Die Melanzani ist für mich ein wenig der Schweinebauch unter den Gemüsen: üppiger, intensiver, befriedigender als der Großteil der Konkurrenz, und richtig behandelt wunderbar löffelweich – das perfekte Wohlfühl-Essen. Sogar die Affinität zum Rauch teilt die Melanzani mit der Unterseite des Schweins, was sie zu einem idealen Grillgemüse macht.

Meine liebste Zubereitungsart ist nach wie vor, sie auf der Glut, dem Rost, oder, wenn es gar nicht anders geht, im Ofen, außen verkokeln zu lassen: Die verbrannte äußere Schicht gibt ihr eine wunderbare, leicht bittere Rauchnote, das Fruchtfleisch, beim Braten oft ein wenig schwammig, verwandelt sich in einen saftig-cremigen Gaumenschmeichler. Öl, dass die Melanzani gern in unappettitlichen Mengen saugt, kommt dabei überhaupt nicht zum Einsatz.

Foto: Tobias Müller

Die Melanzani stammt ursprünglich aus Südost-Asien und soll in Indien oder China irgendwann um 300 vor Christus erstmals kultiviert worden sein. Bis heute ist sie in allen Küchen zwischen Delhi und Tokio sehr beliebt. Die Japaner, die wahrscheinlich mehr vom Essen verstehen als sonst wer auf der Welt, huldigen ihr (angeblich, ich spreche kein japanisch) sogar in einem ihrer Sprichwörter: "Für immer gesegnet ist derjenige, der an Neujahr Mount Fuji, einen Habicht und eine Melanzi sieht." Und die Türken gaben einem ihrer Melanzani-Gerichte ob seiner umwerfenden Köstlichkeit den Namen "Imam Bayildi", der Imam fällt in Ohnmacht. (Das chinesische Gericht "Buddha springt über eine Mauer", obwohl Melanzani-frei, hat eine ähnliche Geschichte hinter seiner ungewöhnlichen Bezeichnung)

Das folgende Rezept kommt aus der ursprünglichen Heimat der Melanzani. Es ist vom Soulfood in Bangkok abgeschaut, einem meiner Lieblingslokale (und Bars) in der Stadt. Deren Thai-Melanzani-Salat mit Entenei und knusprigem Speck ist eines der besten Gerichte, die mir in Thailand unter gekommen sind – was bei der Dichte an Köstlichkeit schon was heißt. Es ist zudem furchtbar einfach nachzubauen und auf jeder Grillparty mit ein paar Handgriffen machbar. Trotz seiner Schlichtheit ist es, ganz Thai, geschmacklich extrem vielseitig: bitter und scharf, süß, salzig, krautig und dank weichem Ei extra fett-cremig. Daneben setzt es auf eine Kombination, die mich beim ersten Mal überrascht hat, aber super harmoniert: Melanzani und frische Minze.

Mit Frühlingszwiebeln

Ich kenne das Soulfood-Rezept nicht genau und habe mehr nach Erinnerung gearbeitet. Das Entenei habe ich durch ein Hühnerei ersetzt, weils leichter zu bekommen und ohnehin wurscht ist, den Speck habe ich weggelassen, weil alles, was mit Speck serviert wird, wenn man nicht aufpasst, nur mehr flugs nach Speck schmeckt. Ich glaube außerdem, dass im Originalrezept Tamarinde zum Einsatz kommt – das habe ich aus schlichten Versorgungsproblemen wegrationalisiert. Dafür habe ich – für die Süße und Extra Raucharomen – ein weiteres Gemüse hinzu gefügt, das von glühenden Kohlen erst richtig gut gemacht wird: verbrannte Frühlingszwiebel.

Foto: Tobias Müller

Von Anfang bis Ende dauert die Zubereitung etwa 40 Minuten, Grill anzünden exklusive. Melanzani und Zwiebel zu übergaren, ist nur sehr schwer möglich, sie verbrennen sie schließlich absichtlich ein wenig. Und es ist auch überhaupt kein Problem, dass Gericht leicht ausgekühlt bzw. lauwarm zu servieren – es gibt also keinerlei Grund, dass Sie sich bei seiner Zubereitung stressen lassen.

Verbrannte Melanzani mit ebensolchen Zwiebeln, Ei und Kräutern (mehr oder weniger abgeschaut vom "Soulfood" in Bangkok)

Sie brauchen für zwei Personen:

2 dicke Melanzani
2 Eier
1 Bund Frühlingszwiebel
1 Handvoll Koriander und ein wenig frische Minze, eventuell etwas Petersil
Fischsauce (kommen Sie nicht auf dumme Ideen und lassen die weg. Unter Umständen könnten Sie sie mit Anchovis ersetzen, aber da sind Sie dann auf sich gestellt, das hab ich nicht probiert.)
Brauner Zucker
Thai-Chili
Eventuell etwas Essig

Stechen Sie die Melanzani rundherum mit einem spitzen Messer ein paar Mal an, damit sie ja nicht über der Hitze explodiert. Legen Sie sie entweder direkt auf glühende Kohlen, auf den Rost über direkter starker Hitze (oder, falls Sie wirklich nicht grillen wollen oder können, in den Backofen direkt unter den Grill) und braten sie so lange, bis sie auf allen Seiten ordentlich dunkel bis verbrannt ist. Sie sollte etwas verschrumpelt in sich zusammen sacken und sehr weich sein. Wenn sie zu sehr verkohlt, bevor sie weich ist, lassen Sie sie im etwa 200 Grad warmen Kugelgrill/Ofen weiter ziehen.

Foto: Tobias Müller

Grillen Sie währenddessen die Frühlingszwiebel samt ihrem Grün über direkter Hitze/auf Kohle/im Grill, bis sie ebenfalls schön weich und ordentlich braun-schwarz sind. Allzu verkohlte, komplett vertrocknete Teile einfach abziehen und wegschmeißen.

Foto: Tobias Müller

Kochen Sie währenddessen die Eier weich (ich mag sie sehr weich, eher noch flüssig, aber das ist Geschmacksfrage) und mischen Sie vier Esslöffel Fischsauce mit ein, zwei Esslöffeln braunen Zucker und, nach Geschmack, klein gehackten Thai-Chili. Ich finde, das Gericht soll brennen, außerdem schluckt die Melanzani einiges an Schärfe, ich spare hier also nicht. Wer will, der mischt noch einen Schuss Essig für die Säure rein.

Lassen Sie Melanzani und Zwiebel ein wenig auskühlen, bis Sie beides angreifen können, ohne sich die Finger zu verbrennen. Halbieren Sie die Melanzani, schneiden die Zwiebel in mundgerechte Stücke und verteilen Sie die Zwiebel auf den Schnittflächen der Melanzani (die sollte übrigens löffelweich sein und braunen Saft verlieren).

Halbieren Sie mit einem Messer ein weiches Ei über jeweils zwei Melanzanihälften und löffeln bzw. schütten seinen Inhalt ebenfalls darüber. Übergießen Sie alles mit der Fischsauce-Chili-Zucker-Mischung. Bestreuen Sie Ihr Werk mit den grob gehackten Kräutern und servieren es auf sich allein gestellt, als Beilage oder mit heißem Reis.

Foto: Tobias Müller

Löffeln Sie es aus oder verzehren es komplett mit Schale. Alternativ kann die Melanzani auch vorher in eine Schüssel gelöffelt und alles als hübscher Brei angerichtet werden. (Tobias Müller, 10.7.2016)