Markus Swoboda (vorne) hat bei sechs von sieben Weltmeisterschaften Gold gewonnen. Allerdings schläft die Konkurrenz nicht.

Foto: OKV

Nandor Almasi ist ein Meister im Tiefstapeln. Er will nicht zu viel Druck für seinen Schützling aufbauen. Sein Schützling heißt Markus Mendy Swoboda, 26 Jahre alt, Oberösterreicher aus Altenberg, Kanute. Von einer Medaille, gar von Gold bei den Paralympics, will der erfahrene Coach aus Ungarn nicht reden. Almasi sagt Sätze wie: "Es kommt auf die Tagesverfassung an" und "Die Gegner sind auch sehr gut".

Die Papierform freilich sagt, dass Swoboda Topfavorit in der Klasse KL2 ist. Der 26-Jährige, der beidseitig beinamputiert ist, holte bei sechs von sieben Weltmeisterschaften Gold. In der Regel überlegen. Ausgerechnet heuer, im Jahr der paralympischen Premiere für die Kanuten, musste er sich erstmals geschlagen geben. Im Mai belegte er in Duisburg Platz zwei hinter dem Australier Curt McGrath. Kein allzu großes Problem für Swoboda und Almasi. "Auf den letzten 50 Metern hat er die Konzentration verloren. Bis dahin war er überlegen", sagt der Trainer.

Folgenschwerer Unfall

Eigentlich wäre Swoboda gerne Wasserskifahrer geworden – wie sein Vater. Aber als Siebenjähriger geriet er in die Förderschnecke einer Hackschnitzelheizung. Beide Beine mussten amputiert werden. Swoboda: "Ich kann mich noch genau an den Unfall erinnern, das war unschön." Beim Sport landete er schließlich trotzdem. Im Jahr 2000, als Zehnjähriger, kam er zufällig zum Kanu. Als Wettkampfdisziplin für Behindertensportler gibt es Kanu erst seit 2009. Und seit ebenda dominiert Swoboda den Sport. Er zehrt von seinem Trainingsvorsprung. Aber die Konkurrenz schläft natürlich nicht, im Gegenteil, die Konkurrenz holt auf.

In Rio bestreitet der Chemie-Student am Mittwoch, seinen Vorlauf, Streckenlänge 200 Meter. Das Halbfinale steht kurz danach auf dem Programm. Am Donnerstag wird um die Medaillen gepaddelt. Swoboda will natürlich dabei sein. Seine Vorbereitung ist optimal verlaufen. Almasi: "Trainingsmäßig ist er gut drauf, er hatte in dieser Saison keine Verletzungen, er hat gut gearbeitet, ist sehr diszipliniert, kraftmäßig gut drauf." Und sogar abgenommen habe Swoboda. Das hat ihm der Coach ans Herz gelegt.

Training in Ottensheim

16 bis 18 Stunden trainiert Swoboda in der Woche. Im Kraftraum und auf dem Wasser. In Ottensheim bei Linz hat er gute Trainingsbedingungen. Zweimal in der Woche ist Almasi, der seit sechs Jahren auch Österreichs nichtbehinderte Flachwasserkanuten coacht, vor Ort. Für die anderen Tage werden Trainingspläne übermittelt. Swoboda paddelt gelegentlich gemeinsam mit Yvonne Schuring, Ana Roxana Lehaci, Viktoria Schwarz und mit Dora Lucz. Die Ungarin wurde heuer zweifache U23-Weltmeisterin. Eine optimale Trainingspartnerin für Swoboda, weil sie, wie Almasi sagt, die gleiche Geschwindigkeit habe. "Einmal gewinnt sie, einmal er."

"Wenn ich die Dori herhau", sagt Swoboda, "dann kann ich nicht so schlecht sein." In Rio geht es nicht nur darum, die Konkurrenz "herzuhauen", auch um die Bedingungen. Das warme Wasser in der Lagoa de Freitas liegt Swoboda gut. Für Kanuten ist es am besten, wenn der Wind von vorn oder von hinten kommt. In Rio blies er schon bei den Olympischen Spielen gelegentlich von der Seite. Suboptimal. Andererseits, sagt Almasi, habe Swoboda gerne schlechte Bedingungen – weil die Konkurrenz damit nicht so gut zurechtkomme.

Was die Zielsetzung angeht, ist Swoboda genauso zurückhaltend wie sein Trainer. "Ich versuche, es bescheiden anzugehen, die Konkurrenz ist stärker geworden", sagt er. Wenngleich er natürlich eine Medaille erpaddeln will. "Das ist möglich." Almasi sagt nur so viel: "Er ist guat." (Birgit Riezinger aus Rio, 14.9.2016)