Mainz – Die Mainzer Staatsanwaltschaft hat mit der Einstellung des Verfahrens gegen den TV-Satiriker Jan Böhmermann auch alle Ermittlungen gegen ZDF-Verantwortliche beendet. Die Anzeigen gegen die ZDF-Mitarbeiter seien in dem gleichen Verfahren mit geprüft und entschieden worden, erklärte die Leitende Oberstaatsanwältin Andrea Keller am Mittwoch.

In einigen der rund 1500 Anzeigen sei ZDF-Intendant Thomas Bellut genannt worden, weil er aus Sicht der Anzeigesteller als "Chef des ZDF" verantwortlich sei.

Bewusste Grenzüberschreitung

Laut der Staatsanwaltschaft kann Böhmermann nicht nachgewiesen werden, dass er mit seinem "Schmähgedicht" den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan vorsätzlich beleidigen wollte. Es sei ihm nicht um eine ernst gemeinte Herabwürdigung gegangen – schließlich habe er das "Neo Magazin Royale" am 31. März selbst als "Quatsch-Sendung" bezeichnet. Außerdem müsse man den Kontext sehen: Böhmermann habe das Gedicht als bewusste Grenzüberschreitung angekündigt.

Oberstaatsanwältin Keller erklärte: "Die Ermittlungen haben auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für strafbare Handlungen anderer an der Entstehung oder Ausstrahlung des Beitrages beteiligte Personen ergeben." Erdogan kann allerdings Beschwerde einlegen und eine Überprüfung der Einstellung durch die vorgesetzte Generalstaatsanwaltschaft verlangen.

Relikt Majestätsbeleidigung

Nach Einstellung der Ermittlungen forderte die SPD eine schnelle Abschaffung des Paragrafen 103 im Strafgesetzbuch, "und zwar sofort, nicht erst 2018". Majestätsbeleidigung als Straftat sei "ein Relikt aus dem vorletzten Jahrhundert", erklärte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann am Mittwoch in Berlin. Die Regierung solle sich schnell einigen.

Ein entsprechender Gesetzentwurf aus dem vom Sozialdemokraten Heiko Maas geführten Justizministerium befindet sich laut einer Sprecherin schon seit Ende April in der Abstimmung zwischen den Bundesministerien. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte angekündigt, dass das Gesetz noch in dieser Wahlperiode verabschiedet, aber erst 2018 in Kraft treten solle. Auf Grundlage des Paragrafen 103 hatte die Kanzlerin zuvor den strafrechtlichen Ermittlungen gegen Böhmermann zugestimmt.

Der Fall Böhmermann ist damit aber noch nicht am Ende: Das Hamburger Landgericht verhandelt am 2. November mündlich über die zivilrechtliche Unterlassungsklage. Böhmermann will am Mittwochnachmittag eine persönliche Erklärung abgeben. (APA, 5.10.2016)