Mit seinen überproportionalen Prämolaren könnte Malleodectes ein Schneckenspezialist gewesen sein.

Illustration: Peter Schouten

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Auch verschiedene Arten von Diprotodontidae lebten in Riversleigh. Die großwüchsigen Verwandten der heutigen Wombats gab es in den Dimensionen von Schafen bis Flusspferden.

Illustration: APA/EPA/ANNE MUSSER / AUSTRALIAN MUSEUM

Sydney – Im Nordwesten des australischen Bundesstaats Queensland liegt die Fossilienfundstätte Riversleigh, die buchstäblich eine Fundgrube für Paläontologen ist. Im Verlauf von 20 Millionen Jahren sind dort immer wieder Tiere in ein mittlerweile weitgehend erodiertes Kalksteinhöhlensystem gestürzt und haben Schichten über Schichten ihrer Knochen und Zähne hinterlassen.

Exotische Tierwelt

Und als hätte Riversleigh magnetische Anziehungskraft auf das Außergewöhnliche ausgeübt, fanden sich dort neben vielen vertrauten Spezies von Beuteltieren, Vögeln und Reptilien auch Fossilien, die milde ausgedrückt exotisch wirken: Ein übergroßes Schnabeltier etwa oder das kleine Beuteltier Yalkaparidon, das mit seinem ungewöhnlichen Gebiss wie ein Specht gelebt haben könnte. Nimbadon, ein Wombat von der Größe eines Schafs, das aber trotzdem in den Bäumen lebte wie ein Koala. Oder Ekaltadeta, ein kleines fleischfressendes Känguru mit Dolchzähnen, sowie ein mit Reißzähnen ausgestatteter Verwandter, der den Spitznamen "Fangaroo" erhielt.

Überhaupt sind klangvolle Spitznamen bei australischen Biologen offenbar recht beliebt: "Drop croc" nennt die University of New South Wales das ebenfalls in Riversleigh gefundene eineinhalb Meter lange Krokodil Trilophosuchus, zu dem einige Forscher die Hypothese aufgestellt haben, es habe in Bäumen gelebt und sich wie ein Leopard auf seine Beute fallen lassen. Und der drei Meter hohe Riesenvogel Dromornis, ein Verwandter von Enten und Gänsen, erhielt die fantastische Beschreibung "Demon Duck of Doom" verpasst.

Dromornis stirtoni ist einer der Anwärter auf den Titel größter Vogel aller Zeiten.
Foto: APA/AFP/Steve Strike

Nun ist die Riversleigh-Fauna um ein Exotikum reicher: Schneckenliebhaber. Vor vier Jahren haben Forscher die ersten Fossilien einer unbekannten Beuteltiergattung ausgegraben, die die Bezeichnung Malleodectes erhielt. Ihr Markenzeichen: "Hammerartige" Backenzähne, wie man sie von keinem anderen Säugetier kennt – ob heutig oder ausgestorben.

Es gibt aber Parallelen zum Schneckenskink, einer in Ostaustralien beheimateten Reptilienart, die sich ihrem Namen entsprechend auf Schnecken als Nahrung spezialisiert hat. Malleodectes könnte ähnlich gelebt haben, mutmaßen Biologen um Mike Archer und Scott Hocknull von der University of New South Wales. Die hammerartigen Prämolaren hätten auch die dicksten Schneckenhäuser knacken können.

Beim zuletzt gefundenen jungen Malleodectes waren die mächtigen Backenzähne noch nicht durchgebrochen.
Foto: Karen Black und Suzanne Hand/UNSW

Neue Funde, über die die Forscher im Fachmagazin "Scientific Reports" berichten, erweitern unser Bild von diesen außergewöhnlichen Beuteltieren, die vor etwa 15 Millionen Jahren lebten. Man fand den gut erhaltenen Schädel eines noch nicht ausgewachsenen Malleodectes, der noch seine Milchzähne hatte – die "Schneckenhämmer" waren noch nicht durchgebrochen.

Dass endlich einmal mehr als einzelne Zähne gefunden worden waren, ermöglichte erstmals auch eine Einschätzung der Verwandtschaft. Laut Archer dürfte Malleodectes zu den Raubbeutlern gehört haben und damit mit den heutigen Beutelteufeln und vielleicht auch dem ausgerotteten Tasmanischen Tiger verwandt gewesen sein.

Was das in Riversleigh gefundene Exemplar betrifft, vermuten die Forscher, dass es sich an seiner Mutter festgeklammert hatte, als diese im feuchtwarmen Wald rund um die Höhle auf Schneckenjagd gegangen war. Dann verlor es aus irgendeinem Grund den Halt und stürzte in die Höhle, aus der es nicht mehr herausklettern konnte: ein Schicksal, das es mit unzähligen anderen Tieren teilte. (jdo, 5. 6. 2016)