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Die Hirnscans der Probanden zeigen, dass sich durch LSD die Sinneseindrücke der Umwelt mit der Selbstwahrnehmung vermischen.

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Wenn Menschen die bewusstseinsverändernde Droge LSD nehmen, empfinden manche eine Auflösung jeglicher Grenzen, die sie von der Welt um sie herum trennen. Dieses Phänomen, auch als "Ich-Auflösung" bekannt, haben Wissenschaftler der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) in Zusammenarbeit mit internationalen Forschern jetzt genauer untersucht und die ersten funktionellen Magnetresonanzbilder (fMRI) von menschlichen Gehirnen unter LSD-Einfluss aufgenommen.

Bekannt ist schon lange, dass psychedelische Drogen die Fähigkeit nehmen können, sich selbst als getrennt von der Umwelt wahrzunehmen und stattdessen einen Zustand "allumfassenden Bewusstseins" entstehen lassen. Dieser Zustand ähnelt solchen Zuständen, die bei bestimmten psychiatrischen und neurologischen Erkrankungen vorkommen.

Die genaue organische Wirkung von LSD auf die Gehirnfunktion wurde bisher allerdings nicht untersucht. Mittels funktioneller Magnetresonanztomographie wurde nun die Gehirnaktivität von 15 gesunden Menschen untersucht, denen zuvor eine niedrige Dosis LSD verabreicht wurde. Die Forscher haben die Aufnahmen mit Bildern einer Kontrollgruppe verglichen, die Kochsalzlösung erhalten hat.

Gesamtvernetzung im Gehirn

"Wir konnten feststellen, dass unter Einfluss der Droge die Vernetzung von Regionen sogenannter höherer Hirnfunktion signifikant zunimmt", erklärt Helmut Laufs von der Klinik für Neurologie der CAU. "Diese Hirnregionen entsprechen genau den Bereichen, in denen sich die Rezeptoren befinden, die auf LSD reagieren." Die Zunahme der Gesamtvernetzung im Gehirn unter LSD-Gabe entsprach dem Grad der Ich-Auflösung, den die Probanden berichteten.

Die Forscher lokalisierten eine besonders starke Zunahme der Vernetzung innerhalb von fronto-parietalen Hirnregionen, die führend verantwortlich sind für die Ausbildung einer Selbstwahrnehmung. Insbesondere beobachteten sie eine Zunahme der Kommunikation zwischen diesen Teilen des Gehirns und sensorischen Arealen, die Informationen über die äußere Umgebung des Körpers empfangen und sie für die weitere Verarbeitung anderen Gehirnbereichen weitervermitteln.

"Die Hirnscans der Probanden deuten darauf hin, dass LSD die Sinneseindrücke aus der Umwelt unmittelbarer in die Selbstwahrnehmung miteinbeziehen lässt", sagt der Erstautor der Studie, Enzo Tagliazucchi. "Dieses Verschmelzen der Außenwelt mit der eigenen Innenwelt entspricht der Bewusstseinsänderung unter LSD mit Ich-Auflösung.

"In weiterführenden Studien wollen die Wissenschaftler am Imperial College in London künftig auch andere psychedelische Drogen und deren mögliche Verwendung bei der Behandlung von Erkrankungen einschließlich Depressionen und Angstzuständen untersuchen. "Die Ergebnisse dieser Studie zeigen auch den grundsätzlichen Nutzen der bildgebenden Verfahren für die Untersuchung verschiedener Bewusstseinszustände wie Schlaf und Narkose, aber zum Beispiel auch bei bestimmten Epilepsiesyndromen", sagt Laufs, der an der Klinik für Neurologie weiter in diese Richtung forschen wird. (idw, 15.4.2016)