Wien – Bei den grünen Studierenden gibt es eine Spaltung beziehungsweise eine Neugründung: Die neu gegründeten "Grünen Studierenden" wollen für eine "starke Linke an Österreichs Hochschulen" kämpfen. Das ist in der Gründungserklärung zu lesen, in der auch der in der ÖH vertreten Fraktion "Grüne & Alternative Student_innen" (Gras) "Versagen" und "inhaltlicher Verfall" vorgeworfen werden. Die Gras sieht in dem neuen Projekt parteischädigendes Verhalten.

Die Entwicklung an den österreichischen Hochschulen sei "besorgniserregend", schreiben die "Grünen Studierenden". Laut ihrer Website gibt es eine Sprecherin und einen Sprecher, nämlich Franziska Decker, die an der Johannes-Kepler-Universität Linz Jus studiert, und Johannes Steiner, der an der Uni Graz Soziologie studiert.

Gegen "rechte Kräfte"

Der Einfluss "rechter Kräfte" nehme an den Hochschulen zu, gleichzeitig gebe es "in diesen gesellschaftlich hochbedeutsamen Räumen für Debatte und Meinungsbildung einen scharfen Bedeutungsverlust gesellschaftskritischer, linker Ideen". Den Rechten sei es gelungen, "ihr Gedankengut bis weit in die gesellschaftliche wie auch akademische 'Mitte' zu tragen", ist in der Gründungserklärung zu lesen.

"Die Linke" sei also vor große Herausforderungen gestellt – und erwecke dennoch oft den Eindruck, "als hätte sie diesen Kampf ohnehin schon aufgegeben". Dem wollen die "Grünen Studierenden" ab sofort etwas entgegenstellen: "Wir wollen unseren Teil dazu beitragen, den Aufstieg der Rechten in der gesamten Gesellschaft aufzuhalten." Zumal Studierende mit dem an den Hochschulen erworbenen Wissen und der politischen Sozialisation eine "wichtige Rolle in unserer Gesellschaft" spielen, ist zu lesen.

"Machtfaktor" Studierende

Und weiter: "Die Hochschulen sind auch ein Ort, an dem wir ganz konkret Druck für politische Veränderungen aufbauen können." Immerhin seien die Studierenden "ein maßgeblicher Machtfaktor, der in Großstädten wie Innsbruck oder Graz bis zu ein Fünftel der Bevölkerung ausmacht." Die ÖH sei mit 400.000 Mitgliedern eine der größten Interessenvertretungen des Landes – die einzelnen ÖH-Standorte aber arbeiteten "isoliert vor sich hin", wird kritisiert.

Die grüne ÖH-Fraktion Gras sei dabei wie die anderen Fraktionen den Entwicklungen an den Unis, insbesondere im Zuge der Umstellung auf das Bachelor-System, nicht nachgekommen, sondern habe "versagt, auf diese Entwicklungen zu reagieren und gegenzusteuern".

"Obwohl es in Österreich mehr als 70 Hochschulen gibt, ist die Gras nur mehr an einer einzigen ÖH-Exekutive auf Hochschulebene vertreten. Selbst an ehemaligen Hochburgen wie der Universität Wien ist die Gras auf den dritten Platz zurückgefallen. Auch die Zahl, Größe und Schlagkraft ihrer Hochschulgruppen hat stetig abgenommen", kritisieren die "Grünen Studierenden".

Linke Kräfte in der Gras werden "ausgegrenzt"

Außerdem würden "die linken Kräfte" innerhalb der Gras "zunehmend ausgegrenzt", monieren die "Grünen Studierenden". Jegliche Öffnungsversuche, aber auch formale Mindeststandards und transparente Verfahrensweisen würden abgewehrt oder ignoriert: "Es gibt keine geheimen demokratischen Wahlen von Spitzenpositionen und Funktionsträger*innen. Da sämtliche Entscheidungen innerhalb der Gras einstimmig getroffen werden müssen, ist es ein Leichtes, Kritik und Veränderungswünsche einfach abzublocken und auszusitzen."

Die neue grüne Studierendenorganisation will nun also "eine schlagkräftige Linke an Österreichs Hochschulen aufbauen". Deren Ziel sei eine "solidarische Gesellschaft, in der alle selbstbestimmt und angstfrei leben können".

"Hochkonservative" Gras

Der Sprecher der Grünen Studierenden, Johannes Steiner, macht die Differenzen im Gespräch mit der APA auch an organisatorischen Fragen fest: "Die Gras handelt antidemokratisch, weil sie keine demokratischen Mindeststandards hat." So akzeptiere sie etwa keine Mehrheitsentscheidungen, sondern halte am Konsensprinzip fest. "Wenn 100 eine Entscheidung treffen wollen und eine Person ist dagegen, kommt keine Entscheidung zustande." Dazu komme, dass Funktionäre nicht geheim gewählt würden – dies setze Personen unter Druck: "Strukturell ist die Gras hochkonservativ."

Gras sieht "parteischädigendes" Verhalten

Die Gras-Fraktion reagierte umgehend mit einem Statement auf ihrer Website, in dem sie der grünen Neugründung abspricht, für eine Stärkung linker Politik zu kämpfen. "Vielmehr stehen der Machtausbau Einzelner und narzisstische Personen im Vordergrund. In einer Zeit des Rechtsrucks agieren sie damit parteischädigend und unsolidarisch. Die handelnden Personen hatten ohnehin schon immer wenig mit der Gras zu tun."

(red, 11.10.2016)