Die Unesco droht Österreich wegen des geplanten Hochhauses am Heumarkt.

Foto: Sebastian Murr/Isay Weinfeld

Wien/Istanbul – Die Unesco hat wie erwartet Österreich verwarnt, weil das zwischen Hotel Intercontinental und Konzerthaus ("Heumarkt-Areal") geplante Bauvorhaben den Welterbe-Status der Wiener Innenstadt gefährden könnte. Ein entsprechender Beschluss wurde bei der Tagung der internationalen Unesco-Kommission in Istanbul gefällt – obwohl das Projekt vorerst auf Eis gelegt ist.

"Das Unesco-Welterbe-Komitee anerkennt zwar, dass Wien das Verfahren zur Änderung der Flächenwidmung am Heumarkt eingestellt hat, trotzdem wird der Vertragsstaat Österreich aufgefordert, das Projekt so zu überarbeiten, dass Höhe, Maßstab und Design an die Umgebung angepasst und die visuellen Auswirkungen reduziert werden", heißt es in einer Aussendung. In der "jetzigen Form würde sich das Bauprojekt am Heumarkt negativ auf den außergewöhnlichen universellen Wert der Historischen Innenstadt auswirken".

Das Welterbe-Komitee konstatiert zudem, dass die Stadtentwicklung im Welterbe Wien "mangels geeigneter Planungsinstrumente" bereits ein kritisches Ausmaß erreicht habe, sodass der außergewöhnliche universelle Wert der Stätte gefährdet sei. Es fordert Österreich auf, die grundlegenden Planungsinstrumente und Richtlinien – insbesondere das Wiener Hochhauskonzept und den "Masterplan Glacis" – zu überarbeiten.

Unesco will neuen Bericht

Österreich wird – als zuständiger Vertragspartner der Unesco – aufgefordert, bis zum 1. Februar 2017 einen "aktualisierten Bericht über den Erhaltungszustand der Welterbestätte sowie die Umsetzung der oben erwähnten Maßnahmen" vorzulegen. Ursprünglich war geplant, dass die Frist erst im Dezember kommenden Jahres abläuft. Dies wurde vor der Beschlussfassung nun aber noch geändert.

Gleichzeitig wird gedroht: "Im Falle der Bestätigung der festgestellten Gefahr für den außergewöhnlichen universellen Wert Wiens wird auf der 41. Sitzung des Welterbe-Komitees 2017 über die Eintragung des Historischen Zentrums von Wien in die Rote Liste des gefährdeten Welterbes entschieden." Auch hier hat sich die Unesco letztendlich für eine straffere Vorgangsweise entschieden. Im Entwurf für den Beschluss stand, dass über eine Eintragung erst 2018 entschieden werden soll.

Wiener City-Vorsteher besorgt

Der ÖVP-Bezirksvorsteher der City, Markus Figl, sieht das Unesco-Prädikat als "integralen Bestandteil der Identität Wiens". Es dürfe nicht gefährdet werden, betonte er in einer Aussendung. "Es liegt in der Verantwortung der Stadtregierung, gemeinsam mit dem Bezirk sicherzustellen, dass dieses Erbe der Menschheit in seiner weltweiten Einmaligkeit auch für zukünftige Generationen in der vorhandenen Qualität erhalten bleibt", hielt der Bezirkschef fest: "Der Weltkulturerbe-Status ist uns als Innere Stadt wichtig. Ich fordere alle handelnden Personen dazu auf, sich auch klar zur Erhaltung dieses zu bekennen und keine Schritte zu unternehmen, die unseren Welterbe-Status in Gefahr bringen könnten."

Nach Ansicht von FPÖ-Gemeinderat Georg Fürnkranz ist Wien mit der Verwarnung "gerade noch mit einem blauen Auge davongekommen". Er freue sich, dass Druck der FPÖ dazu geführt habe, dass das für das Stadtbild "verheerende Hochhausprojekt" am Heumarkt im letzten Augenblick abgeblasen worden sei. Damit sei zwar das Schlimmste verhindert worden, befand der FP-Politiker, ein allfälliges neues Projekt müsse sich aber von Beginn an den Vorgaben des Unesco-Fachbeirats Icomos unterordnen, verlangte er.

"Die Aussagen der Unesco sind eindeutig. Für das Projekt am Wiener Heumarkt bedeuten sie: Genug gepokert, komplett neu aufsetzen. Das Feilschen um Zentimeter mit dem Lineal reicht nicht, dafür ist die Liste der Anforderungen zu lange", zeigte sich der Grüne Kultursprecher Wolfgang Zinggl in einer Pressemitteilung überzeugt. "Einmal mit einem überdimensionalen Hochhaus aberkannt, ist die Auszeichnung für immer verloren. Dem Sündenfall folgen weitere, Wiens Zentrum wird gesichtslos, eine Stadt, wie es weltweit tausende gibt", urgierte er ein Umdenken. Gefordert seien nun sowohl Stadt als auch Bund.

Der Projektbetreiber Wertinvest hatte unter anderem geplant, ein Hochhaus zu errichten, das mit 73 Metern veranschlagt war. Im Rathaus fand das Vorhaben letztendlich aber keinen Anklang. Die Höhe, die Proportionen und die möglichen Auswirkungen auf das Stadtbild wurden – unter anderem vom Fachbeirat für Architektur und Stadtgestaltung – nicht gutgeheißen. Planungsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) stoppte schließlich das Widmungsverfahren. Nun sollen die Pläne bis Herbst adaptiert werden. (APA, 14.7.2016)