Absage an DAB+: Der ORF führt technische und finanzielle Gründe ins Treffen.

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Wien – Der ORF wird seine Radioprogramme nicht im Digitalstandard DAB+ ausstrahlen, kündigte ORF-Chef Alexander Wrabetz Mittwoch im Publikumsrat an – jedenfalls nach geltender Gesetzeslage.

Der ORF wollte 2015 einen Ö3-Ableger (Arbeitstitel: "Ö3X") für eine jüngere Zielgruppe im DAB+-Testbetrieb für Wien starten. Eine Abwehrmaßnahme gegen Kronehit, das sich mit einigem Erfolg auf jüngere Mainstream-Hörer konzentriert. Das geltende ORF-Gesetz sieht aber keine weiteren Radioprogramme vor, erinnerte die Medienbehörde den ORF 2015. Der ORF verabschiedete sich deshalb kurz vor dem Start aus dem Pilotversuch.

"Für uns ist die Entscheidung gefallen", sagte Wrabetz. Der Beschluss sei vor wenigen Tagen in der ORF-Geschäftsführung erfolgt. Die Absage gelte auch für den Fall, dass die ORF-Sendetocher ORS sich 2017 bei der Ausschreibung von DAB+ bewirbt, so Wrabetz. Es gebe derzeit keine sinnvollen Rahmenbedingungen. Der ORF-General begründete die Entscheidung mit dem mangelnden Erfolg von DAB+ in anderen europäischen Ländern. UKW (Ultrakurzwelle) hingegen sei der erfolgreichste Radio-Standard.

"Diffizile Situation" der ORS

Bei der ORS ist die Entscheidung laut Wrabetz noch nicht gefallen. Die ORS sei durch die ORF-Absage aber in einer "diffizilen Situation", weil sie ein Angebot nur abgeben könne, wenn ihr auch genügend Sender die Frequenzen abnehmen. Bei einer Nicht-Teilnahme an der Ausschreibung allerdings würden "automatisch ausländische Anbieter in den Markt hereinkommen".

Wrabetz sieht die Radio-Zukunft aber ohnehin in Audioboxen, die über W-LAN und Mobilfunk Radioprogramme streamen. Dieser Trend werde sich verstärken, so Wrabetz, der etwa auf den intelligenten Amazon-Lautsprecher "Echo" mit der Sprachassistentin Alexa verwies, der gerade in Europa eingeführt wird.

"Teure Parallelausstrahlung"

Für Wrabetz sprechen auch technische und finanzielle Gründe gegen DAB+. Der Standard biete keine besser Audioqualität, die Mindestfeldstärke reiche nicht für guten Empfang in Häusern und die Tunnelversorgung sei ungeklärt. Außerdem habe der ORF kein Geld für eine teure Parallelausstrahlung von UKW und DAB+. Auch aus Programmsicht mache DAB+ für den ORF keinen Sinn, da es nicht gestattet sei, zusätzliche Programme oder Programmvariationen anzubieten. Von den Publikumsräten wurde die ORF-Entscheidung weitgehend begrüßt.

Die Rundfunkbehörde KommAustria plant, nächstes Jahr die Ausschreibung von DAB+ zu starten. Gesucht wird ein technischer Betreiber. In der ersten Ausbaustufe soll in Ballungsräumen ein Multiplex mit 12 bis 16 Programmen angeboten werden. (APA, red, 9.11.2016)