Vor allem Stress in der Schule bereitet Jugendlichen Kopfschmerzen, zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Umfrage.

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Selbstauskunft der 500 befragten Jugendlichen.

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Wien – Akute Schmerzen sind bei Österreichs Jugendlichen keine Seltenheit. Das ergab eine repräsentativen Umfrage von 500 Personen im Alter zwischen 14 und 19 Jahren. Besonders Kopfschmerzen zählen zu den häufigsten Leiden. 75 Prozent der Befragten gaben an, in den vergangenen drei Monaten zumindest einmal Kopfschmerzen gehabt zu haben. Drei Prozent berichten von täglichen Attacken, zehn Prozent quält mehrmals pro Woche der stechende Schmerz im Kopf, und mehr als jeder Fünfte ist zumindest einmal pro Woche davon betroffen.

Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch andere Studien: Einer Münchner Untersuchung zufolge litten 80 Prozent der 12- bis 19-Jährigen in den vergangenen sechs Monaten unter Kopfschmerzen. Auch in Deutschland treten bei fast jedem vierten Jugendlichen die Schmerzen einmal pro Woche oder häufiger auf.

14 Prozent der Befragten in der österreichischen Studie schätzen ihr subjektives Leiden als stark oder sehr stark ein. Ein Ergebnis, das Experten beunruhigt: "Die Kopfschmerzprävalenz und gefühlte Stärke sind mehr als besorgniserregend", so Ulrike Rossegg, Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde. "Ich bemerke im Pädiatrie-Alltag insbesondere, dass Jugendliche noch viel häufiger als Erwachsene an Kombinations- oder psychogenen Kopfschmerzen leiden. Hier sind die richtige Diagnose und gute Gesprächsführung durch den behandelnden Arzt sehr wichtig".

Von Schulausfall bis hin zur Chronifizierung

Regelmäßige Kopfschmerzen hindern ein knappes Drittel der Jugendlichen (32 Prozent) mindestens einmal im Monat daran, zur Schule oder zur Arbeit zu gehen. Fast ebenso häufig (30 Prozent) können Freizeitaktivitäten nicht ausgeübt werden.

"Ständig wiederkehrende Kopfschmerzen sind ein ernstzunehmendes Problem, denn sie erzeugen insbesondere bei Jugendlichen einen großen Leidensdruck und beeinträchtigen deren Lebensqualität signifikant – das wird sowohl von Eltern als auch von Lehrern häufig unterschätzt. So können Kopfschmerzen zu wiederholtem Schulausfall, mangelndem Selbstbewusstsein und zur Entwicklung chronischer Schmerzen führen", berichtet Gernot Luthringshausen, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie.

Mädchen häufiger betroffen

Mädchen leiden statistisch signifikant häufiger an Kopfschmerzen oder Migräne als Jungen. Während 22 Prozent der Mädchen berichten, mehrmals pro Woche unter Kopfschmerzen zu leiden, sind es unter den Jungen nur fünf Prozent. Zudem schätzen Mädchen die Schmerzstärke höher ein. Auf einer Schmerzskala von 1 bis 10 lag der Mittelwert der weiblichen Befragten bei 6,2, die männlichen Respondenten stuften ihre Kopfschmerzen im Schnitt mit 5,2 ein.

Experten der Universität München gehen davon aus, dass der Lebensstil einen deutlichen Einfluss auf die Entstehung von Kopfschmerzen hat. So lassen sich Migräne und Spannungskopfschmerzen häufiger bei Jugendlichen beobachten, die viel rauchen, Alkohol trinken und sich selten bewegen. Österreichische Jugendliche führen hingegen als wichtigsten Faktor Stress an: Für 46 Prozent der Befragten ist Stress in der Schule der größte Risikofaktor, 45 Prozent sprechen von Stress im Allgemeinen. 33 Prozent führen ihre Kopfschmerzen auf Nackenschmerzen zurück, 26 Prozent auf keine oder mangelnde Bewegung. 22 Prozent sehen Schulterschmerzen als Auslöser, 18 Prozent muskuläre Anspannungen.

Den Schmerz ernst nehmen

Drei von zehn Jugendlichen fühlen sich nicht ernst genommen: 28 Prozent der Befragten haben schon einmal die Erfahrung gemacht, von den Eltern nicht ernst genommen zu werden – bei den Mädchen sind es 37 Prozent. Von den Arbeitgebern oder Lehrern fühlen sich gar vier von zehn Jugendlichen nicht ernst genommen (41 Prozent). Wenn sich Jugendliche wegen der Kopfschmerzen überhaupt an andere Personen wenden, so ist der Hauptansprechpartner die Mutter (65 Prozent).

An den Hausarzt wenden sich 19 Prozent der Betroffenen, an den Neurologen nur acht Prozent. Fast drei Viertel der Befragten (73 Prozent) haben noch nie mit einem Experten über ihre Kopfschmerzen gesprochen. "Dieses Ergebnis ist für die Ärzteschaft alarmierend: Schließlich besteht nicht nur die Gefahr der Chronifizierung, sondern es ist auch ausnehmend wichtig, zwischen primären und sekundären Kopfschmerzen zu unterscheiden und rechtzeitig zugrunde liegende, möglicherweise gravierende Erkrankungen auszuschließen", betont Gregor Brössner, Neurologe und Präsident der Österreichischen Kopfschmerzgesellschaft (ÖKSG).

Dem Experten zufolge zeigt sich hier ein klarer Handlungsbedarf bei der Aufklärung von Eltern und Erziehungsberechtigten über den richtigen Umgang mit Schmerzen bei Jugendlichen. Eltern sollten ihre jugendlichen Kinder ernst nehmen und für eine leitliniengerechte Behandlung ärztlichen Rat einholen. So bietet etwa die Initiative "Schmerzlos" Informationen zu Ursachen von Schmerzen, Tipps zur Vorbeugung und für den Umgang mit Kopfschmerzen sowie wichtige Hinweise zur richtigen Dosierung und Einnahme von Schmerzmitteln. (red, 19.7.2016)