Spätestens 2018 soll der Digitalradiostandard DAB+ starten.

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Gernot Fischer betreut den Digitalradio-Start in Österreich.

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Wien – Nächster Anlauf zum Start von Digitalradio in Österreich – und es bleibt spannend: Startklar ist nun Big City Live von Radio Max, welches mit "Großstadtsounds" das bestehende DAB+ Ensemble ergänzt. Zäh läuft hingegen das Genehmigungsverfahren für einen weiteren Bewerber für das zweite Pilotbetriebsjahr 2016/17, nämlich den in Katar beheimateten arabisch-sprachigen Sender Sout Al Khaleej mit Sport- und Unterhaltungsprogramm. In Zeiten wie diesen, ist das offenbar ein heikles Thema. Denn seit Frühjahr werfen einander verschiedene Stellen die Bewerbung zu wie eine heiße Kartoffel.

Auf die Frage, was so lange dauert, erhält der STANDARD von der ORF-Sendetechniktochter ORS, die sich um die technische Abwicklung des Digitalradiostarts kümmert, die Info, dass der Antrag im Außenministerium zur Prüfung vorliege. "Ein ganz gewöhnlicher Vorgang", sagt Michael Weber von der ORS. "Rechtlich nicht zuständig" erklärt man sich dort auf Anfrage. Eine "unverbindliche Einschätzung" sei man aber gerne bereit abzugeben. Die ORS muss formalrechtlich mit dem Radio mit Sitz in London eine Vereinbarung abschließen. Die Medienbehörde KommAustria, die nach einer Ersteinschätzung keine Bedenken gegen den Sender hat, wartet darauf seit Mai.

Ungeachtet dieses Nebenschauplatzes kann Digitalradio in Östereich aber niemand mehr verhindern. Die KommAustria bereitet derzeit die Ausschreibung der benötigten Sendernetze für Anfang 2017 vor. Spätestens 2018 soll DAB+ endlich starten. Vorher wird getestet, und diesen Probelauf trauen sich neben Radio Max und Sout Al Khaleej weitere 14 zu. Bereits seit Mai 2015 auf DAB+ sind Arabella Rock, Radio Melodie, Herold Relax, Radio Maria, ERF Plus, Now Radio, Radio Allelon, das Wisssenschaftsradio der FH Technikum Wien Radio Technikum, Karl Habsburgs Radio Soundtraxx, Mega Radio, Lounge FM, Energy Österreich, Radio Klassik Stephansdom und das Arbö Verkehrsradio.

Freie Parkplätze erkennen

Technisch liege der Schwerpunkt in der zweiten Testphase auf Zusatzdiensten wie Verkehrsinformationen sowie Zivilschutz- und Katastrophenwarndienste, sagt Gernot Fischer, Chef des Vereins Digitalradio Österreich und von Radio Technikum. Besonders beim Verkehrsdienst rechnet er mit einer Qualitätsverbesserung: "Über TPEG fließen Meldungen schneller in Navigationssysteme." Danach könnten freie Parkplätze in Parkhäusern, lokale Wetterberichte, Fahrpläne öffentlicher Verkehrsmittel und irgendwann sogar die nächste freie Stromtankstelle im Navi aufscheinen. Die FH Technikum Wien entwickelt dazu ein Modell.

DAB+bietet mehr Platz als UKW für Sender und habe das Potenzial, den Markt neu zu ordnen, sagt Fischer. Deshalb haben die großen Player ORF und Kronehit kaum Interesse an einem frühen Start von Digitalradio mit mehr als 60 auf DAB+-fähigen Geräten empfangbaren Sendern.

Regionale und überregionale Anbieter könnten bundesweiten Programmen Pfründe streitig machen. Ein großer Mitbewerber ist etwa Radio Max, das Einkaufsradio der Rewe-Gruppe. Der Sender erreicht europaweit mehr als neun Millionen Hörer mit sieben Shopping-Programmen und mehr als 20 Musikkanälen für Handel, Gastronomie und Malls.

50 Millionen Euro Mehrkosten rechnete der ORF für den Parallelbetrieb von UKW und Digitalradio. Fischer schätzt, dass auf den ORF "einmalig Kosten für Infrastruktur in der Höhe von "maximal fünf Millionen" zukommen. RTR-Chef Alfred Grinschgl stellte den Programmveranstaltern für eine DAB+-Startphase eine Gesamtfördersumme von rund 1,5 Millionen Euro in Aussicht. Inzwischen gibt es aber auch vom ORF ein Bekenntnis zum Digitalradio: Wenn es kommt, möchte der Gebührenfunk unter Auflagen mitmachen. Am liebsten mit Spartenkanälen für Wissenschaft, Jazz, Jugend und Integration. Fischer: "Wir halten alle Türen offen, auch wenn es uns manchmal schwergemacht wurde." (Doris Priesching, 19.8.2016)