Anfang September war es wieder soweit. Apple stellte auf seiner Keynote neben einer neuen Generation der Apple-Watch auch die nächsten Sprösslinge seiner Smartphone-Serie vor: Das iPhone 7 und das iPhone 7 Plus. Ein schnellerer Prozessor, ein auf 3D-Touch aufbauender Homebutton und eine deutlich aufgewertete Kamera wurden als Hauptmerkmale präsentiert.

Trotz aller Verbesserungen und der wie üblich blumigen PR-Sprache, in der die beiden Geräte wie jedes Jahr als "die besten iPhones bisher" angepriesen wurden, war es vor allem der Wegfall einer Funktion, mit der man schon vor der Präsentation für Schlagzeilen sorgte. Nämlich die als "couragiert" beworbene Auslassung der 3,5mm-Audioklinke, die bisher Bestandteil fast aller Smartphones und bis heuer auch sämtlicher iPhones war.

Nun ist das aktuelle Apple-Handy auch in Österreich angekommen. Der WebStandard hat das iPhone 7 und iPhone 7 Plus einem Praxistest unterzogen.

Das iPhone 7 misst 138,3 x 67,1 x 7,1 mm und wiegt 138 Gramm, das iPhone 7 Plus kommt auf 158,2 x 77,9 x 7,3 mm und 188 Gramm.
Foto: derStandard.at/Pichler

Vorwort

Bevor es ans Eingemachte geht, ist an dieser Stelle jedoch ein Vorwort fällig. Denn dieser Test hier wurde von jemandem verfasst, der seit Version 2.0 "Eclair" hauptsächlich mit Android unterwegs ist (Motorola Milestone, anyone?). Mein Diensthandy ist ein betagtes iPhone 4s und verbringt sein beschauliches Smartphone-Leben hauptsächlich in einer Lade. Bei der Mehrzahl der gelegentlichen Inbetriebnahmen zeigte sich iOS noch im skeumorphischen Design, das vor drei Jahren auf Betreiben von Designchef Jony Ive einer pastellbunten, flachen Optik gewichen ist.

Damit gesellt sich diesem Artikel eine weitere Perspektive hinzu. Und eine Frage: Ist Apples aktuelles Angebot gut genug, um dafür Googles goldenen Käfig zu verlassen?

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Schickeres Äußeres

Nun aber zu den harten Fakten: Wie schon seit dem iPhone 6 (Plus) liefert der kalifornische Konzern auch diesmal wieder Geräte in zwei Größen. Das iPhone 7 bringt ein 4,7-Zoll-Display mit, das iPhone 7 Plus eine Bildschirmdiagonale von 5,5 Zoll. Nichts geändert hat sich auch an der Materialwahl. Hier setzt man weiter auf eine verglaste Front auf einem metallenen Körper, lediglich die recht gut versteckten Antennenstreifen bestehen aus Kunststoff.

Während die zwei iPhones ziemlich flach ausfallen, sind sie dank vergleichsweise großer "Stirn" und "Kinn" dafür länger als viele ihrer Android-Pendants mit gleicher Displaygröße. Das iPhone 7 entspricht dabei in etwa einem typischen Fünfzöller, das iPhone 7 Plus erweist sich dafür unhandlicher, als selbst recht groß geratene Geräte wie das OnePlus 3, das ebenfalls einen 5,5-Zoll-Touchscreen mitbringt.

Die abgerundeten Seitenkanten machen die zwei Handys an und für sich gut greifbar. Die (zumindest in der mattschwarzen Variante) ziemlich rutschige Rückseite hebt diesen Vorteil bei geringer Unachtsamkeit allerdings auf. In ergonomischer Hinsicht ist die Tastenanordnung des iPhone 7 optimal. Wer bei der Plus-Ausgabe die Lautstärketasten oder den Ein-Aus-Schalter benutzen möchte, wird einhändig aber nicht um eine Einlage in Fingerakrobatik herumkommen. Hier wäre niedriger angeordnete Knöpfe vorteilhaft gewesen.

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Anstandslos verarbeitet und wasserdicht

Was die Verarbeitung beruft, wird Apple seinem guten Ruf weiterhin gerecht. Problematische Spalten oder Unregelmäßigkeiten an der Oberfläche sind nicht zu finden. Die Löcher für Lautsprecher und Mikrofon sind schnörkellos geschnitten bzw. gefräst.

Kritikpotenzial bieten allerdings die herausstehenden Kameramodule, die verhindern, dass die Handys etwa flach auf einem Tisch aufliegen. Beschwerden diesbezüglich gibt es seit dem iPhone 6, in Cupertino zieht man allerdings einen Ausbau der Kameratechnologie vor und lehnt es ab, die Telefone wieder dicker werden zu lassen.

Dafür gibt es eine andere, willkommene Ergänzung: Die neuen iPhones sind nach IP67 staub- und wasserdicht. Regen oder ein kurzer, ungeplanter Ausflug in die Badewanne sollen ihnen nichts mehr ausmachen.

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Innenleben

Unter der Haube werkt Apples neuer "A10 Fusion"-Prozessor, der erste Quadcore-Chip in der Geschichte der Reihe. Er nutzt zwei stärkere Kerne für schwerere Aufgaben und zwei schwächere für simplere Tasks. Ein nicht näher ausgeführter Sechskern-Grafikchip soll für Leistung sorgen, wenn mit Videos gearbeitet oder gespielt wird. Zum Arbeitsspeicher gibt es keine offiziellen Angaben, laut den Zerlegungskünstlern von iFixit arbeitet das iPhone 7 mit zwei und das iPhone 7 Plus mit drei GB Arbeitsspeicher.

Dazu gesellen sich, je nach Modell, 32, 128 oder 256 GB Onboardspeicher. Die vielen ohnehin zu klein gewordene 16-GB-Ausgabe wurde ebenso entfernt, wie die 64-GB-Variante – die Preise sind allerdings gleich geblieben. Weiters findet man WLAN (802.11ac), Bluetooth 4.2, LTE und NFC (nur Apple Pay) vor. Das Handy schluckt eine einzelne NanoSIM-Karte. Auf der Rückseite prangt eine 12-MP-Kamera, bei der größeren Version gleich in doppelter Ausführung. Die Frontkamera arbeitet mit sieben Megapixel.

Ebenso neu ist ein Stereo-Lautsprechersystem, das den Ohrhörer zur Ausgabe des zweiten Kanals mitbenutzt. Wer lieber auf Kopfhörer setzt, muss jetzt zum mitgelieferten Lightning-auf-Audioklinke-Adapter greifen, denn der 3,5mm-Anschluss ist wie erwähnt Geschichte. Dort wo er einst im Gehäuse ruhte, befindet sich nun die Taptic Engine. Sie sorgt für erfühlbares Feedback beim Homebutton, der von einer echten Taste zu einer kapazitiven Oberfläche gemacht wurde. Auf den Handys vorinstalliert ist das bereits auf Apples Entwicklerkonferenz WWDC im Juni vorgestellte iOS 10.

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Der ungewöhnliche Fall des neuen Homebuttons

Soweit, so gut. Der Einrichteprozess des iPhones gestaltet sich unproblematisch. Zumindest wenn man vorher schon eine SIM-Karte einlegt. Andernfalls verweigert das Gerät schlicht die Aktivierung. Wer ohne SIM ins System einsteigen will – wie es bei Android-Smartphones möglich ist – müsste entweder einen riskanten,(für iOS 10 noch nicht existierenden) Jailbreak anwenden oder sich eine eigene Aktivierungskarte kaufen, deren Kompatibilität mit dem neuen Handy noch nicht geklärt ist.

Weil der Homebutton nunmehr flach und unbeweglich ist, kann man bei der Einrichtung drei Intensitätsstufen für das künstliche haptische Feedback festlegen. Auf eine flache Oberfläche zu drücken und tatsächlich, begleitet von einem Knackgeräusch, so etwas wie ein Nachgeben zu spüren, fühlt bei den ersten Versuchen besorgniserregend an – als ob im Handy selber etwas zu Bruch gehen würde. Dass das ganze "schrecklich" wirken kann, wie es ein Hands-on von The Verge beschrieben hat, ist nachvollziehbar. Letztlich gewöhnt man sich aber auch als iPhone-unerfahrener User sehr bald daran.

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Wenngleich Traditionalisten sich über diesen Schritt ärgern dürften, hat er für den User gut argumentierbare Vorteile. Gemäß der Devise "was sich nicht bewegt, geht auch nicht so schnell kaputt", endet mit dem neuen Homebutton die Zeit, in der man sich Reparatursets kaufen musste, um feststeckende Knöpfe wieder beweglich zu machen.

Dazu bietet der Button via 3D-Touch nun eine weitere Verwendungsebene. Einmal draufdrücken führt zum Homescreen, zwei Mal draufdrücken öffnet die Übersicht der laufenden Apps. Wer hingegen zwei mal sanft tippt, aktiviert den Einhandmodus, in dem der Bildschirminhalt weiter nach unten gezogen wird. Ein langer Druck startet wie üblich Sprachassistentin Siri, die auf Wunsch auch auf das Kommando "Hey Siri" reagiert.

Etwas Abhilfe im App-Dschungel

Entsichert man das Gerät per Tastendruck oder Code (der integrierte Fingerabdruckscanner ist übrigens wirklich sehr zuverlässig), landet man am Startbildschirm. Was Apple-User schon lange gewohnt sind, springt dem Android-Veteranen dabei sofort als Ärgernis ins Auge: iOS kennt keinen Appdrawer. Anwendungen werden über die Homescreens verstreut. Als eher "dreckiger" Workaround bietet sich das Anlegen von Ordnern an. Die Möglichkeit, eine alternative Oberfläche zu installieren, gibt es nicht. Widgets sind in eine eigene Sektion verbannt, die vom Startscreen aus mit einem Swipe nach links zu erreichen ist.

Ein wenig Aufräumpotenzial gibt es allerdings, wenn die Iconvielfalt Überhand zu nehmen droht. Diverse Standard-Apps, etwa der Börsenticker "Aktien" lassen sich nun permanent deaktivieren und ausblenden.

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Mehr 3D-Touch

Auch an anderer Stelle wurde ausgebessert, wobei Apple dabei den einen oder anderen Trick von der Konkurrenz abgeschaut hat. Beispielsweise lassen sich nun alle Einträge in der Notification-Leiste auf einmal löschen, statt die Updates jeder einzelnen App separat löschen zu müssen. Und die Kurzeinstellungen bieten nun Zusatzoptionen per 3D-Touch.

Überhaupt erweist sich die zusätzliche Befehlsebene durch stärkeren Druck als sehr sinnvolles Feature, das die iPhones den meisten Android-Phones voraus haben – zumal es in iOS mittlerweile sehr umfassend integriert ist. Im Universum des Google-Betriebssystems gibt es hier oft Lösungen auf Basis von Gesten, die aber längst nicht so intuitiv sind.

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iMessage-Ausbau

Gespielt haben die Entwickler auch mit dem Messenger. Der iMessage-Service wurde nicht nur in puncto Sicherheit durch Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ausgebaut, sondern hat auch eine Reihe direkt sichtbarer Features erhalten. So lassen sich nun mit dem Finger Zeichnungen und Botschaften verfassen oder animierte GIFs und Smileys leichter über eine Schlagworteingabe einfügen.

Letztere Funktion läuft über einen Filter, der Obszönitäten fernhalten sollte, der (zumindest bei englischer Spracheinstellung) allerdings noch nicht ganz zuverlässig funktioniert. Seitdem sind einige iMessage-User um die Erkenntnis schlauer, dass auch Comic-Ponys mitunter gar nicht so unschuldig sind, wie sie dreinschauen.

Ebenfalls neu: Mit simplen Wischgesten kann man nun Feuerbälle, Herzschläge und Kussmünder verschicken. Nachrichten lassen außerdem mit bildschirmfüllenden Effekten wie Lasershows und aufsteigenden Ballons ausstatten. Viele dieser Funktionen gehören der Kategorie "ganz nett" an, dürften aber bald ob dem Gewöhnungseffekt nicht mehr gar so häufig verwendet werden.

Außerdem macht Apple iMessage nun zu einer Plattform für App-Anbieter. Es ist nun etwa möglich To-Do-Listen auszutauschen oder gegeneinander Schach zu spielen.

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Brave Siri

Auch andere Apps wurden erweitert. Etwa Maps mit einer aufgefrischten Oberfläche und Verkehrswarnungen oder Photos mit der Möglichkeit, Objekte und Gesichter zu erkennen. Das geht – im Gegensatz zu Googles Fotoservice – auch ohne Internetanbindung, weil die Abwicklung lokal erfolgt. Die größte Neuerung für Sprachassistentin Siri liegt in der Öffnung von Schnittstellen für andere Hersteller. Hier wird die Zukunft zeigen, ob und wie App-Entwickler es vermögen, Sprachbedienung sinnvoll in ihre Programme zu integrieren.

Als Android-User darf man Siri jedenfalls ein generelles Lob aussprechen. In Sachen Stimmerkennung scheint sie zuverlässiger zu arbeiten, als Google Now. Der Android-Sprachassistent, der auf "Okay, Google" reagiert, lässt sich trotz eintrainiertem Stimm-Modell mitunter vom Fernseher, sprechenden Kollegen oder Youtube-Videos aufwecken. Siri reagiert mit hoher Treffsicherheit nur auf meine Stimme. Was ihre Einsatzmöglichkeiten angeht, sind die beiden quasselnden Helfer geschätzt auf ähnlichem Niveau.

Was man Apple ebenfalls anrechnen kann ist, dass die mitgelieferten Apps wirklich wie "aus einem Guss" wirken. Die etablierte Interface-Logik wird selten verlassen. Das Design ist einheitlich. Ein Zustand, der sich in der Android-Welt nur dort feststellen lässt, wo Hersteller wenige Interfaceanpassungen vornehmen und auf eigene Standard-Apps verzichten.

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Display-Vergleich

Allerdings gibt es aus dieser Perspektive auch manche Entscheidungen hinsichtlich des Interfaces zu kritisieren. Nach wie vor kennt iOS keine eigene "Zurück"-Taste, wie sie Android-Varianten in einer Navigationsleiste oder auf einem kapazitiven Button mitbringen. Dass diese Schaltfläche trotzdem standardmäßig im linken oberen Eck platziert ist, erscheint nicht besonders intuitiv. Wenig begeisternd ist auch das Menü für die System- und Appeinstellungen, die sich als gefühlt doppelt so lange präsentiert, wie ihr Äquivalent unter Androids Standardoberfläche, wo viele Einzeleinstellungen erst in Untermenüs zu finden sind.

Nun aber zurück zum Gerät. Während Full-HD bei Fünf-Zoll-Geräten mittlerweile Quasi-Standard ist, liefert Apple das iPhone 7 mit 1.334 x 750 Pixel aus. Das mag technisch inferior wirken, ist praktisch bei einem Gerät mit 4,7 Zoll aber nicht zu erkennen. Ansonsten ist das Panel des kleinen Apple-Panels dank schöner Farben, hoher Kontraste und guter Helligkeit über alle relevanten Zweifel erhaben.

Anders jedoch das Display des iPhone 7 Plus. Hier liefert Apple Full-HD-Auflösung (1.920 x 1.080 Pixel), im direkten Vergleich liefert der Screen jedoch eine Spur blassere Farben und ist sichtbar dunkler – jedenfalls wenn man beide Bildschirme zwecks Stromsparens auf niedrigere Helligkeitswerte einstellt. In der maximalen Beleuchtungsstufe wirkt der Unterschied wiederum marginal.

Performancetechnisch scheint man Hardware und Software gut abgestimmt zu haben. Abgesehen von minimalen Rucklern bei gar hektischer App-Abwechslerei ließen sich die iPhones nicht aus dem Takt bringen. Quält man sie allerdings etwas mit aufwändigeren Games, erwärmen sie sich spürbar. Benchmarkwerte fehlen an dieser Stelle, denn sowohl der Allroundtest Antutu, als auch der grafikspezifische 3DMark verweigerten die Funktion. Hier stehen offenbar noch Updates aus, die mit der neuen Hardware und iOS 10 kompatibel sind.

Größenvergleich: iPhone 7 Plus (links) und OnePlus 3, beide jeweils mit 5,5-Zoll-Display.
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Zwei Kameras sind (etwas) besser als eine

In Kamerabelangen muss sich Apple vor der Konkurrenz ebenfalls nicht verstecken. Schon länger spielen die eigenen Smartphones hier um die Ligaspitze mit, was man ob des Preises aber auch erwarten sollte. Insofern ist es eigentlich überraschend, dass das kleinere iPhone erst heuer optische Bildstabilisierung erhält, die erheblich zu einer guten Foto- und Videoqualität beiträgt.

Und die liefern beide Kameras ab. Unter Tags schießt man Bilder und Videos mit hohen Details, ordentlicher Schärfe, feiner Farbtreue und sehr schönem, künstlichen Bokeh. Gerade in der Erfassung der Lichtstimmung schneidet allerdings das iPhone 7 Plus mit seinem Doppelmodul jedoch einen Tick besser ab. Während die Unterscheidung mitunter schwer fällt, wird dieser Bonus mit schwindender Lichtintensität zunehmend erkennbarer.

Wo beim kleinen Apple-Phone der Weißabgleich bereits emsig arbeitet und farbliche Verzerrungen hervorruft, liefert sein großer Zwilling immer noch recht akkurate Farbdarstellungen bei weniger Bildrauschen.

Testvideo: Zeitlupenaufnahme mit dem iPhone 7 Plus.
derStandard.at

Allerdings kommt diese Stärke auch mit einem kleinen Malus: Bei der Kombination der beiden Kamera-Outputs radiert Apples Algorithmus mitunter manche Hintergrunddetails aus. Bevorzugt scheint dies bei Laubgewächsen zu passieren. Der Zweifach-Zoom, der gerne als "optisch" beworben wird, aber letztlich auch aus dem Bild beider Module erzeugt wird, ist einer reinen digitalen Vergrößerung zwar überlegen, kommt aber an einen einen linsenbasierten Zoom nicht heran.

Das Kameramodul für Selfies auf der Vorderseite leistet ebenfalls brauchbare Arbeit. Wie gehabt kann das Display zu einer Art Ersatz-Blitz umfunktioniert werden. Eine echte LED-Beleuchtungshilfe findet sich nur auf der Rückseite. Lob verdient aus Androidnutzer-Sicht die einfach gehaltene Kamera-App, wenngleich das "Wechselrad" für die verschiedenen Aufnahmemodi komfortabler zu bedienen sein könnte.

Testvideo: Abendaufnahme mit dem iPhone 7 Plus.
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Gelungenes Lautsprecher-Upgrade

Nicht fehlen darf auch das Hinhören auf die Klangqualitäten der neuen iPhones. Das Stereolautsprecher-Arrangement erweist sich als wohltuendes Upgrade. Für Smartphones darf man die Soundqualität auch als ordentlich bezeichnen, etwas Scheppern bei hoher Lautstärke (reicht problemlos zur Beschallung eines 25-Quadratmeter-Zimmers) und stärkeren Höhen und Tiefen bleibt aber nicht aus.

Wenig zu meckern gibt es auch hinsichtlich der Sprachqualität. Anrufer und Empfänger verstehen sich laut und gut. Subjektiv liegt hier das Plus-Modell aufgrund von leichtem Rauschen und gelegentlichen Verzerrungen etwas schlechter, als die kleine Ausgabe. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass sich dieser Unterschied durch die Nutzung zweier unterschiedlicher Mobilfunknetze ergeben hat.

Klinkenstecker: Abschied ohne Zwang

Womit nun über die Kopfhörer-Kontroverse gesprochen werden muss. Weil Lautsprecher und Kopfhörer keine Nullen und Einsen ausspucken, sondern Töne letztlich immer analog ausgeben, fehlt Apple eigentlich das technologische Argument zur Entfernung der 3,5mm-Buchse. Dass man zur Verbindung von Kopfhörern nun den hauseigenen Lightning-Port nutzen muss, kommt allerhöchstens den Accessoirherstellern entgegen, die neue Produkte verkaufen können, an denen Apple wiederum mitverdient. Gleichzeitig entsteht so auch ein sanfter Zwang zum Wechsel auf eine Drahtlos-Lösung, die man mit den Airpods auch gleich selbst im Programm führt.

Dem Kunden bleibt die Verwendung eines Adapters, der bei Verlust nachgekauft werden muss, weil die bisherigen Kopfhörer sich sonst nicht mehr anstecken lassen. Umgekehrt werden auch alle Lightning-basierten Kopfhörer entweder einen Adapter benötigen (sofern überhaupt machbar), wenn man sie mal eben bei einem Nicht-Apple-Gerät eines Freundes einstecken möchte. Couragiert ist hier nicht die Entsorgung eines extrem verbreiteten Anschlusses, sondern eher der Schritt in Richtung proprietärer Audiostecker, der wohl auch eine Erhöhung des Müllaufkommens nach sich ziehen wird.

Das voran gestellt: die mitgelieferten Earpods sitzen einigermaßen bequem und sind mittlerweile besser in der Basswiedergabe, als noch zu ihrer Einführung. Ansonsten klingt die Wiedergabe allerdings unspektakulär und etwas "schwammig".

Akku

Bleibt noch die Akkulaufzeit zu erwähnen. Mit 1.960 mAh (iPhone 7) und 2.900 mAh (Plus) hat Apple die Kapazität im Vergleich zum Vorjahr etwas angehoben. Für verlässliche Angaben sind Langzeittests abzuwarten, innerhalb der Testzeit entstand allerdings der Eindruck, dass aus den Geräten kaum mehr als ein Tag an Laufzeit herauszukitzeln ist, wenn man sie regelmäßig nutzt. Für Poweruser könnte das sogar knapp werden.

Insofern ist es schade, dass Apple die – wenn auch vergleichsweise limitierte – Schnellladefunktion der iPhones nicht nutzt. Denn mitgelieferte Ladegerät nutzt fünf Volt Spannung bei einem Ampere Stromstärke. Mit einem iPad-Ladegerät (und wahrscheinlich auch anderen, stärkeren Ladegeräten) sind bis zu 2,1 Ampere möglich, was effektiv eine Halbierung der Ladezeit bedeutet. Ein Feature, das allerdings nicht beworben wird.

Viele Android-Handys unterstützen heute Ladestrom mit deutlich über einem Ampere an Stärke. Im Mittelklassebereich sind es hier oft 1,3 bis 1,8 Ampere.

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Fazit

Mit dem iPhone 7 und iPhone 7 Plus hat Apple vieles richtig und besser gemacht. Da wären etwa diverse Neuerungen für iOS (von der auch ältere Smartphones profitieren werden), das wasserdichtere und schönere Gehäuse oder die ungewohnte, aber sinnvolle Weiterentwicklung des Homebuttons. Oder die Stereolautsprecher, die für ein deutlich schöneres Musikerlebnis sorgen. Und auch bei der Kamera hat man einige Schritte nach vorne gemacht.

Um einen langjährigen Android-Nutzer anzulocken, reicht das Paket allerdings nicht. Während sich Kritik an der iOS-Oberfläche als "Geschmacksfrage" einbuchen lässt, fehlt dem Gesamtpaket auch ob seines bekannt hohen Preises schlicht die Zugkraft, insbesondere unter Berücksichtigung von Inhalten, die bereits im anderen "goldenen Käfig" erworben wurden. Man darf es aber durchaus schade finden, dass es das iPhone nicht auch in einer Android-Edition gibt, denn in puncto Hardware sind auch die beiden neusten Ausgaben spitze – wenn man von der unnötigen Entfernung der Audioklinke absieht.

Für jene, die bereits ins Apple-Universum investiert haben, sieht die Sache freilich anders aus. Glänzen können Apples Geräte bekanntlich auch in Kombination, weswegen es auch Millionen Leute gibt, die bereit sind, dafür Premiumpreise zu zahlen. Der Lock-in funktioniert bei Apple auch bei der Hardware und es wäre falsch zu behaupten, es gäbe keinen Gegenwert dafür.

Ob jemand, der bereits das iPhone 6 oder 6s besitzt, dringend wechseln sollte, bleibt letztlich eine budgetäre und individuelle Frage – ganz große, zwingende Neuerungen gibt es nicht. 759 Euro werden laut Herstellerempfehlung für das kleinere Modell in der 32 GB-Edition fällig. Die Plus-Ausgabe kostet zumindest 899 Euro. (Georg Pichler, 18.09.2016)

Update, 19.09., 10:35 Uhr: Ergänzung der Möglichkeit, iPhones mit einem iPad-Ladegerät schneller zu laden.

Testfotos

Linke Bildhälfte: iPhone 7, rechte Bildhälfte: iPhone 7 Plus. Verlinkungen zu den Originalen jeweils beim Bild.

iPhone 7 | iPhone 7 Plus
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iPhone 7 | iPhone 7 Plus
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iPhone 7 | iPhone 7 Plus
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iPhone 7 | iPhone 7 Plus
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iPhone 7 | iPhone 7 Plus
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iPhone 7 | iPhone 7 Plus
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iPhone 7 | iPhone 7 Plus
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iPhone 7 | iPhone 7 Plus
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iPhone 7 Plus (ohne Zoom) | iPhone 7 Plus (mit 2x-Zoom)
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Selfie (iPhone 7)
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