Vor kurzem erregte ein Bericht der Presse über angebliche Anbandeleien zwischen Sebastian Kurz, Irmgard Griss und den Neos einiges Aufsehen unter politischen Junkies. Kurz habe eine Wahlplattform mit den Neos und Griss basteln wollen. Das sei jedoch daran gescheitert, dass Griss zu unentschlossen gewesen sei und die Neos bei einer von Kurz anvisierten Koalition mit der FPÖ nicht mitmachen wollten.

In der Umgebung von Kurz will man das nicht als ausgeklügelten Plan erkennen, sondern das seien Gespräche gewesen, wie man sie auch mit anderen Oppositionsparteien führe. Wenn sich dabei interessante Möglichkeiten ergeben – bitte.

Sicherlich richtig daran ist, dass Sebastian Kurz im Fall des Falles nicht eine ÖVP, so wie sie jetzt dasteht, übernehmen kann und will. Selbst ein Jungstar wie er mit traumhaften Zustimmungsraten könnte eine desorientierte, altmodische, von grimmigen Landeshauptleuten beherrschte Volkspartei nicht zum Erfolg führen. Menschen wie Irmgard Griss und die Neos-Topleute Matthias Strolz und Beate Meinl-Reisinger haben ja als bürgerliche Persönlichkeiten eigene Bewegungen gegründet, weil ihnen die ÖVP zu muffig geworden ist.

Es wäre daher nur logisch, wenn Kurz versuchte, die Bürgerlich-Liberalen bis Liberal-Konservativen wieder "heimzuholen". Die ÖVP kann nicht so bleiben, wie sie ist, wenn sie noch irgendeine Chance haben soll. Eine Wahlplattform mit Neos und Griss unter einem Spitzenkandidaten Kurz könnte der ÖVP bei kommenden Neuwahlen jene fünf bis sieben Prozent bescheren, mit denen sie wieder halbwegs an die FPÖ herankommt. Dann könnte man halbwegs auf Augenhöhe mit der FPÖ über eine Koalition verhandeln. Wenn eine solche geplant ist, was Kurz nicht ausschließt. Seine Umgebung betont allerdings, dass er nicht den Juniorpartner unter einem FPÖ-Kanzler abgeben würde.

Bei einer Koalition mit der FPÖ gehen die Neos aber sicher nicht mit, und auch Irmgard Griss kann mit etlichen Aspekten der FPÖ-Politik nicht viel anfangen. Damit wäre diese "bürgerliche Sammelbewegung" auch schon wieder zu Ende. Wie man es dreht und wendet, für nur halbwegs liberale Bürgerliche ist die FPÖ ein No-Go. Alle Planspiele, die man innerhalb der ÖVP dazu anstellt, haben einen hohen Irrealitätsfaktor.

Eine mögliche Variante Schwarz-Grün-Neos will Kurz wahrscheinlich nicht grundsätzlich ausschließen, aber die käme nicht auf eine Mehrheit.

Kurz täte jedenfalls richtig daran, die ÖVP, die er einmal führen soll, in Richtung Moderne umzumodeln. Das ist unendlich schwer, weil ein beträchtlicher Teil der Funktionäre nicht in der Moderne angekommen ist – und weil die diversen Landesfürsten ihren Einfluss nicht aufgeben wollen. Interessant wäre in diesem Zusammenhang, ob etwa ein Großkaliber wie Erwin Pröll über seinen 70er hinaus weitermachen möchte.

Sebastian Kurz macht sich also offenbar Gedanken, wie man die ÖVP wieder breiter aufstellen könnte. Immerhin. Wenn aber die FPÖ Teil eines weiterführenden Plans ist, wird es schwierig. (Hans Rauscher, 11.10.2016)