Bild: Dishonored 2
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Vor vier Jahren schickte "Dishonored" seine Spielerinnen und Spieler unter einer eisernen Maske auf einen epischen Rachefeldzug, der Alexandre Dumas alle Ehre gemacht hätte. Der originelle Schauplatz war eine Welt irgendwo zwischen Fantasy und 19. Jahrhundert, für die das platte Schlagwort Steampunk nicht ganz ausreichte. Dunwall hieß die schauerliche, aber umwerfend atmosphärische Stadt am Rande des Ruins – verpestet, dekadent, heruntergekommen. In ihren Straßen und auf ihren Dächern blieb Spielerinnen und Spielern die Wahl, ob sie eine blutige Spur der Verwüstung durch diese Welt ziehen oder aber unerkannt und still an ihre Rache gelangen wollten.

Am besten beschreibt der etwas sperrige, von Entwicklerlegende Warren Spector geprägte Begriff "Immersive Sim" das Genre, das seinen Spielerinnen und Spielern eine Aufgabe und ein Werkzeugset in die Hand drückt und sie in seiner Welt machen lässt, was sie wollen. Im Unterschied zu den "offenen" Welten von etwa "GTA" oder "Far Cry" führen die meisten dieser Spiele aber im Rahmen ihrer Handlung von Schauplatz zu Schauplatz, statt völlige Bewegungsfreiheit zu bieten. Wie die jeweiligen Missionsziele erreicht werden, bleibt aber frei: Stets gibt es mehrere Möglichkeiten, ans Ziel zu gelangen.

Seit den großen Kultspielen "Thief" und "System Shock" von Looking Glass, den Begründern und Pionieren dieser Nische, hat sich am Konzept wenig geändert – an der Ausführung allerdings schon. "Dishonored 2", so viel kann schon ganz zu Beginn vermeldet werden, krönt sich mit viel Stil und Intelligenz zum neuen Genrekönig.

Video: Launch-Trailer zu "Dishonored 2"
Bethesda Softworks

Rächer oder Rächerin?

Schon zu Beginn steht eine Wahl, die Auswirkungen hat: Entweder der aus dem Erstling bekannte kaiserliche Leibwächter Corvo Attano oder aber dessen Tochter, die junge Kaiserin Emily, bieten sich als Protagonisten an. Die beiden unterscheiden sich allerdings nicht nur äußerlich, sondern auch in ihren Fähigkeiten: Während der düstere Corvo auf dasselbe Skillset wie in Teil1 zurückgreift, hat die flinke Emily ein paar ganz neue Zaubertricks spendiert bekommen. Beide lassen sich übrigens sowohl als schleichende Pazifisten wie auch als mörderische Rambos spielen.

Vom Thron verstoßen, machen sich entweder Emily oder Corvo aus der Hauptstadt auf in den Süden, und zwar in die Metropole Karnaca. Der Schauplatzwechsel hat "Dishonored 2" gut getan, denn die von mediterranen Städten inspirierte Hafenstadt ist ebenso atmosphärisch wie das nördlich geprägte Dunwall, gibt aber dem Nachfolger einen unnachahmlichen Charakter. Die mehrstufigen Missionen führen von heruntergekommenen Hafengegenden zu verwinkelten Villen, Bibliotheken und Fabriken, in denen meist besondere Bösewichter ausgeschaltet werden sollen – um schlussendlich, nach Dunwall zurückgekehrt, der Thronräuberin entgegenzutreten.

Tu, was du willst

Je nach Vorgehensweise kann die Absolvierung einzelner Missionen schon weit über eine Stunde dauern, auch wenn nicht einmal alle Ecken nach Hinweisen oder Gegenständen abgesucht und optionale Nebenmissionen erledigt werden. Wer einfach drauflos stürmt und alles kurz und klein schlägt, ist wie schon im Vorgänger zwar schneller am Ziel, übermäßiges Morden erhöht allerdings den "Chaos-Level" der Welt, was zu mehr Widerstand und einem "düsteren" Ende führt. Wie schon Tradition, ist das völlig gewaltfreie Spiel so etwas wie die Königsdisziplin; besonders geduldige Spielerinnen und Spieler versuchen sich außerdem sogar am "Ghost"-Run, in dem sie völlig ungesehen ihre Aufgaben erledigen, oder aber an einem neuen Spielmodus, in dem völlig auf magische Kräfte verzichtet wird.

Dass "Dishonored 2" für dieses Experimentieren und diese Spielerfreiheit eine glaubhafte und perfekt designte Spielewelt zur Verfügung stellt, ist die große Leistung des Entwicklers Arkane. Jeder Winkel ist liebevoll und sinnvoll gestaltet und mehr als nur Kulisse. In zahllosen kleinen und großen Szenen entfaltet sich rundum eine glaubhafte Welt, die nirgends in spielerischen Sackgassen mündet. Die Vielzahl der Möglichkeiten führt so zu spannenden Momenten von "emergent gameplay", in denen das Experimentieren mit Kräften, Gegnern und Umgebung immer wieder neue, überraschende Spielsituationen generiert – geht eine Strategie daneben, lässt sich per komfortablem Quicksave in Sekundenschnelle eine andere ausprobieren.

Was "Dishonored 2" überdies auszeichnet, ist die meisterhaft gelungene Bewegung durch diese Spielewelt: Das Schleichen, Laufen, Springen und Teleportieren durch Karnaca vermittelt eine mühelose Körperlichkeit, die ihresgleichen sucht. Wie "Titanfall 2" verweist auch "Dishonored 2" das eigentlich als ultimatives Parkour-Spiel angetretene "Mirror’s Edge: Catalyst" in dieser Hinsicht deutlich in seine Schranken.

Video: Gameplay-Demo zu Emily Kaldwin
Bethesda Softworks

Überwältigende Vielfalt

Am ehesten könnte man den Vorwurf äußern, dass "Dishonored 2" seine Spielerinnen und Spieler mit seiner Vielfalt an Möglichkeiten überfordert; wer als Perfektionist ans Spiel herangeht, verliert angesichts all der möglichen Optionen hin und wieder den roten Faden der Handlung aus den Augen. Auch die Fülle an im Spiel versteckten Schriftstücken, Büchern und Audiologs wird von den allermeisten nach kurzer Zeit wohl kaum mehr gewürdigt. Und dass die ohnedies schon ausufernde Schnitzeljagd nach Upgrade-Gegenständen unbedingt noch das neue Crafting als zusätzliche Option benötigt hätte, darf bezweifelt werden.

Das bleibt allerdings schon fast ungerechte Kritik auf hohem Niveau, denn alles in allem überzeugt "Dishonored 2" auf ganzer Linie. Grafik und vor allem Art-Design begeistern durch ganz eigenen Charakter, die Figuren sind interessant, die Schauplätze beeindruckend und das Spiel mit den vielfältigen Spielmechaniken spannend und abwechslungsreich. Wer ganz ohne ausuferndes Absuchen der Welt nach geschätzten zwölf Stunden der Kampagne am Ende steht, hat allen Grund, das Abenteuer mit anderem Protagonisten oder aber nur anderen Fähigkeiten direkt wieder von vorn zu beginnen.

Technische Probleme

Dass eine so gewaltige komplexe Sandbox wie "Dishonored 2" auch anfällig für technische Probleme ist, zeigte sich beim Launch der PC-Version – nach zahlreichen Rückmeldungen über Bugs, Abstürze und Mängel hat Entwickler Arkane bereits einen Patch nachgereicht und weitere Abhilfe angekündigt. Der GameStandard kann allerdings nach dem Spielen ebendieser PC-Version kaum von Problemen berichten; von ganz vereinzelten Abstürzen auf den Desktop abgesehen gab es weder Grafikprobleme noch sonstige Schwierigkeiten.

Auch die AI der Gegner hat sich seit dem Vorgänger angenehm gesteigert. Wer sich vor allem mit weit ausgebautem Fähigkeitenarsenal untefordert fühlt, bekommt bei höherem Schwierigkeitsgrad empfindlich aufmerksamere und tödlichere Widersacher als Herausforderung geboten.

Video: Gameplay-Demo zu Corvo Attano
Bethesda Softworks

Fazit

Wie schon der Vorgänger ist "Dishonored 2" ein beeindruckend atmosphärisches, in Details und Spielmechanik überzeugendes First-Person-Abenteuer mit eigenständigem Charakter. In seiner Freiheit spielt es sich außerdem je nach Herangehensweise auch beim zweiten oder dritten Durchgang aufregend anders – auch wenn die brachiale Action-Variante dem Spiel viel von seinen Möglichkeiten nimmt.

Wer die Qualitäten von "Dishonored 2" zur Gänze erleben will, tut gut daran, es bedächtig, mit Vorsicht und angehaltenem Atem im Schleichgang zu erforschen. Es ist vor allem in seiner Offenheit der würdige und absolut zeitgemäße Nachfolger im Geiste, der "Thief" offiziell verwehrt geblieben ist. Und das ist vielleicht das größte Kompliment, das man in diesem Genre aussprechen kann. (Rainer Sigl, 15.11.2016)

"Dishonored 2" ist ab 18 Jahren für PC, PS4 und Xbox One erschienen. UVP: ab 49,99 Euro.