Arbeitgeber-Vertreter Christian Knill (re.) und der Chefverhandler auf der Arbeitnehmerseite Rainer Wimmer (Pro-GE) vor Beginn der Metaller-Herbstlohnrunde am Montag.

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Wien – Bei der Eröffnung der Metallerherbstlohnrunde haben Montagmittag beide Seiten Position bezogen. Die Arbeitnehmer rund um Metallgewerkschaftschef Rainer Wimmer und Rudolf Wagner von der Privatangestelltengewerkschaft GPA haben ihre Forderung – wie 2011 – ausnahmsweise öffentlich verkündet: Sie fordern drei Prozent höhere Löhne und Gehälter für die gesamte Metallindustrie, also fünf Fachverbände, die die Mindest- und Istlohnerhöhungen für rund 180.000 Metallarbeiter und Industrieangestellte getrennt verhandeln.

Die Antwort der Arbeitgebervertreter der größten Metallsparte Maschinen/Metallwaren: Auftragslage, schwache Exportmärkte wie Russland und das schwierige Marktumfeld ließen große Sprünge nicht zu, stellte Arbeitgebersprecher Christian Knill klar.

Für die Verhandlungen im Teilbereich Maschinen/Metallwaren, die am Montag in kleiner Runde nach dem Wirtschaftsgespräch sofort aufgenommen wurden, ist damit der Verhandlungsspielraum abgesteckt. Eine schwache Inflation von 0,7 Prozent in dem für die Lohnrunde relevanten Zeitraum und einer geschrumpften gesamtwirtschaftlichen Produktivität von 0,6 Prozent ergibt gemäß "Benya-Formel" eine Annäherung Richtung jener 1,5 Prozent, mit denen die Kollektivverträge im Frühjahr in der Elektroindustrie und in anderen Branchen abgeschlossen wurden.

"Beide haben recht"

Für den Wifo-Konjunkturexperten Marcus Scheiblecker "haben beide Seiten recht". Die Wirtschaft wachse heuer zwar endlich wieder stärker, leide aber unter schwachem Export, sagte der stellvertretende Leiter des Wifo im Ö1-Morgenjournal. Die Lohnerhöhung werde sich wohl "Richtung 1,5 Prozent" bewegen, "vielleicht einen Tick höher", so Scheiblecker, weil heuer zwar die Inflation schwach sei, aber dafür das Wirtschaftswachstum besser als im Vorjahr. Die konjunkturelle Dynamik müsste aber aus dem Ausland kommen, was angesichts einer Exportquote von 90 Prozent und kriselnden Ausfuhrmärkten – Stichwort Russland-Sanktionen – insbesondere in der Metallindustrie einem Spiel mit unsicherem Ausgang gleicht.

Würde man die Produktivität in der Sachgüterproduktion heranziehen, wie das die Gewerkschafter tun, ergäbe das zusammen mit der Teuerung rein rechnerisch 2,5 bis 2,7 Prozent, was angesichts volatiler Auftragseingänge und stagnierender Auftragslage als Abschluss freilich illusorisch scheint. Die Arbeitgeber geben die Produktivität unter Berufung auf einen Wifo-Konjunkturtest mit 0,8 Prozent an. Nachsatz: Die Branche zahle hervorragend, stagniere aber, daher könne man sich Abschlüsse über den realen Steigerungen nicht leisten.

Einer von Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer geforderten weiteren Flexibilisierung der Arbeitszeit kann ÖGB-Präsident Erich Foglar nur dann etwas abgewinnen, wenn die Arbeitnehmer im Gegenzug mehr Souveränität über die Gestaltung der so erzeugten Freizeit erhielten. "Mit einem lebenslangen Freizeitkonto kann ich beim Billa nicht zahlen", stellte Foglar am Montag im Klub der Wirtschaftspublizisten klar, "die Arbeitnehmer müssten die Freizeit auch in längeren Blöcken konsumieren können." Nur damit erreiche man eine Belastungsreduktion. Außerdem brauchten die Menschen auch Kaufkraft.

Die Ausdehnung der täglichen Höchstarbeitszeit auf zwölf Stunden lehne man – außer in besonderen Fällen und bei entsprechenden Überstundenzuschlägen, die bereits jetzt möglich seien – ab.

Lohnnebenkosten im Fokus

Eine Lohnnebenkostensenkung kann sich der ÖGB-Präsident – wie die Wirtschaftskammer auch – sehr wohl vorstellen: "Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum Schulbücher, Kommunalfinanzierung, Kindergeld, Schülerfreifahrt und Wohnbauförderung auf der Lohnsumme lasten müssen." Dabei gehe es immerhin um acht Prozent der Lohnnebenkosten oder neun Milliarden Euro.

Damit ließe sich eine spürbare Erleichterung des Faktors Arbeit durchführen, sofern andere Finanzierungsquellen gefunden werden. Insgesamt fußen 62 Prozent der Staatseinnahmen auf dem Arbeitsvertrag. Um die Arbeitslosigkeit einzudämmen, brauche der Sozial- und Wohlfahrtsstaat andere Finanzierungsquellen, rechnet Foglar vor. In der Debatte darüber sollten aber nicht Schlagworte wie "Maschinensteuer" reflexartig abgeblockt werden. (ung, 26.9.2016)