Foto: derStandard.at/Pichler
Foto: derStandard.at/Pichler

Unerwartet hochkarätig ist die diesjährige Präsentation von Lokalmatador Asus auf der Computex in Taipeh ausgefallen. Mit dem Zenbook 3 lieferte man einen Konkurrenten für das Macbook Air. Mit dem Zenfone 3 will man sich mit Smartphone-Platzhirschen wie Apple und Samsung matchen. Und mit Zenbo versucht man sich an einer im Consumer-Bereich bislang noch unerschlossenen Produktkategorie: dem "Familienroboter".

Die Vision ist umfangreich. Zenbo soll proaktiv an anstehende Termine erinnern, Fragen beantworten, vernetzte Heimgeräte steuern, Kinder unterhalten und dabei auch noch individuell auf einzelne Nutzer eingehen können. Ein Butler eines neuen Zeitalters, eine Maschine, die es im Werbefilm des Herstellers sogar auf das jährliche Familienfoto schafft. Der Webstandard hat auf der IT-Messe in Taiwan die Möglichkeit genutzt, die Einlösung des Versprechens auf ihren aktuellen Stand zu testen.

Foto: derStandard.at/Pichler

Nicht unfallfrei

Eine halbe Stunde lang führten Vertreter des Unternehmens ihren Schützling vor. Sie deckten dabei eine Reihe der Szenarien ab, die der Promotion-Clip zeigt. Zenbo wurde über die Bühne geschickt, ausgefragt, als Streaming-Gerät verwendet, als Notfallhelfer gefordert und zum Tanzen gebracht. Längst nicht alles verlief reibungslos.

Mitunter hatte der rollende Roboter gröbere Schwierigkeiten, Spracheingaben zu verstehen. Dies schien aber nur teilweise der messebedingt erhöhten Umgebungslautstärke geschuldet – gegenüber befand sich der Ausstellungsbereich für die Gaming-Hardware von Acer -, sondern auch an der Verarbeitung an sich. Zenbo reagiert derzeit nur auf englische Ansprache und kommt mit stärkeren Akzenten nicht besonders gut zurecht.

Auch WLAN-Probleme plagten den Butler 2.0. Dementsprechend verlief die Vernetzung zwischen einem Smartphone-Spiel und dem Roboter erfolglos, ebenso wie anfangs auch die Suche nach einem Rezept für eine Meeresfrüchte-Paella. Übrigens exakt die gleiche Anfrage, die man auch im Promo-Clip sieht.

derStandard.at/Web

Notfallerkennung nur per Armband

Auch wenn Zenbo versteht, was von ihm gewollt wird, hat seine Reaktionszeit in der Praxis mit jener aus der Werbung noch nicht viel zu tun. Mitunter vergehen einige Sekunden, bis etwas passiert. Auf die Aktivierungsphrase "Hey, Zenbo" reagiert er allerdings zuverlässig, allerdings auch einen Tick langsamer.

Ein Defizit die im Video so nicht zu erkennen ist, wurde bei der Vorführung ebenfalls geklärt. Zenbo ist in der Lage, Hilfe zu holen, wenn jemand stürzt. Dies tut er allerdings nicht, weil er anhand eigener Bordmittel – also etwa über die Kamera – die Problemsituation zu erkennen, sondern nur wenn die entsprechende Person eine Smartwatch oder ein Fitnessband trägt, das entsprechende Daten übermittelt, aus welchen sich ein Sturz ableiten lässt.

Praktisch ist dafür die Fähigkeit von Zenbo, Medieninhalte nicht nur abzurufen und anzuzeigen, sondern sie auch an andere Geräte zu streamen. Ebenso lässt sich Zenbo als "Hilfsterminal" nutzen, mit dem beispielsweise ältere Menschen Verwandte für technische Fragen kontaktieren können.

Foto: derStandard.at/Pichler

Kontrollierte Testbedingungen

Mit einer Quizrunde auf dem Niveau einer Bezahlanruf-Fernsehshow ermöglichte Asus schließlich drei neugierigen Zusehern, mit dem Roboter zu "spielen". Im Austausch für ein bisschen Würde ergriff der Autor dieser Zeilen die Chance. Das Experiment war allerdings ernüchternd.

Statt zumindest komplexere Kommandos wie das Herbeirufen oder Einschalten des Fernsehers zu ermöglichen, durften nur drei aus einer Liste von etwa zehn Fragen gewählt werden. Diese lauteten etwa "Hey, Zenbo, wie groß bist du?" oder "Was kannst du?" und stellten daher maximal eine Herausforderung für die Spracherkennung dar. Das an sich große Potenzial eines maschinellen Haushaltshelfers ist auf diese Weise nicht einmal in Spurenelementen zu erahnen.

Foto: derStandard.at/Pichler

Wenig konkretes, aber viel Potenzial

Nichtsdestotrotz konnte Asus zumindest in der eigenen Präsentation aufzeigen, dass derlei Geräte langfristig Zukunft haben. Zenbo hat zwar noch keinen offiziellen Starttermin, eine Veröffentlichung Ende des Jahres oder Anfang 2017 erscheint allerdings nicht unwahrscheinlich. Mit 599 Dollar gibt es immerhin bereits eine Preisangabe.

Seine Generation wird zuerst eine Nische besetzen, die in den kommenden Jahren mit dem weiteren Voranschreiten des Internet der Dinge in den Mainstream wachsen dürfte. (Georg Pichler aus Taipeh, 09.06.2016)