehalten, zig Leute hätten ihn schon für einen Nobelpreis vorgeschlagen, auch wenn das keine "ernsthafte Option" sei.

Gemeinwohl statt Profit

Felber setzt sich mit seinem Entwurf einer "Gemeinwohl-Ökonomie" dafür ein, wirtschaftlichen Erfolg nicht an Kennzahlen wie dem Bruttoinlandsprodukt oder der Rendite zu messen, sondern am Beitrag für das Wohlergehen aller. Schon 350 Unternehmen führen eine sogenannte Gemeinwohlbilanz, sagt Felber.

Das Bildungsministerium lässt in einer Stellungnahme ausrichten, Felber sei wegen seiner Bekanntheit unter Schülern als Vertreter alternativer Wirtschaftstheorien ausgewählt worden. Er komme aber nur in der Grafik vor, nicht im Fließtext. In der nächsten Auflage des Lehrbuchs werde Felber mit dem indischen Ökonomen Amartya Sen, einem Nobelpreisträger, ersetzt.

Den Anstoß für die Debatte brachte ein Artikel auf NZZ.at, der am Wochenende erschien. (sat, 7.4.2016)