Gesundheitliche Probleme durch Schimmelpilze sind zwar für gesunde Menschen eher unwahrscheinlich, trotzdem muss der Schimmel weg, sagt Volker Mersch-Sundermann, Umweltmediziner am Uniklinikum Freiburg.

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Vor allem im Herbst und Winter blüht er: Der Schimmel. Doch wie gefährlich sind die unansehnlich pelzigen Flecken auf den Wänden? "Schimmelpilze gehören zu unserer Umwelt und kommen auch in Wohnung und Haus vor. Doch die Wahrscheinlichkeit an ihnen zu erkranken ist sehr gering", sagt Volker Mersch-Sundermann, Direktor des Instituts für Umweltmedizin und Krankenhaushygiene am Uniklinikum Freiburg.

Es gibt bisher noch keine Zahlen dazu, wie viele Häuser und Wohnungen in Österreich oder Deutschland mit Schimmel befallen sind und ob das Schimmelproblem mit Energiesparhäusern eher zu- oder abnimmt. "Auf der einen Seite haben gedämmte Gebäude weniger Wärmebrücken, was das Risiko für Schimmelbildung senkt", sagt Mersch-Sundermann. "Andererseits wird weniger Luft ausgetauscht, und das erhöht die Luftfeuchtigkeit und damit das Risiko für Schimmelwachstum."

Schimmelpilze bilden typischerweise Fäden und Sporen. Diese sind so leicht und klein, dass sie über weite Strecken in der Luft schweben und eingeatmet werden können. Es gibt zwischen 100 .000 und 150 .000 Schimmelpilzarten auf der Welt, aber für gesundheitliche Probleme sind nur einige Dutzend verantwortlich. Im Haus oder in der Wohnung bilden Schimmelpilze farbige, oft braune oder schwarze Flecken an Wänden, Decken oder Möbeln. Wachsen sie im Verborgenen, bemerkt man sie meist erst durch ihren Geruch: Modrig und ziemlich unangenehm.

Allergie durch Schimmelpilze

Der britische Arzt Charles Blackley war vermutlich der Erste, der den Effekt von Schimmel auf die Gesundheit untersucht hat. 1870 unternahm er einen heldenhaften Selbstversuch und atmete Pilzsporen ein. "Ziemlich unangenehme Beschwerden" habe er dann bekommen, schreibt er und wünschte, er hätte sich dem nicht ausgesetzt.

Wenn man bedenkt, dass so viele Schimmelpilzsporen herumfliegen, haben sich Forscher wenig darum gekümmert. "Zum einen sind Schimmelpilze nicht so einfach nachzuweisen wie andere Stoffe in der Umwelt wie etwa Pollen", sagt Mersch-Sundermann. "Zum anderen können Schimmelpilze Beschwerden verursachen, die viel häufiger bei anderen Krankheiten vorkommen."

Was wissenschaftlich belegt ist: Schimmelpilze können eine Allergie auslösen, die sich meist wie Heuschnupfen oder Asthma äußert. Das Risiko ist höher, wenn man schon unter Heuschnupfen, Neurodermitis oder anderen Allergien leidet. Als allergieauslösender Stoff (Allergen) wirken dabei Eiweiße in den Sporen oder in den Fäden der Pilze. Bei einem ersten Kontakt mit den Pilzen sensibilisiert sich der Körper: Er bildet sogenannte IgE-Abwehrstoffe gegen die Eiweiße, die sich an bestimmte Immunzellen (Mastzellen) binden. Bei einem zweiten oder späteren Kontakt schütten diese Botenstoffe aus, was die typischen Beschwerden auslöst.

Ungenaue Tests

In Österreich und Deutschland lassen sich bei etwa fünf Prozent der Menschen IgE gegen Schimmelpilze nachweisen, sie sind also sensibilisiert darauf. "Das bedeutet aber noch lange nicht, dass diese IgE an Mastzellen binden und über die Ausschüttung von Botenstoffen zu Heuschnupfen oder Asthma führen", erklärt Uta Ochmann, Allergologin und Umweltmedizinerin an der Universitätsklinik der Ludwig-Maximilians-Universität in München. "Im Vergleich zu Allergenen von Pollen, Milben oder Katzen führen Schimmelpilze aber viel seltener zu IgE-Bildungen", sagt Ochmann. "Man kann sagen, die Pilze wirken nicht so allergisch und das macht es noch unwahrscheinlicher, dass sie für die Beschwerden verantwortlich sind."

Zu Peter Schmid-Grendelmeier, dem Leitenden Allergologen an der Uniklinik in Zürich, kommen regelmäßig Patienten mit Heuschnupfen oder Asthma, die Schimmelpilze als Auslöser ihrer Beschwerden vermuten. "Auch wenn solche Allergien eher durch Pollen, Katzen oder Hausstaubmilben als durch Schimmelpilze verursacht werden, mache ich Blut- und Hauttests, um sicherzugehen", sagt er. Ein Problem sei aber die geringe Verlässlichkeit der Tests. "Während wir bei anderen Allergien schon ganz spezifisch nachweisen können, gegen welches Eiweiß jemand allergisch ist, gibt es solche Tests bisher nur für einzelne Pilzarten."

Die Lebensgrundlage entziehen

Immer wieder suchen Leute ihren Arzt auf mit ständigem Räuspern, Brennen oder Tränen der Augen, Niesreiz, Erschöpfung oder Kopfschmerzen und vermuten, das läge am Schimmel in ihrer Wohnung. "Einige Schimmelpilze bilden sogenannte Mykotoxine, und manche meinen, die würden die Beschwerden auslösen", sagt Ochmann. "Das konnte in Studien aber nie bewiesen werden." Auch eine durch Schimmelpilze verursachte Infektion (Mykose) zu bekommen, ist für gesunde Menschen sehr unwahrscheinlich. "Der Körper ist in der Lage, die Pilze abzuwehren", sagt Mersch-Sundermann. "Menschen mit Immunschwäche müssen aber aufpassen." Dies betrifft vor allem HIV-, Mukoviszidose-, und Krebs-Patienten. Auch nach einer Transplantation besteht ein erhöhtes Erkrankungsrisiko.

Obwohl gesundheitliche Probleme durch Schimmelpilze für gesunde Menschen unwahrscheinlich sind: Der Schimmel muss weg, da sind sich die Experten einig. Weniger als einen halben Quadratmeter können mit Wasser und Haushaltsreiniger selbst entfernt werden. Ansonsten muss ein Fachmann ran. "Bei Schimmelbefall wird bisher viel zu häufig unprofessionell gearbeitet. Wände werden Dutzende Male überpinselt und übertüncht, und immer wieder ziehen die Mieter nach kurzer Zeit aus, weil es riecht und schimmelt", kritisiert Mersch-Sundermann.

Das Wichtigste bei Schimmel ist, ihm die Lebensgrundlage zu entziehen, nämlich die Feuchtigkeit. "Die Strategie heißt dann oft: 'Ich streich’ da mal schnell mit Antischimmelfarbe drüber' – das ist aber in den allermeisten Fällen falsch. Man muss das Vorgehen immer im Einzelfall beurteilen – es gibt kein Patentrezept", so der Umweltmediziner. (Felicitas Witte, 25.9.2016)