Pjöngjang/Seoul/London – Nach dem Rang bemessen, ist es der schlimmste Verlust, den Nordkoreas Diplomatie je erleiden musste: Wie der südkoreanische Minister für Wiedervereinigung, Jeong Joon-hee, am Mittwoch bestätigte, sagte sich der stellvertretende Botschafter des kommunistischen Staates in London, Thae Yong-ho, von der Botschaft los. Er sei gemeinsam mit seiner Familie auf dem Weg nach Südkorea.

Ein Sprecher der nordkoreanischen Botschaft wollte Medienfragen zu dem Fall vorerst nicht beantworten. Die Berichte über Thaes Abgang seien "ziemlich plötzlich", daher könne er nichts dazu sagen. "Wenn der passende Zeitpunkt für eine Antwort gekommen ist, werden Sie eine Antwort von uns hören", fügte er an.

Britsche Medien hatten allerdings schon am Vortag davon berichtet, dass sich ein "hoher Diplomat" der nordkoreanischen Botschaft abgesetzt habe und "in einem Drittstaat" Asyl beantragen wolle. Am Mittwoch zogen auch südkoreanische Zeitungen nach. Sie schrieben schon vor der Bestätigung durch Seoul von einem "ausgeklügelten Plan", den Thae mit Blick auf die Zukunft seines Kindes durchgezogen habe.

Atomares Drohpotenzial

Pjöngjang war schon bisher nervös, die Zahl der Abtrünnigen war jüngst gestiegen. Erst im vergangenen Monat hatten sich zwölf Kellnerinnen eines nordkoreanischen Restaurants in China nach Südkorea abgesetzt. Nordkorea betreibt in mehreren Staaten Restaurants und Geschäftsvertretungen, um so an Devisen zu kommen.

Als womöglich indirekte Reaktion hat Nordkorea erneut auf sein nukleares Drohpotenzial verwiesen. Nach Berichten aus Japan nahm der Staat die Plutoniumproduktion wieder auf. (mesc, red, 17.8.2016)