Väter haben einen rechtlichen Anspruch auf Karenz und können während dieser Zeit nicht gekündigt werden.

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Trotz Kündigungsschutz während der Karenzzeit fürchten werdende Väter um ihre Jobs, wenn sie ihre Karenz vor der Geburt bekannt geben.

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Christoph Pichler* wird in einem halben Jahr zum zweiten Mal Vater. Beim ersten Kind blieb die meiste Zeit seine Lebensgefährtin zu Hause, diesmal möchte er gleich nach dem Mutterschutz für 18 Monate in Karenz gehen. Doch in seiner Firma erzählt er noch nichts von seinen Plänen. Er würde gerne darüber sprechen, damit sich sein Arbeitgeber optimal auf die Karenz vorbereiten und eine Vertretung suchen kann. Doch er wagt es nicht: Er hat Angst, gekündigt zu werden. Grund dafür ist die Regelung der Elternkarenz, wonach Väter erst ab der Geburt des Kindes Kündigungs- und Entlassungsschutz genießen.

Für werdende Mütter gilt der Kündigungsschutz ab Beginn der Schwangerschaft. Für Pichlers Lebensgefährtin Bettina Richter* hat das nichts mit moderner Familienpolitik zu tun: "Muss ich als Frau weiterhin die Rolle der Kinderversorgerin übernehmen, um meinen Lebensgefährten vor einem Rausschmiss zu bewahren?" Richter schätzt den Kündigungsschutz, den sie beim ersten Kind genossen hat, Gleichberechtigung muss für sie aber weiter gehen: Ein Vater müsse die Möglichkeit haben, angstfrei in Karenz zu gehen.

Karenzkündigungsschutz für Mütter und Väter

Das Sozialministerium sieht in der aktuellen Regelung kein Problem. Hans Binder, Leiter der Abteilung, die unter anderem für Mutterschutz zuständig ist, sagt: "Der Karenzkündigungsschutz für Mütter und Väter ist derselbe. Der zusätzliche Kündigungsschutz, den die Mutter während der Schwangerschaft genießt, ist notwendig, damit sie nicht aufgrund ihrer Schwangerschaft und der damit verbundenen arbeitsrechtlichen Einschränkungen wie etwa des Überstundenverbots gekündigt wird." Es sei ohnehin nicht ratsam, die geplante Karenz vor der Geburt zu melden, da man nicht genau planen könne, wann die Geburt stattfinde und der Mutterschutz ende, meint Binder.

Auch die Arbeiterkammer Wien rät werdenden Eltern davon ab, die geplante Karenz früher als rechtlich notwendig zu melden. "Sowohl Frauen als auch Männer sollten ihre Karenz vor der Geburt nur unverbindlich vorankündigen und frühestens ab der Geburt eine rechtlich bindende Karenzmeldung abgeben", erklärt Jasmin Haindl von der Arbeiterkammer Wien. Nimmt der Vater zuerst die Karenz in Anspruch, muss er den Dienstgeber spätestens acht Wochen nach der Geburt über Beginn und Dauer der Karenz informieren. "Wir raten dazu, sich nicht zu früh festzulegen und die Meldefristen einzuhalten. Es ist in dieser Situation wichtig, auf sich zu schauen und nicht auf die Interessen des Arbeitgebers."

18 Monate Väterkarenz noch immer die Ausnahme

In der Realität führe die Gesetzeslage jedoch dazu, dass Männer wenig dazu motiviert werden, in Karenz zu gehen, beklagt Richter: "Ein loyaler Mitarbeiter will einfach nicht so lange warten, bis er seiner Firma über seine geplante Abwesenheit Bescheid gibt." Pichler beschreibt seinen Betrieb als sehr konservativen, technischen Betrieb mit hauptsächlich männlichen Mitarbeitern. "Als unser erstes Kind auf die Welt kam, kam es schon zu negativen Äußerungen und Andeutungen in Richtung Kündigung, weil ich in Karenz gehen wollte. Damals ging es nur um zwei Monate, heute planen wir eineinhalb Jahre." 2015 war er der erste Mann, der in dem Betrieb mit hunderten Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in Väterkarenz ging.

Sollte Pichler seine geplante Karenz vor der Geburt bekanntgeben und deshalb gekündigt werden, greift zwar der Motivkündigungsschutz, dieser kann aber erst im Nachhinein durch eine Klage durchgesetzt werden. "Zwei Männer in unserem Umfeld sind bereits aufgrund ihrer Karenz gekündigt worden", erklärt Richter, daher sehe sie, dass ein Motivkündigungsschutz nicht die gleiche Sicherheit bedeute wie der absolute Kündigungsschutz, der für eine werdende Mutter besteht. Und auf eine Klage will es das junge Elternpaar eigentlich nicht ankommen lassen. (gruk, 1.9.2016)

* Name von der Redaktion geändert