Viele Kunststoffe gelten als krebserregend, wie etwa die Polychlorierten Biphenyle (PCB).

Foto: APA/AP/NOAA Okeanos Explorer Program

Hamburg – Sogenannte Mikroplastikpartikel in Meeres- und Flussböden sind nach einer Untersuchung Hamburger Forscher stärker mit giftigen Schadstoffen belastet als erwartet. Die Belastung der mikroskopisch kleinen Kunststoffteile sei um das Drei- bis Vierfache höher als die des umliegenden Sediments, berichtet ein Expertenteam der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg (HAW).

Erwartet hatten die Forscher nach eigenen Angaben nur eine etwa um das Doppelte höhere Belastung. Die "Magnetwirkung" von Mikroplastik ist schon seit längerem bekannt. Während Kunststoffe wie Polyethylen oder Silikon im Wasser allmählich zu immer kleineren Brocken zerfallen, lagern sich Umweltgifte wie polychlorierte Biphenyle (PCB) oder polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) an ihrer Oberfläche an.

Giftige Kosmetik

Bei Mikroplastik handelt es sich um winzige Plastikteilchen – kleiner als fünf Millimeter –, die im Wasser giftige und krebserregende Stoffe binden. Durch die Ablagerung der kontaminierten Plastikteilchen im Sediment besteht nach Angaben der HAW-Forscher auch die Gefahr, dass diese durch Muscheln, Würmer und Fische gefressen werden und in die menschliche Nahrungskette gelangen. Für die Untersuchung hatte das Team im Jahr 2015 auf zwei Fahrten mit dem Forschungsschiff "Aldebaran" Proben aus norddeutschen Küstengewässern und Flüssen gesammelt.

Das Plastik stammt aus unterschiedlichen Quellen. Es ist zum Beispiel in kosmetischen Produkten enthalten. Aus dem Badezimmer gelangen sie in die Kläranlagen, wo sie aber nicht herausgefiltert werden. So kommen sie in die Flüsse und Meere und wirken wie Magnete auf Gift und Schadstoffe. Da sie nicht abgebaut werden, lagern sie sich im Sediment ab.

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Eine weitere Verbreitungsart: Mikropartikel entstehen aus größeren Plastikteilen, die von Wind und Wetter zersetzt werden. "Jeweils 15 Prozent des Plastiks im Meer befindet sich an der Oberfläche und im Wasserkörper", so "Aldebaran"-Chef Frank Schweikert. "Aber 70 Prozent sinken ab ins Sediment." Die Details der Sedimentbelastung seien bisher wenig untersucht.

Die Forscher unter der Leitung der Umweltchemikerin Gesine Witt brachten eigens entwickelte Schadstoffsammler – das sind etwa bechergroße Kupfergefäße, die mit Silikonfasern bestückt sind – an die Messpunkte und sammelten sie nach drei Monaten wieder ein. Sie legten dabei mehr als 1.000 Seemeilen zurück das entspricht ungefähr 2.000 Kilometer.

Den Forschern zufolge sollten Kläranlagen mit feineren Filtern ausgestattet werden. Zudem raten sie Konsumenten beim Kauf von Kosmetikprodukten auf die Inhaltsstoffe bzw. auf Kürzeln wie PE, PP, AC oder ACS zu achten. (APA, AFP, red, 2.8.2016)