Die D.A.T.A. Corporation hat sich auf Software für radiologische Einrichtungen spezialisiert. Die Eigentümer sehen sich klar als Unternehmer, die Krankenkasse will sie aber zu Dienstnehmern machen.

Foto: apa

Wien – Martina Albert, Eduardo Desits und ihre drei Miteigentümer sind seit bald 20 Jahren ein Team. Ende 1996 gründeten sie die D.A.T.A. Corporation Softwareentwicklung GmbH. Die Initialen geben nicht nur einen Hinweis auf das Geschäftsfeld – Software für radiologische Einrichtungen -, sie stehen auch für die Gesellschafter. Drei von ihnen besitzen jeweils 23,25 Prozent der Firma, einer fünf Prozent, und Martina Albert, die Geschäftsführerin, hält mit 25,25 Prozent den größten Anteil.

Alle geschäftlichen Entscheidungen habe man aber immer gemeinsam getroffen, sagen Albert und Desits. Damit keiner der größeren Eigentümer überstimmt werden kann, wurde extra in den Gesellschaftervertrag geschrieben, dass Beschlüsse nur mit 90-prozentiger Mehrheit fallen dürfen. Für alle Beteiligten war immer klar: Sie sind selbstständige und gleichberechtigte Unternehmer.

Gleichberechtigte Partner

Nun könnte sich das aber ändern – zumindest wenn es nach der Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) geht. Seit fast eineinhalb Jahren wird die D.A.T.A. nämlich einer GPLA unterzogen. GPLA steht für gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben durch WGKK und Finanz. Sinn der Übung ist es grundsätzlich, zu kontrollieren, ob Steuern und Beiträge korrekt abgeführt wurden und ob es sich bei Selbstständigen tatsächlich um solche handelt oder ob nicht eine Scheinselbstständigkeit vorliegt.

Bei gleichberechtigten Eigentümern sollte letztere Frage eigentlich einfach zu beantworten sein. Ist sie aber nicht. Die Krankenkasse möchte nämlich vier der fünf Gesellschafter zu unselbstständigen Dienstnehmern erklären. Lediglich Geschäftsführerin Albert, die mehr als ein Viertel der Anteile hält, bliebe als selbstständige Unternehmerin übrig. Diese Rechtsansicht wurde dem Betrieb bereits mitgeteilt, ein formeller Bescheid soll demnächst ergehen.

Wie es dazu kommen kann? Die Krankenkasse ist der Meinung, dass Eigentümer, die über eine Sperrminorität verfügen, automatisch lohnsteuerpflichtig und somit auch als echte Dienstnehmer im Sozialversicherungsrecht einzustufen seien.

"Existenzbedrohend"

Wie hoch die Nachforderung ausfallen wird, ist noch nicht ganz klar: Zunächst stand sie für fünf Jahre im Raum, was mit rund 380.000 Euro zu Buche geschlagen hätte. Aufgrund einer früheren Lohnsteuerprüfung, die ohne Beanstandung ausfiel, wurde dem Steuerberater der Firma Wolfgang Höfle (TPA) von der WGKK zuletzt zugesagt, nur drei Jahre zu verrechnen, wodurch sich die Last auf rund 200.000 Euro senken würde.

Für D.A.T.A. ist das aber nicht akzeptabel. Der Bescheid wird jedenfalls beeinsprucht. "Für uns ist das existenzbedrohend", sagt Martina Albert. Man habe immer alle Mitarbeiter – derzeit 25 – angestellt und auf in der IT-Branche übliche Werkverträge verzichtet, weil man alles korrekt machen wollte. Für Desits stellt sich überhaupt die Frage: "Wie man sonst eine gemeinsame Firma haben kann, bleibt für mich unerklärlich." Und: "Auf die Idee, dass die Eigentümer selber Dienstnehmer sein sollen, wären wir nie gekommen – wir arbeiten, wo wir wollen, die Arbeitszeiten sind ungeregelt und es gibt auch keine Weisungsgebundenheit."

"Sittenbild"

Steuerberater Höfle kritisiert, dass die Krankenkassen generell immer strenger agieren und auch nicht davor zurückschrecken würden, Betriebe in die Insolvenz zu schicken. Der konkrete Fall sei "ein Sittenbild für die Vorgangsweise mancher Prüfer". So sei vonseiten der WGKK ursprünglich informell angeboten worden, das Verfahren gegen Zahlung von 100.000 Euro einzustellen.

Die Gesellschafter hätten dann nur Dienstgeberbeiträge und Kommunalsteuer, nicht aber die ASVG-Beiträge nachzahlen müssen. Auf einen solchen "faulen Kompromiss" könne man sich aber nicht einlassen, schließlich hätten die Eigentümer nichts falsch gemacht.

Hohe Verzugszinsen

Massive Kritik übt er auch an der Berechnung der Nachforderungen. Zum einen ergeben sich diese aus den unterschiedlichen Beitragssätzen (jene für die Gewerblichen sind um rund 14 Prozentpunkte niedriger), zum anderen verrechnen die Krankenkassen aber noch jährlich acht Prozent an Verzugszinsen. "Wucherzinsen", wie Höfle das nennt.

Das heikle Thema Scheinselbstständigkeit wird aktuell auch auf politischer Ebene diskutiert. Die Sozialpartner haben sich auf eine Vorabprüfung schon bei der Anmeldung geeinigt. Das Sozialministerium will dazu demnächst einen Gesetzesentwurf vorlegen. (Günther Oswald, 9.9.2016)