Spitzenkandidatin Uschi Lichtenegger hat einen Grund zum "kräftigen Feiern". Sie wird nach Thomas Blimlinger (Neubau) und Silvia Nossek (Währing) die dritte grüne Bezirkschefin in Wien.

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Vorläufiges Endergebnis ohne Briefwahl und EU-Bürger.

Wien – Die Grünen eroberten am Sonntag bei der Wiederholung der Bezirksvertretungswahl einen dritten Wiener Bezirk – nach Neubau und Währing: Spitzenkandidatin Uschi Lichtenegger dürfte Bezirksvorsteherin der bisher roten Hochburg Leopoldstadt werden und damit Karlheinz Hora (SPÖ) ablösen. Die Grünen lagen am Sonntagabend mit 32,24 Prozent klar vor der SPÖ, die 28,83 Prozent der Stimmen erreichte. Lichtenegger sagte in einer ersten Reaktion im ORF, sie werde erst einmal "kräftig feiern" und es dann "angehen". Die Chefin der Bundes-Grünen, Eva Glawischnig, gratulierte Lichtenegger zum "sensationellen Erfolg".

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Die SPÖ musste kräftige Verluste hinnehmen: Vergangenen Herbst war sie noch auf 38,64 Prozent gekommen und lag damit klar auf Platz eins. Die FPÖ, die das Ergebnis der Bezirksvertretungswahl vom 11. Oktober 2015 beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) angefochten hatte, landete mit 24,94 Prozent erneut auf dem dritten Platz – ein Plus von 2,84 Prozentpunkten gegenüber 2015 (22,10 Prozent).

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Die Blauen hatten das Ergebnis beeinsprucht, weil das Rennen um Platz zwei denkbar knapp ausgefallen war: Die Grünen (22,15 Prozent) lagen mit nur 21 Stimmen vor der FPÖ, womit ihnen der Posten des zweiten Bezirksvorsteherstellvertreters zustand. Im Wahlkampf um die Wiederholung war deshalb das Duell zwischen Grün und Blau – auch angesichts der Bundespräsidenschaftswahl – im Vordergrund gestanden. "Wir haben es nicht geschafft, in alle Köpfe hineinzubekommen, dass es nicht nur um den Posten des Stellvertreters ging, sondern auch um Platz eins", sagte der scheidende Bezirksvorsteher Karlheinz Hora am Sonntag im ORF. Viele Wähler hätten zudem geglaubt, dass mit der Wahlwiederholung um die Bundespräsidentschaft auch jene in der Leopoldstadt verschoben worden sei.

Ergebnisse kaum verändert

Auch Wolfgang Seidl, der Gemeinderat, der für die FPÖ im Zweiten ins Rennen ging, begründete den dritten Platz damit, dass es für die Wähler verwirrend gewesen sei. Er zeigte sich aber erfreut über das Stimmenplus.

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Die Ergebnisse der anderen Leopoldstädter Parteien veränderten sich im Vergleich zu 2015 kaum: Die ÖVP erreichte mit 5,93 Prozent den vierten Platz. Auch die Neos konnten nicht dazugewinnen, sie kamen auf 5,02 Prozent, zeigten sich aber trotzdem erfreut. Christian Moritz sagte, er sei "glücklich", dass man den Wähleranteil halten konnte. Das Wahlbündnis Wien Anders, das ein Mandat in der Bezirksvertretung hält, kam auf 2,16 Prozent.

Die Briefwahlstimmen sowie jene der auf Bezirksebene wahlberechtigten nichtösterreichischen EU-Bürger sind in das vorläufige Ergebnis von gestern, Sonntag, nicht einberechnet. Die Kreuzerln dieser zwei Wählergruppen sind für die Grünen traditionell wichtig. Die Auszählung erfolgt am Montag. Das amtliche Endergebnis soll dann am 26. September vorliegen.

Rund ein Drittel ging wählen

Die Hochrechnung des Institut Sora, in welche Briefwahl- und EU-Bürger-Stimmen eingerechnet sind, zeigt folgende Ergebnisse für Grüne, SPÖ und FPÖ: 34,1 Prozent, 28,5 Prozent und 22,6 Prozent.

Die Wahlbeteiligung in den Sprengeln ist im Vergleich zur Wahl im Herbst massiv gesunken: Statt 64,68 Prozent der insgesamt 71.845 Wahlberechtigten gingen nur 36,5 Prozent wählen. Laut Sora dürfte die Beteiligung bei der Briefwahl aber weniger stark gesunken sein. Das Wählerregister wurde, anders als bei der Hofburgwahlwiederholung, nicht aktualisiert. Das heißt, es konnten auch Menschen am Sonntag ihr Kreuzerl setzen, die inzwischen nicht mehr im zweiten Bezirk wohnen.

Neu war am Sonntag, dass die Wähler das Kuvert in den 105 Wahllokalen nicht selbst in die Urne werfen durften. Das wurde, wie es die Regeln vorsehen, vom Wahlleiter erledigt. Medien durften zudem nicht, wie bisher üblich, die Spitzenkandidaten bei der Stimmabgabe beobachten. Die erste Hochrechnung gab es auch nicht wie üblich schon um 17 Uhr, sondern erst kurz nach 18 Uhr. Denn laut VfGH dürfen die Daten erst an die Hochrechner weitergegeben werden, wenn alle Wahllokale geschlossen sind.

Probleme mit Kuverts

Der VfGH hatte die Neudurchführung angeordnet, weil bei der regulären Wahl 2015 nichtunterschriebene – also ungültige – Wahlkarten mitgezählt worden sein dürften. Auch heuer gab es im Vorfeld Probleme mit den Wahlkarten: Die Kuverts, die mit Klebstoff versiegelt werden, lösten sich auf. Die betroffenen Wähler wurden von der Wahlbehörde aber informiert und durften ihre Stimme noch einmal abgeben. (Christa Minkin, 18.9.2016)