Dan Penn, ein "bad funky white boy". Weitere unveröffentlichte Demos des Soulsängers sind nun erschienen.

Ace Records

Anfang der Nullerjahre erschien eine Kompilation von Musik von US-amerikanischen Landeiern, ohne die Soulmusik schwer vorstellbar wäre. Diese Sammlung nagelte mit ihrem Titel "Country Got Soul" das Thema ans Scheunentor, am Ende sang Dan Penn das Bekenntnis "If Love Was Money".

Bei Erwähnung des Namens Dan Penn erschaudern Freunde des Southern Soul in süßer Erwartung. Der als Wallace Daniel Pennington 1941 geborene Songwriter und Musiker ist einer der ertragreichsten Songwriter des Fachs. Das will nicht heißen, dass er reich geworden wäre, doch sein Output ist immens.

Gemeinsam mit lebenslangen Freunden wie Chips Moman und Spooner Oldham hat er gut zwei dutzende, teilweise als Klassiker geltende Lieder des Southern Soul geschrieben: "The Dark End of the Street", "Do Right Woman, Do Right Man" oder "Cry Like A Baby" ... – dazu hat er die weiße Boy-Group Box Tops produziert, die mit Sänger Alex Chilton und "The Letter" einen Welthit landete.

Weltkulturerbe

Während die Hits dieses Mannes aus Vernon, Alabama, vorgetragen von Größen wie Aretha Franklin, James Carr oder Joe Simon, alle dem Weltkulturerbe zuzurechnen sind, zählen die von Penn selbst gesungenen Demo-Aufnahmen zum Heiligen Gral des Deep Soul.

Das britische Label Ace Records veröffentlichte 2012 die Sammlung "Dan Penn – The Fame Recordings". Sie umfasste 24 Lieder, die Penn nicht nur geschrieben, sondern selbst gesungen hatte, als er in den 1960ern in Muscle Shoals, Alabama als Songwriter für das Label Fame arbeitete. Damals ist es öfter als einmal passiert, dass Größen wie Wilson Pickett, Joe Tex und Clarence Carter mit einem Song nicht zurande kamen. Dann hieß es, "get Penn to show 'em how to sing the damn thing".

"The Power Of Love" – ein Song aus der ersten Sammlung der "Fame Recordings" von Dan Penn.
SOULINTEGRITY

Fame war eine der Keimzellen des Southern Soul, dort brachte der New Yorker Produzent von Atlantic Records, Jerry Wexler, seine Schützlinge hin, wenn er einen speziellen Sound haben wollte. Ein Amalgam aus Country Music und Rhythm 'n' Blues, funky, ein bisschen dreckig, lässig.

"Bad funky white boys"

Diesen Auftrag erfüllten eine Handvoll pickelige weiße Jungs, "bad funky white boys", wie Pickett die Studiomusiker nannte. Dan Penn liebte den Sound von Motown genauso wie die schwarze Musik, die aus New Orleans oder New York kam. Doch er hatte ein Faible für hübsche Popsongs. Aus diesen Vorlieben bastelte er seine Songs. 24 weitere Soulperlen sind nun auf dem Album "More Fame Recordings" erschienen.

Befanden sich auf der Sammlung von 2012 noch bekannte Hits wie die Ballade "It Tears Me Up", "Rainbow Road" und "I’m Your Puppet", präsentiert "More Fame Recordings" weniger bekannte Songs aus der Feder von Penn. Qualitativ gibt es da keine Abstriche, Penn am Mikrofon ist Dynamit. Wobei er nie explodiert, sondern lediglich die Lunte am Brennen hält, die Dramatik seiner Songs vom ersten bis zum letzten Atemzug variiert – und dabei vollkommen cool bleibt.

Sehnsucht und Coolness in einem – Dan Penn möchte sich verlieben: "I Do."
David Borucki

Das gelingt ihm in poppigen Songs wie "So Many Reasons" ebenso wie in Herzausreißern wie "It Hurts", die dieser Mann nur so aus dem Ärmel zu schütteln schien. Auf den meisten Aufnahmen drückt Spooner Oldham die Orgel, sein unaufgeregtes Spiel ist oftmals das Fundament dieser geheimen Klassiker. Man höre diesbezüglich "Standing In The Way Of A Good Thing", ein Traum.

Die Veröffentlichung dieser Aufnahmen füllt die Löcher in der ansonsten bescheidenen Diskografie des Großmeisters. Als 1974 sein Debüt "Nobody’s Fool" erschien, war Soulmusik schon ein wenig aus der Mode geraten. Wie zeitlos sie ist, bewiesen die 1994 unter Mitwirkung von Peter Guralnick erschienenen Wiederaufnahmen eigener Songs für das Album "Do Right Man".

Der Titeltrack seines 1974 erschienenen Debütalbums "Nobody's Fool". Alte Autos sind bis heute Penns große Leidenschaft.
realpocobyrds

Guralnick ist Autor des Standardwerks "Sweet Soul Music", das er als geheime Huldigung an Dan Penn beschreibt. Der Rest sind im Eigenverlag erschienene Alben, die nicht an die Güte früher Aufnahmen heranreichen. Welche Klasse diese besitzen, unterstreicht "More Fame Recordings". Ein Kirchgang für die Ohrwascheln und das Gemüt. (Karl Fluch, 20.7.2016)