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Mit dem süßen Leben in den Steueroasen soll es bald vorüber sein.

Foto: APA/AFP/GETTY IMAGES/Joe Raedle

Straßburg/Wien – Die Enthüllungen rund um die Panama Papers lenken den Blick nicht nur auf Steuervermeidung durch vermögende Privatpersonen. Auch der Druck, die Steuertricks von Unternehmen transparent zu machen, steigt wieder. Konzerne rechnen ihre Steuerlast etwa durch Lizenzgebühren und Zinszahlungen an Tochterunternehmen in Niedrigsteuerländern klein.

Schon im Jänner hat die EU-Kommission Maßnahmen zum Stopfen dieser Schlupflöcher angekündigt, jetzt wurde noch einmal nachgeschärft. EU-Finanzmarktkommissar Jonathan Hill stellte die entsprechenden Vorschläge am Dienstag in Straßburg vor. Das Ziel der sogenannten "länderweisen Berichterstattung": Unternehmen wie Apple, Ikea und Starbucks sollen dort Steuern zahlen, wo sie wirtschaftlich tätig sind. Sie sollen in Zukunft an die jeweilige Steuerbehörde in ihrem Stammsitzland melden, in welchen EU-Ländern sie tätig sind, und in welchem Umfang.

6.500 Unternehmen betroffen

Zu diesen Eckdaten gehört die Mitarbeiterzahl ebenso wie Umsatz, Gewinn und die geleisteten Steuerzahlungen. Außerdem müssen die Angaben von den Konzernen – betroffen sind nur solche mit mehr als 750 Millionen Euro Jahresumsatz – auf ihrer Homepage veröffentlicht werden. Laut Hill würden die Pläne, die nun EU-Parlament und Mitgliedsstaaten zur Prüfung vorgelegt werden, 6.500 in der EU tätige Unternehmen und 90 Prozent der anfallenden Umsätze von Konzernen abdecken.

Neu dazugekommen ist in Reaktion auf die Panama Papers: Die Unternehmen sollen nicht nur über ihr Wirken in EU-Ländern, sondern auch über ihre Umsätze und Abgaben in Steueroasen Meldung erstatten. Welches Land Steueroase ist und welches nicht, will die Kommission auf einer neu einzurichtenden Schwarzen Liste festhalten. Angepeilt ist eine Vereinheitlichung bereits bestehender einzelstaatlicher Listen innerhalb von sechs Monaten.

Kaum Wirkung?

Für David Walch, Sprecher des globalisierungskritischen Netzwerks Attac, stellt die Verschärfung keinen großen Fortschritt dar. Entscheidend sei, dass wichtige Finanzplätze wie die USA oder die Schweiz, die ebenfalls Möglichkeiten zur Steuervermeidung bieten, nicht auf die Liste kommen würden. "Dazu ist der politische Druck zu hoch. Konzernen bleiben somit die wichtigsten Wege für Gewinnverschiebungen offen", so Walch zum STANDARD.

Transparenzgrad je nach Ort

Steuer- und Gewinndaten aus Staaten, die weder EU-Mitglieder noch als Steueroase gelistet sind, müssen nur aggregiert und nicht länderweise aufgeschlüsselt offengelegt werden. Hill argumentierte, dass die EU etwa einen US-Konzern nicht zwingen könne, seine wirtschaftlichen Zahlen für Singapur zu veröffentlichen.

Dass nicht nur die Behörden, sondern auch die Öffentlichkeit informiert werden muss, ist für Vertreter einer härteren Gangart gegen Steuervermeidungspraktiken übrigens besonders wichtig. "Die Steuerbehörden wissen viel, machen aber nichts. Deshalb ist öffentliche Transparenz so wichtig", so Sven Giegold, Europaabgeordneter der Grünen. Das von Gegnern geäußerte Argument, die EU könnte wegen der Veröffentlichungspflichten an Standortattraktivität einbüßen, teilt er nicht: "Es gibt keinen Konzern, der 500 Millionen potenzielle Kunden einfach ignoriert."

Auch Stefan Bendlinger, Partner bei der Icon Wirtschaftstreuhand, ist skeptisch, was die Effizienz der Pläne angeht: "Wenn, dann muss eine Offenlegung weltweit gelten." Werde in einem Land mit vielen Mitarbeitern nur ein geringer Gewinn gemeldet, sei das zwar ein guter Indikator dafür, dass die Steuerlast nicht dort geleistet wird, wo sie anfällt. Rechtliche Konsequenzen entstünden daraus aber noch nicht. (Simon Moser, 12.4.2016)