Optisch ein Alfa, wie ein Alfa sein muss – schön und scharf.

Foto: Alfa Romeo

Innen ist alles fahrerorientiert.

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Grafik: der Standard

Quadrifoglio-Sportlerherz: 510 PS, Biturbo-V6, grünes Kleeblatt.

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Frankfurt – "Wollt ihr nicht vor dem Diesel den Quadrifoglio testen? Es wäre gerade einer frei, und wer weiß, wie es später aussieht." Wird man vom heimischen Pressesprecherroutinier Andreas Blecha so gefragt, sagt man am besten gleich Ja. Taten wir auch bei der Präsentation der Giulia im Frankfurter Umfeld (grob gesagt: Autobahn und rauf zum Feldberg im Taunus) und legten gleich los. Mit einem Alfa-Mann auf der Rückbank, der den besten Schleichweg zur Hochgeschwindigkeitsstrecke wusste und darüber hinaus noch ein paar Sachen mehr.

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Zum Beispiel dies: Das 2,9-Liter-V6-Biturbo-Topmodell mit seinen 510 PS – für das zwei quasioffizielle Lesarten nebeneinander existieren (dass es sich nämlich um eine Ferrari- oder Eigenentwicklung handelt) -, wird nicht, wie bei der Konkurrenz üblich, bei 250 km/h elektronisch abgeriegelt, sondern "ist serienmäßig offen bis 307 km/h". So offen war die Autobahn dann nicht, verkehrsbedingt erreichten wir nur 273 km/h vmax. Allerdings fühlten wir uns in der Giulia ähnlich professionell betreut und beheimatet wie in den AMGs, Ms S/RSen dieser Welt.

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Was die Italiener beim grünen vierblättrigen Kleeblatt fein hingekriegt haben: den Sound; das straffe Fahrwerk (das bei den schwächeren Versionen fast übermotiviert straff wirkt) mit elektronisch gesteuertem Hinterachsdifferenzial; die Präzision der Lenkung (deren Direktheit wiederum in den Basisversionen fast etwas nervös erscheint. Alfa jedenfalls rühmt sich der direktesten Lenkung im Wettbewerbsumfeld, und das ist bestimmt nicht geflunkert); das fahrerorientierte Cockpit (generell); den roten Startknopf links im Lenkrad (Porsche hat rechts in seinen Volants den Sport-Response-Drehknopf für die Fahrtmodi untergebracht); und selbstverständlich die etwas krawallige Außenaufmachung. Sagt ja nicht Angeber zu mir!

Reinheitsgebot

Dass dann der nach diesem 510-PS-Vulkan gefahrene Top-Diesel mit 180 Pferdestärken nicht mehr sooo einen Boah-Effekt auslöste und man sich frug, wo die denn alle geblieben sein mochten, war wiederum der Pferdefuß der geschilderten Einstiegsempfehlung, und damit ein paar prinzipielle Worte zur Giulia. Dieser Erbe des Fronttrieblers 159, erster grundsätzlich neu konstruierter Massen-Alfa seit ewig, folgt bekanntlich dem in fahrdynamischer Hinsicht idealtypischen Reinheitsgebot: vorn lenken, hinten antreiben. Noch mal zum Mitlesen: Hinterradantrieb. Hinterradantrieb!

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Das schafft einerseits, gemeinsam mit der 50:50-Achslastverteilung (was die Ingenieure ganz ohne Transaxle hinbekommen haben), optimale Voraussetzungen für ein wunderbar entspanntes, sportives Fahrverhalten. Andererseits haben in dieser Fahrzeugklasse inzwischen sämtliche Konkurrenten bis auf Audi (A4) und Volvo (S60) die von BMW (3er) und Mercedes (C-Klasse) vorgegebene Philosophie übernommen: Jaguar XE, Lexus IS und der (etwas größer dimensionierte) Infiniti Q50 treiben allesamt hinten an.

Motorenpalette

Später folgt dann noch Allrad, außer der Handschaltung kommt die grandiose ZF-8-Gang-Wandlerautomatik zum Einsatz, die Diesel (150, 180 PS) und der Benziner (510 PS) werden ergänzt durch einen 136-PS-Einstiegs-Selbstzünder (ab September) und einen 200-PS-Otto (später im Herbst), und nein: Kombi ist keiner geplant.

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Der späte Marktstart der Giulia hat den Alfa-Fans einige Geduld abverlangt, aber nun ist sie da und bringt richtig Feuer in die Fahrzeugklasse. Diese Julia sucht viele Romeos.

Wie es weitergeht mit Alfa? 2017 legt der SUV los, 2018 eine Limousine Größenordnung BMW 5er, Mercedes E-Klasse, Audi A6. Beide bedienen sich derselben Plattform wie die Giulia. 2018 soll dann der Alfa-Absatz von zuletzt rund 60.000 (2015) auf 400.000 angeschwollen sein. Kann aber auch sein, dass dies wieder nur eine der vielen Botschaften von Fiat-Konzernchef Sergio Marchionne an die Kapitalmärkte ist. (Andreas Stockinger, 7.7.2016)