Wien – Keinen Durchbruch hat Montagfrüh ein weiteres Spitzengespräch von Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) mit Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) in Sachen Mindestsicherung gebracht. Stöger betonte im Anschluss, ein Stück auf die ÖVP zugegangen zu sein. Nun werde sich auch die Volkspartei noch bewegen müssen.

Auf Details wollte der Sozialminister nicht eingehen. Stöger kündigte aber an, die Gespräche intensivieren zu wollen. Ein Zieldatum für einen Abschluss nannte er nicht, gestand aber zu, dass es sich bei der Mindestsicherung um ein Finanzausgleich-relevantes Thema handle. Auch dieser sollte in den kommenden Wochen abgeschlossen werden.

Die SPÖ hatte zuletzt Beweglichkeit signalisiert, was den von der ÖVP gewünschten Deckel für die Mindestsicherung angeht. Dieser könnte bei 1.500 Euro eingezogen werden, zusätzliche Wohnkosten könnten aber als Sachleistung ausgeschüttet werden. Als Knackpunkt gilt nun, das Ansinnen der ÖVP, die Mindestsicherung mit einer Wartezeit zu versehen. Das hieße, nur jene, die fünf der sechs vergangenen Jahre in Österreich gelebt haben, bekämen den vollen Bezug. Das wird von der SPÖ sowohl aus inhaltlichen als auch aus rechtlichen Gründen abgelehnt.

Mitterlehner: Die Zeit drängt

"Tatsache ist, wir haben noch kein Ergebnis", bestätigte Mitterlehner. "Das mit dem Schritt zugehen ist eine Frage der Relativitätstheorie", so Mitterlehner zur Aussage Stögers, er sei auf die ÖVP zugegangen. "Ich sehe es eher als Seitenschritt in Richtung bestehender Vorschläge."

Die Zeit werde knapper, da Anfang Jänner ein neues Mindestsicherungsgesetz vorgelegt werden soll, sagte Mitterlehner am Rande einer Pressekonferenz auf Journalistenfragen. Der Druck sei aber vor allem bei Wien, meint der ÖVP-Chef. Denn wenn es keine gemeinsame Regelung gebe, und keine Pflicht für Flüchtlinge, am ursprünglichen Ort zu bleiben, dann werde jedes Bundesland einen eigenen Weg gehen.

Die Flüchtlinge wiederum werden dort hin gehen, wo die für sie beste Situation herrsche, erwartet Mitterlehner. Und das sei bis jetzt in Wien. "Daher wird Wien ein dringendes Interesse haben, eine gemeinsame Regelung vorzufinden", so Mitterlehner. Derzeit laufe die Beratung teilweise so, dass Flüchtlingen empfohlen werde, das Bundesland zu wechseln bevor sie zu arbeiten beginnen, weil sie woanders mehr Mindestsicherung erhalten.

Für den Bund sei die Einigung nicht so entscheidend. Im Falle einer Nichteinigung werde der Bund die Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 45 Millionen Euro nicht weiter zahlen, so Mitterlehner. Das sei zwar negativ für die Länder, der Betrag sei aber für jedes einzelne Bundesland nicht allzu hoch.

Das sieht die Wiener Stadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) ganz anders. Die ÖVP wolle offenbar gar keinen Kompromiss, "weil es offensichtlich keine Regelung geben darf". Wobei sie davon überzeugt ist: "Wenn man einen Kompromiss möchte, dann findet man ihn." Ein Stopp der Verhandlungen kommt für die Wiener Stadträtin aber nicht infrage: "Ich bin in diesen Fragen immer der Meinung, dass man sich von Provokationen nicht provozieren lassen darf und daher gibt es weiterhin Gesprächsbereitschaft aufseiten der SPÖ."

Niederösterreich droht mit Alleingang

Bernhard Ebner, der Landesgeschäftsführer der niederösterreichischen ÖVP, findet es bedauerlich, dass es weiterhin keine Einigung in Sachen Mindestsicherung auf Bundesebene gibt. "Bewegt sich die SPÖ nicht, dann reformieren wir die Mindestsicherung auch nur für Niederösterreich." Der niederösterreichische Landtag würde demnach "am 17. November einen entsprechenden Beschluss fassen".

Ebner unterstrich einmal mehr die Positionen der Volkspartei. "Wir haben dafür Sorge zu tragen, dass jene, die arbeiten gehen, nicht die Dummen sind. Dafür sind die Deckelung der Mindestsicherung und weitere Maßnahmen wichtig und richtig." Die SPÖ sollte "endlich einlenken". (APA, 3.10.2016)