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Nach Zeitungen, Radio und Fernsehen wird Facebook wohl zu einem wahlentscheidenden Medium

Foto: Reuters/Flauraud

Der Papst hat sich für die Wahl von Donald Trump ausgesprochen. Hillary Clinton hat 137 Millionen Dollar für illegale Waffenkäufe ausgegeben. Bill Clinton besitzt ein 200 Millionen Dollar teures Anwesen in den Malediven. Hillary Clinton hat eine Liebesbeziehung zu ihrer Beraterin Huma Abedin. Nachrichten wie diese verbreiteten sich in den vergangenen Monaten auf Facebook in Windeseile. Sie sind allesamt falsch – und dürften ein Faktor bei der US-Wahl gewesen seien. Das sehen zumindest zahlreiche Kommentatoren renommierter Medien wie der New York Times, TheVerge oder dem NYMag so.

Wichtige Nachrichtenquelle: Facebook

Facebook ist mittlerweile zu einem der wichtigsten Vertriebswege für Nachrichten geworden. Dabei hat fast jede Meldung die Chance, zu einer viralen, also weit verbreiteten Information zu werden. Was prinzipiell wie eine gute Idee klingt, wird durch eine Flut an verzerrten bis erfundenen Meldungen zur demokratiepolitischen Malaise. Ein Teil der Falschmeldungen stammt etwa aus Mazedonien, wo Teenager probieren, mit welchen erfundenen Clickbait-Überschriften sie besonders viel Geld verdienen können. Das hat der Guardian in einer Reportage offen gelegt. Andere Meldungen werden aus politischen Gründen erfunden, teils von der offiziellen Kampagne abgesegnet, teils von übermotivierten Fans in Eigeninitiative geschrieben.

Algorithmus befeuert Verbreitung von Falschmeldungen

Der Mechanismus von Facebook befeuert den Aufstieg derartiger Meldungen. Je öfter ein Link geteilt wird – und sei es auch nur, um Entsetzen über die dreiste Fälschung auszudrücken; desto häufiger poppt der Link in den Timelines von Facebook-Freunden auf (empfehlenswert ist in diesem Fall, einen Screenshot der Meldung zu posten). Dazu kommt, dass Facebook zusätzlich ähnliche Informationen zu den vorher gebrachten Links anzeigt. Wer beispielsweise einmal etwas von dubiosen, extrem rechten Webseiten konsumiert, bekommt dann noch mehr dieser Nachrichten angezeigt.

Filterblasen

Facebook sorgt so dafür, dass Menschen zusätzlich mit Nachrichten aus demselben ideologisch eingefärbten Eck konfrontiert werden. Viel deutet darauf hin, dass sich dadurch sogenannte "Filterblasen" oder "Echokammern" bilden, in denen die eigene Weltsicht permanent bestätigt wird. Deshalb könnten gewisse Nutzer auch das Gefühl erhalten, dass das Überschreiten von Grenzen politischer Korrektheit weithin akzeptiert wird. Die Auswirkungen des Mechanismus gelten aber genauso für das politisch linke Spektrum, das nicht zuletzt deshalb vom Wahlsieg Trumps so überrascht worden ist.

Facebook "soll nicht zensieren"

Unklar ist, wie sich daran in naher Zukunft etwas ändern soll. "Ich fühle mich nicht wohl mit dem Gedanken daran, dass Facebook entscheidet, welche Nachrichten legitim oder gefälscht sind", schreibt Max Read im NYMag. Jim Rutenberg schlägt in der New York Times vor, Falschmeldungen mit "einer überwältigenden Dosis an gutem Journalismus zu begegnen." Das Problem ist jedoch, dass dieser gute Journalismus eben nicht mehr beim Wähler ankommt.

Probleme mit kuratierten Newsfeed

Facebook hatte in den vergangenen Monaten mit einem "kuratierten Newsfeed" probiert, bessere Nachrichten anzubieten. Doch auch hier wurden durch den Algorithmus Falschmeldungen verbreitet. Außerdem gab es heftige Kritik daran, dass Facebook-Mitarbeiter Meldungen aus dem liberalen Spektrum bevorzugten. Eines sei klar, kommentiert TheVerge: "Facebook weiß noch immer nicht, wie es die massive Anzahl an Informationen und Falschinformationen behandeln soll, die täglich von seinen Nutzern geteilt werden." (fsc, 10.11.2016)