Spitäler versuchen Patienten mit schweren und lebensbedrohlichen Krankheiten auf der Intensivstation bestmöglich zu versorgen. "Doch Mikroben und durch diese verursachte Erkrankungen stellen bis heute ein Problem in der Behandlung von Intensivpatienten dar", heißt es von der Medizinischen Universität Graz. Diese Mikroben haben allerdings auch eine positive Eigenschaft: Sie können aktiv zur Genesung von Schwerkranken beitragen.

Um den Heilungsverlauf von Patienten auf der Intensivstation optimal zu begleiten, wird durch rigorosen Einsatz von Desinfektionsmitteln versucht, krankheitserregende Keime abzutöten. Typischerweise findet man im Umfeld von Intensivstationen Infektionen mit sogenannten Hospitalismuskeimen. Gegen diese Keime wirken Desinfektionsmaßnahmen oft nur bedingt.

Gesunde versus gefährliche Keime

"Auch multiresistente Keime können in diesem Zusammenhang auftreten, gegen die eine Vielzahl von bekannten Antibiotika vielfach wirkungslos ist", erläutert Gregor Gorkiewicz, Professor für Mikrobiomforschung in der Humanmedizin an der Med Uni Graz. "Kritisch kranke Patienten sind oftmals besonders empfänglich für Infektionskrankheiten und werden typischerweise mit Antibiotika behandelt, sobald Symptome einer Entzündung oder Infektion auftreten", so der Mediziner,.

Neue wissenschaftliche Ergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass sich der dadurch verursachte Verlust der natürlichen mikrobiellen Besiedelung des menschlichen Körpers negativ auf den Heilungsverlauf auswirken kann. Hier setzt die Arbeit der Forschungsgruppe an, die von Gregor Gorkiewicz und Gabriele Berg vom Institut für Umweltbiotechnologie der TU Graz geleitet wird.

Viele Bakterien des natürlichen Mikrobioms, wie beispielsweise Bakterien auf der Haut oder den Schleimhäuten, gehen auf der Intensivstation durch den Einsatz von Antibiotika und Desinfektionsmaßnahmen verloren. "Auch das bei Intensivpatienten oftmalige Fehlen einer normalen Ernährung bzw. deren Ersatz durch die Zufuhr von Nährstoffen in Infusionslösungen führt dazu, dass 'gute' Bakterien stark reduziert werden bzw. keine natürlichen Wachstumsfaktoren finden und dadurch verschwinden", sagt Gorkiewicz.

Probiotika statt Stuhltransplantation

Das hat schließlich zur Folge, dass sich Hospitalismuskeime oder auch andere Krankheitserreger am und im Patienten ausbreiten können. "Der Verlust einer funktionierenden Darmflora kann bei Intensivpatienten beispielsweise zu schweren choleraartigen Durchfällen führen", so Gorkiewicz.

Derzeit kann die Wiederherstellung der Darmflora in so einem Fall nur über eine Stuhltransplantation gelingen, einem Verfahren, bei dem der gefilterte Stuhl von gesunden Spendern in den Darm von Patienten eingebracht wird. Die Forschungsgruppe um Gorkiewicz und Berg arbeitet nun an der Entwicklung eines Probiotikums, das den Aufbau der zerstörten Darmflora bewerkstelligen soll.

"Die Hauptfrage unseres Projekts lautet, welche Mechanismen aktiviert werden müssen, um ein zerstörtes physiologisches Mikrobiom wiederaufbauen zu können", erklärt Gorkiewicz. Deshalb planen die Wissenschafter jene Mikroben zu identifizieren und im Anschluss zu kultivieren, die für die Wirksamkeit der Stuhltransplantation verantwortlich sind. Diese könnten dann in Zukunft als Probiotika in der Behandlung von Intensivpatienten eingesetzt werden. (red, 14.9.2016)