Lissabon/Wien – Seit 1995 erhebt die Espad-Group (European School Survey Project on Alcohol and Other Drugs) im Vierjahresrhythmus die Zugangsmöglichkeiten Jugendlicher zu legalen und illegalen Drogen und den Ausmaß ihres Konsums. Der erste Report des EU-Projekts mit Sitz in Lissabon wurde 1996 veröffentlicht, der am Dienstag erschienene sechste Report lässt also Rückschlüsse auf die vergangenen 20 Jahre zu. Mehr als 96.000 15- bis 16-Jährige in 35 europäischen Ländern wurden im Vorjahr befragt, darunter 3.684 Jugendliche in Österreich mit einem Durchschnittsalter von 15,9 Jahren.

61 Prozent der aktuell Befragten fanden es im Schnitt aller teilnehmenden Länder sehr oder eher leicht, an Zigaretten zu kommen. In Österreich bejahten das gar 79 Prozent. In höherer Zahl stimmten dem nur Jugendliche in der Tschechischen Republik zu (80 Prozent). Die einzige psychoaktive Substanz, die Minderjährigen noch leichter zugänglich ist als Tabak, ist über alle Länder hinweg Alkohol. 78 Prozent der europäischen Jugendlichen sehen kein Problem, an Alkoholerzeugnisse zu gelangen; Österreich wird in dieser Frage mit 89 Prozent nur von Dänemark (96 Prozent), Tschechien (93 Prozent), Spanien (92 Prozent) und Griechenland (91 Prozent) geschlagen.

Im Schnitt haben Österreichs Jugendliche laut Eigenauskunft sieben Mal in den 30 Tagen vor der Befragung tatsächlich auch Alkohol getrunken. Bei der jeweils jüngsten Konsumgelegenheit nahmen sie im Schnitt sechs Zentiliter reinen Ethanols zu sich – Espad rechnet mit zwei Zentilitern je alkoholischem Getränk. An einen Absacker mit fünf oder mehr Getränken innerhalb des letzten Monats erinnerten sich 53 Prozent der jungen Österreicher – nur die dänischen Jugendlichen erreichen bei dieser im deutschsprachigen Boulevard oft als "Komasaufen" bezeichneten Kennzahl mit 56 Prozent einen höheren Wert. Beim täglichen Zigarettenkonsum belegen die jungen Österreicher mit 18-prozentiger Prävalenz den europaweit sechsten Rang.

Fast jeder Dritte könnte Cannabis beschaffen

Cannabis wüssten im Schnitt 30 Prozent der europaweit befragten Jugendlichen zu beschaffen; Österreich befindet sich mit 39 Prozent neuerlich über dem Durchschnitt, nicht aber im wiederum von der Tschechischen Republik (50 Prozent) angeführten Spitzenfeld. Konsumiert haben die berauschenden Hanferzeugnisse dann doch nur 20 Prozent der jugendlichen Österreicher, davon rund elf Prozent in den zwölf Monaten vor der Befragung.

Andere illegale Drogen sind europaweit nur wenigen Jugendlichen sehr oder eher leicht erhältlich – an Ecstasy kämen im Schnitt zwölf Prozent, an Kokain elf Prozent, an Amphetamine neun Prozent, an Crack acht Prozent und an Methamphetamin sieben Prozent. Rund um diese Werte bewegen sich auch die Auskünfte der österreichischen Jugendlichen, die sowohl beim Zugang zu illegalen als auch zu legalen Substanzen kaum Geschlechterunterschiede erkennen lassen. Vor dem Konsum schrecken sie laut Eigenauskunft aber zurück: Crack, Kokain, LSD, Ecstasy, Heroin, Methamphetamin oder neue psychoaktive Substanzen (NPS) haben höchstens zwei Prozent schon einmal probiert.

Rückgang bei legalen Drogen, Anstieg bei Cannabis

Im langjährigen Trend zeigt sich bei den Österreichern – die im Rahmen der Erhebungen 2003, 2007 und 2015 berücksichtigt wurden – ein deutlicher Rückgang beim Nikotinkonsum. 2003 hatten noch rund 80 Prozent angegeben, in ihrem Leben schon einmal eine Zigarette geraucht zu haben, 2007 waren es 73 Prozent, im Vorjahr nur mehr 53 Prozent. Ein erstmaliger, wenn auch flacher Rückgang ist nun beim zumindest einmaligen Alkoholkonsum zu beobachten (2003: 95 Prozent; 2007: 96 Prozent; 2015: 88 Prozent). Die Zahl jener, die zumindest einmal Cannabis probiert haben, änderte sich kaum (2003: 22 Prozent; 2007: 19 Prozent; 2015: 20 Prozent).

Europaweit sank der tägliche Tabakkonsum der 15- und 16-Jährigen seit 1995 von 20 auf 13 Prozent. Der Anteil derer, die in ihrem Leben noch nie eine Zigarette geraucht haben, stieg umgekehrt von 33 auf 53 Prozent. Bei Alkohol wuchs der Abstinenzwert ebenfalls, von elf auf 19 Prozent aber weit nicht so steil. Während der Konsum legaler Drogen in den vergangenen zwanzig Jahren also sank, stieg die Zahl jener, die illegale Substanzen zumindest einmal ausprobiert haben, von elf auf 18 Prozent. Zurückzuführen ist das fast ausschließlich auf Cannabis – auch wenn die Lebenszeitprävalenz bei den Jugendlichen in Österreich zuletzt stagnierte, stieg sie in den vergangenen zwei Jahrzehnten über Gesamteuropa hinweg von elf auf 17 Prozent. (mcmt, 20.9.2016)